Bei regulärem Einmarsch türkischer Truppen in Irak Regierung erwägt offenbar Abzug der deutschen AWACS-Besatzungen

Berlin/Leipzig (rpo). Zeitungsberichten zufolge will die Bunderegierung möglicherweise deutsche Besatzungen von AWACS-Flugzeugen abziehen, wenn die Türkei aktiv am Irak-Krieg teilnimmt.

Sollte die Türkei aktiv in den Konflikt eingreifen, seien die Voraussetzungen für die bisherige deutsche Haltung nicht mehr gegeben, berichteten übereinstimmend die "Leipziger Volkszeitung" und die "Berliner Zeitung" in ihren Samstagausgaben. Beide Blätter berufen sich auf Regierungskreise.

Die "LVZ" zitierte ein nicht näher genanntes Mitglied des Sicherheitskabinetts der Bundesregierung mit den Worten: Wenn reguläre türkische Truppen die Grenze zum kurdisch verwalteten Nordirak überschreiten sollten, dann wäre "die Grundlage unserer Beistandsleistung im Nato-Bündnis für die Türkei entfallen". Bis dahin sei sichergestellt, dass von Bord der vier AWACS-Flugzeuge ausschließlich Daten zur Überwachung und zur Verteidigung des türkischen Luftraums weitergeleitet werden, hieß es.

Ein Regierungssprecher wollte die Berichte am Abend nicht kommentieren und verwies lediglich auf Aussagen der Bundesregierung, wonach bei diesem Thema noch Gesprächsbedarf bestehe. Der Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, Reinhard Robbe, sprach allerdings von einem möglichen Abzug: "Sollte die Bundesregierung feststellen, dass der AWACS-Einsatz über die reine Sicherung der NATO-Außengrenze hinausgehen, würde erforderlichenfalls auch die deutschen AWACS-Soldaten zurückgezogen", sagte der Oldenburger "Nordwest-Zeitung" (Samstagausgabe).

Das türkische Parlament hatte am Donnerstag auch den Einmarsch eigener Truppen im Nordirak autorisiert. Nach offizieller Darstellung sollen sie nur humanitäre Hilfe leisten. Die "Berliner Zeitung" schreibt, dass in der Bundesregierung aber befürchtet wird, dass sich die Türkei dort auch militärisch engagieren könnte, etwa um das Entstehen eines unabhängigen Kurdenstaates zu verhindern.

Laut "Leipziger Volkszeitung" ist die Weigerung der Bundesregierung, ein AWACS-Mandat per Bundestagsbeschluss herzustellen, auch mit der Furcht vor einer Ausweitung des Mandats begründet. Denn dann könnten die USA und ihre Alliierten den Anspruch erheben, dass die AWACS-Maschinen mit deutschen Besatzungen nun auch offiziell in die Zielleitplanung für Irak einbezogen würden.

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