Jahresrückblick 2010 Müngstener Brücke — Stillstand und kein Ende

Solingen (RPO). Aufgeschoben ist nicht aufgehoben? Im Fall der Müngstener Brücke, Deutschlands höchster Eisenbahnbrücke, handelt es sich um eine schlechte Schiebepartie. Nachdem bereits im Oktober 2009 erste Untersuchungen um die Sicherheit durchgeführt worden fahren, zog die Bahn die Notbremse. Seitdem rollen wegen Instandsetzungsmängeln keine Güterzüge mehr über das 113 Jahre alte Bauwerk. Ein Jahr später kam die Totalsperrung.

Müngstener Brücke - eine Chronologie
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Müngstener Brücke - eine Chronologie

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Foto: Martin Kempner (Archiv)

113 Jahre alt ist sie, 107 Meter hoch und 465 Meter lang. Die Müngstener Brücke ist nicht nur eine Verbindung zwischen Remscheid und Solingen, sondern ein wichtiger Verkehrsweg für die gesamte Region. Die sieben Züge des "Müngsteners" transportieren im Jahr 5,5 Millionen Fahrgäste. Besser gesagt transportieren, denn derzeit herrscht Stillstand auf Deutschlands höchster Eisenbahnbrücke.

Alles begann vor mehr als einem Jahr. Schäden an den Brückenlagern waren ursächlich für die damalige Entscheidung, die Müngstener Brücke für Güterzüge, die mehr als 100 Tonnen wiegen, zu sperren. Die Einschränkungen im Güterverkehr sollten so lange gelten bis statische Berechnungen vorlägen.

Tests zur Prüfung der Sicherheit

Fortschritte waren seitdem nicht zu sehen, eher Rückschritte. Nachdem das Eisbahn-Bundesamt die Unterlagen der Deutschen Bahn auf Plausibilität geprüft hatte, hieß es zwischenzeitlich: Die Müngstener Brücke könne ohne Einschränkungen genutzt werden. Allerdings mit der Einschränkung: Bis zum Sommer erfolge noch eine genauere Prüfung der umfangreichen Berechnungen, die die Bahn vorgelegt habe.

Dann im März 2010 der nächste Rückschlag — erneutes Verbot für Güter- und Sonderzüge über die Brücke zu fahren. Sind sie zu schwer, werden sie über Wuppertal-Ronsdorf umgeleitet. Grund: bei einer Routine-Inspektion waren Schäden festgestellt worden. Die Untersuchungen an der Brücke wurden bis Ende 2010 verlängert.

April 2010: Das Eisenbahnbundesamt in Bonn droht der Deutschen Bahn AG mit einer Sperrung der Müngstener Brücke, wenn bis zum 30. September nicht bestimmte Auflagen erfüllt sind. Doch ein Sprecher der Bahn erklärt: "Der Stahl ist in Ordnung!" Mit diesen Worten reagiert er auf Vermutungen, der Müngstener Brücke könne das gleiche Schicksal drohen wie der Wuppertaler Schwebebahn, die zurzeit wegen Materialmängeln an ihrer über 100 Jahre alten Eisenkonstruktion außer Betrieb ist.

Die Pleitenserie Müngstener Brücke geht weiter: Das Eisen -Bahnbundesamt, der Tüv für den Schienenverkehr, stellt der deutschen Bahn ein Ultimatum: Bis Ende September muss die Bahn den statischen Nachweis erbringen, dass die Müngstener Brücke standsicher ist und der Eisenbahnverkehr gefahrlos stattfinden kann. So finden den Sommer über Testfahrten statt, es kommt zu vereinzelten Tagessperrungen der Brücke. Nachdem die Bahn die Unterlagen zu den Messfahrten fristgerecht einreicht, beginnt das Eisenbahn-Bundesamt diese zu prüfen.

Sperrung ohne Vorwarnung

Oktober 2010 Der Standsicherheit der Brücke fällt das Müngstener Brückenfest zum Opfer. Zwar wird das 113-jährige Bestehen der Brücke gefeiert, doch die traditionellen Dampfloks dürfen zwischen Solingen und Remscheid nicht rollen. Die Müngstener Brücke selbst muss erst saniert werden, damit sie wieder von schweren Zügen befahren werden darf.

November 2010 Das Debakel um Deutschlands höchsten Stahlkoloss erreicht einen neuen Höhepunkt. Ohne jegliche Vorwarnung sperrt die Deutsche Bahne in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Müngstener Brücke voll. An 24 Stellen sollen Laschen zur Verstärkung angebracht werden. Ziel ist es laut Bahn, spätestens zum Fahrplanwechsel am 12. Dezember die Züge wieder mit 70 Stundenkilometern über die Brücke fahren zu lassen und auch Begegnungsverkehr zu ermöglichen.

10. Dezember 2010 Die Schiebepartie geht weiter. Eigentlich sollten die Instandsetzungsarbeiten an der Müngstener Brücke schon vor Weihnachten fertig sein. Doch die Bahn hält in puncto Müngstener Brücke und Reparatur Kontinuität: Wegen der Witterung verschieben sich die Baumaßnahmen. Deutschland höchster Eisenbahnkoloss bleibt vorerst bis zum 30. Januar gesperrt.

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