„Franz war Wahnsinn“ Das macht NBA-Profi Wagner so stark

Köln · Ein herausragender Franz Wagner führt die deutschen Basketballer zum Sieg gegen Litauen. Der NBA-Youngster beeindruckt mit seiner Vielseitigkeit – und zeigt, warum er zurecht einer der Hoffnungsträger im DBB-Team ist.

 Franz Wagner.

Franz Wagner.

Foto: IMAGO/Wolter/IMAGO/Jörn Wolter / wolterfoto.de

Als der Ball an der Dreipunktelinie die Hände von Arnas Butkevicius verließ, hielten alle Zuschauer in der ausverkauften Lanxess Arena den Atem an. Es liefen die letzten Sekunden der zweiten Verlängerung im dritten Vorrundenspiel der Europameisterschaft zwischen Deutschland und Litauen. Der Ball flog durch die Luft – und knallte auf den Ring, landete aber nicht im Korb. Dann ertönte die Schlusssirene. Was folgte, war ohrenbetäubender Jubel der deutschen Fans und Mannschaft. Mittendrin Franz Wagner, der beide Fäuste ballte und seine Freude herausschrie.

Von Beginn an war der gebürtige Berliner der auffälligste Akteur im deutschen Trikot: Er zog zum Korb und zeigte auch in der Defensive mit einem Steal und einem spektakulären Block sein ganzes Repertoire. Zur Pause stand Wagner bereits bei 18 Punkten. Am Ende kam er beim 109:107 (96:96, 89:89, 46:41) nach zweimaliger Verlängerung auf 32 Zähler (60% Trefferquote aus dem Feld), acht Defensiv-Rebounds, zwei Blocks, zwei Assists und ein Steal. Zahlen, die seine eindrucksvolle Vorstellung und Vielseitigkeit untermauern.

Mit seiner Athletik, seinem Zug zum Korb, seinem (Dreipunkte-)-Wurf und seiner aggressiven Verteidigung bringt der 2,08 Meter-Mann alles mit, was man braucht, um Einfluss auf das Spiel zu nehmen. Egal, ob in der Offensive oder Defensive. Seine Variabilität als Scorer und Verteidiger, der mehrere Positionen spielen kann, macht ihn so stark. Gegen Litauen führte er das im Detail vor.

Franz Wagner NBA: Das ist der Basketballer
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Das ist Franz Wagner

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„Das Paket ist unglaublich, es gibt nichts, was er nicht kann. Dreier, Defense - der Junge ist unglaublich“, schwärmte der ehemalige Basketball-Profi Per Günter bei Magentasport. Lobeshymnen, in die seine Teamkollegen nach dem Spiel mit einstiegen: „Franz war Wahnsinn“, sagte Teamkollege Maodo Lo, während Bundestrainer Gordon Herbert staunte: „Es ist hart zu glauben, dass er erst 21 Jahre alt ist.“ Auch Dennis Schröder war voll des Lobes. „Wenn er so weitermacht, wird er ein sehr, sehr Großer“, sagte der Kapitän nach dem dritten Sieg im dritten Spiel, wodurch sich das DBB-Team vorzeitig das Ticket für die Finalrunde in Berlin sicherte. Nach dem 78:74-Sieg der Franzosen über Ungarn waren am späten Sonntagabend auch letzte mathematische Zweifel beseitigt.

Wagner selbst hatte „extrem Spaß“ an einer Partie, die „hoch und runter“ ging. „Die Fans waren richtig crazy. So ein Spiel zu gewinnen, ist unglaublich“, sagte Wagner, für den es gerade einmal das achte Länderspiel war, er hatte im August erst debütiert. Von Anpassungsschwierigkeiten keine Spur.

Die hatte er auch in seiner Rookie-Saison bei den Orlando Magic nicht, die ihn im Draft an achter Stelle ausgewählt hatten. Er wurde damit neben Detlef Schrempf als frühester Deutscher der NBA-Geschichte gezogen. Schrempf war vor 36 Jahren ebenfalls an achter Position ausgewählt worden, Dirk Nowitzki 1998 im Alter von 21 Jahren als Neunter. „Es fühlt sich großartig an, ein Traum ist wahr geworden“, sagte Wagner damals. 79 Spiele absolvierte er für das Team aus Florida, legte dabei im Schnitt 15,2 Punkte, 4,5 Rebounds und 2,9 Assists auf.

Zwar verpasste Orlando die Play-offs deutlich, beendete die Saison mit der zweitschlechtesten Bilanz aller Teams. Doch an der Seite seines Bruders Moritz konnte Franz Wagner reifen und sich entwickeln. „Individuell lief die Saison sehr gut für mich. Ich habe Chancen und viel Spielzeit bekommen, durfte Fehler machen. Das hat mir Selbstvertrauen gegeben“, sagte Wagner dem Basketball-Magazin BIG. Selbstvertrauen und Erfahrung von der nun der deutsche Basketball profitiert.

Der viel gelobte fand an seiner bisweilen spektakuläre Leistung gegen Litauen aber auch einen Makel. Kurz vor dem Ende der regulären Partie gegen Litauen erzielte ausgerechnet Wagners Gegenspieler nach einem Offensiv-Rebound den Ausgleich, was den NBA-Profi wurmte: „Es ist richtig geil gewesen, aber es wäre noch geiler gewesen, wenn ich kurz vor Schluss richtig ausgeboxt hätte.“ Auch der vergebene Stepback-Dreier mit Ablauf der Spielzeit in der Verlängerung dürfte ihn wurmen.

Doch ist es genau diese bescheidene, selbstkritische und selbstlose Art, die im Team geschätzt wird. „Wir sind sehr gesegnet, ihn in der Mannschaft zu haben. Er ist auch abseits des Parketts ein großartiger Mensch. Ich bin froh, sein Teamkollege zu sein“, sagte Lo dem „Kicker“. Genau wie seine Mannschaft hat Wagner einfach Freude am Spiel: „Wir haben so viel Talent, so viele Jungs, die einfach Bock haben gut Basketball zu spielen. Das ist ein richtig geiles Team.“

Dank der mannschaftlichen Geschlossenheit gepaart mit individueller Stärke träumen die Deutschen weiter von der dritten EM-Medaille nach Gold 1993 und Silber 2005. Nach drei Siegen zum Start ist das DBB-Team als letztes Team noch ungeschlagen. Damit haben sie gute Chancen, die Gruppe sogar als Erster zu beenden. Am Dienstagabend (20.30 Uhr/Magentasport) wartet gegen Europameister Slowenien und NBA-Starspieler Luka Doncic die nächste Bewährungsprobe.

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