Teures Wohnen in Deutschland Mietpreisbremse wirkt nur leicht

Berlin · Wirtschaftsforscher bescheinigen dem Gesetz zumindest moderate Effekte am Mietmarkt. Ministerin Barley will die Bremse um fünf Jahre verlängern, Kritiker fordern die Abschaffung.

 Im vergangenen Sommer demonstrierten Menschen in Hamburg für eine gerechtere Wohnungspolitik.

Im vergangenen Sommer demonstrierten Menschen in Hamburg für eine gerechtere Wohnungspolitik.

Foto: dpa/Daniel Reinhardt

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) hat angekündigt, die Mietpreisbremse um weitere fünf Jahre verlängern zu wollen. Einen entsprechenden Entwurf werde sie in diesem Frühjahr vorlegen, sagte Barley am Donnerstag in Berlin. Gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) stellte sie einen Bericht vor, wonach die Mietpreisbremse in besonders angespannten Städten dämpfende Wirkung gehabt habe. „Da, wo die Mietpreisbremse gilt, verlangsamt sich der Anstieg der Mieten“, sagte Barley. Laut Studie lag dieser Effekt jedoch nur bei zwei bis vier Prozent.

2015 wurde das Regelwerk eingeführt, um den damals explodierenden Mietpreisen entgegenzuwirken. Der Trend hält bis heute an, insbesondere in Metropolen und beliebten Kleinstädten. Kern ist, dass die Miete bei Neuvermietungen nicht mehr als zehn Prozent über der sogenannten ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Regulär soll die Mietpreisbremse im kommenden Jahr auslaufen, Barley will nun die Verlängerung bis 2025 durchsetzen. Ob die Union in der großen Koalition mitziehen wird, ist offen.

Das Gesetz ist umstritten, mehrere Bundesländer haben es nicht umgesetzt. Die schwarz-gelbe Landesregierung in NRW will die Mietpreisbremse wieder abschaffen. Wohnungsministerin Ina Scharrenbach (CDU) sagte unserer Redaktion: „Die Mietpreisbegrenzung ist weiße Salbe.“ Für 22 von 396 Gemeinden gelte sie, entfalte aber kaum Wirkung. Der LEG-Wohnungsmarktreport, der flächendeckend untersucht, hat in seiner jüngsten Ausgabe für das Jahr 2017 einen landesweiten Mietpreisanstieg von im Schnitt 2,6 Prozent ermittelt. Im Vorjahr waren die Angebotsmieten noch um vier Prozent gestiegen. Statt notwendiger 80.000 Wohnungen pro Jahr entstehen nach Angaben von Experten derzeit nur rund 48.000 neue Wohnungen in NRW. „Das einzige, was hilft ist eine Verbreiterung der Angebotes, sprich: Mehr Wohnungsbau in allen Segmenten“, sagte Scharrenbach.

Das fordern auch Eigentümerverbände wie Haus und Grund sowie der Städte- und Gemeindebund. Dort hieß es, Kommunen müssten leichter an Bauland herankommen. Die steigenden Mieten seien lediglich eine Reaktion auf knappes Angebot. Zugleich habe die Mietpreisbremse aber zu deutlich steigenden Preisen im Neubausegment geführt, das von der Regelung ausgenommen ist, sagte DIW-Studienleiter Claus Michelsen. Er warnte davor, die Ausnahme zu streichen, weil sonst Investitionsanreize für den Wohnungsbau gestrichen würden.

Doch der Mieterbund hält dagegen. Bundesdirektor Lukas Siebenkotten begrüßte die angekündigte Verlängerung. Zugleich forderte er Nachbesserungen. „Problematisch ist, dass die Mietpreisbremsen-Regelungen nicht bundesweit gelten“, sagte er. Viel zu oft würden zu hohe Mieten gefordert, ohne dass der Vermieter Rückforderungen fürchten müsse. Auch das DIW stellte fest, dass etwa bei der Hälfte der Wohnungsinserate Summen verlangt werden, die nicht in Einklang mit der Mietpreisbremse stehen. Zogen Mieter aber vor Gericht und beriefen sie sich auf die Regeln, wurde ihnen nach Ministeriumsangaben in drei von vier Fällen Recht gegeben. So konnten die Kläger ihre Miete dadurch im Schnitt um 167 Euro mindern, in einem Berliner Extremfall sogar um 650 Euro.

(jd/tor)
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