Berlin NRW schlägt Alarm wegen gefährlicher Nitrat-Belastung

Berlin · Weil sich Umwelt- und Agrarministerium in Berlin nicht über eine neue Düngeverordnung einigen können, nimmt die Nitratbelastung des Trinkwassers in vielen ländlichen Regionen gesundheitsgefährdende Dimensionen an. Nach Angaben von NRW-Bundesratsministerin Angelica Schwall-Düren sind vor allem Säuglinge und Senioren betroffen. Das Land wolle der Bundesregierung nun "Beine machen", kündigte die SPD-Politikerin an. Das geschieht heute im Bundesrat nicht zuletzt mit Blick auf drohende Strafzahlungen, die die Europäische Union Deutschland wegen mangelhafter Sorge ums Trinkwasser auferlegen will.

NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat das Vorgehen als besonders eilbedürftig in die Länderkammer eingebracht. Ohne Beratung in den Fachausschüssen soll heute sofort über eine Entschließung entschieden werden, mit der die Länder die Bundesregierung auffordern "möglichst umgehend" den Entwurf vorzulegen.

Seit den 90er Jahren läuft das Tauziehen um die Gülle-Gefahren. Die Pflanzen ziehen sich zwar den zum Wachsen wichtigen Stickstoff aus dem, was die Landwirte zum Düngen auf die Felder fahren. Doch nicht alles wird verarbeitet; der Rest sickert ins Trinkwasser. Bereits vor sieben Jahren gab die Bundesregierung das Ziel aus, die Überschüsse auf 80 Kilo je Hektar zu begrenzen, doch das ist auch heute noch nicht erreicht. Experten kamen vor zwei Jahren zu der Empfehlung, dass pro Jahr höchstens 170 Kilo Stickstoff je Hektar auf die Felder dürfen. Agrarverbände tun sich damit schwer, zumal auch die Kontrollen umstritten sind.

Vor einem Jahr hat die EU-Kommission bereits ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, um Deutschland mit Millionenstrafen zu belegen, die mit jedem Tag wachsen, an dem das Trinkwasser nicht nach EU-Vorgaben geschützt wird. Der NRW-Vorstoß dient nach Einschätzung von Grünen-Umweltexpertin Bärbel Höhn auch dazu, rechtzeitig klarzumachen, wer diese Strafzahlungen zu leisten haben wird: "die Bundesregierung und niemand sonst". Höhn kritisiert das Vorgehen der Bundesregierung als "Vogel-Strauß-Prinzip: Kopf in den Sand". Damit würden aber weder die Probleme gelöst, noch werde die EU sich das länger bieten lassen.

Das Landwirtschaftsministerium reagierte verwundert. Die Länder seien "frühzeitig" eingebunden worden. Es gehe nun um einen "zügigen Abschluss" in einem "intensiven Abstimmungs- und Prüfungsprozess". So werden zuweilen festgefahrene Streitigkeiten umschrieben. Der Zeitplan belegt die Blockade, denn danach sollte die Novelle vor zwei Monaten fertig sein.

(may-)
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