Schlachthof-Talk bei „Markus Lanz“ „Jedes Mal, wenn wir in ein Stück Fleisch beißen, muss vorher ein Tier sterben“

Düsseldorf · Einige Passagen dieser Talkshow-Folge sind für Zartbesaitete schwer zu ertragen. Blutige Details aus dem Schlachthof will der Moderator unbedingt hören – aber bei einem anderen Thema sagt er: „Da bin ich raus.“

 Die Talkrunde bei "Markus Lanz" am 08.07.2020.

Die Talkrunde bei "Markus Lanz" am 08.07.2020.

Foto: ZDF

Eine kleine, sehr vielseitige Runde ist am Mittwochabend bei „Markus Lanz“ zu Gast. Das Coronavirus spielt diesmal nur ganz am Rande eine Rolle.

Die Gäste:

  • Elisabeth Raether, Journalistin
  • Walter Kohl, Unternehmer
  • Gero von Boehm, Filmemacher

Darum ging’s:

Ein Interview über einen Film über den Fotografen Helmut Newton ganz zum Schluss soll die Stimmung wieder heben. Erst einmal soll es um Schlachthöfe und die Wirtschaftsfolgen der Coronakrise gehen. Dabei bringen die Gäste allerdings Details mit, die dem Moderator nicht behagen.

Der Talkverlauf:

Markus Lanz hat etwas gelernt: „Jedes Mal, wenn wir in ein Stück Fleisch beißen, muss vorher ein Tier sterben.“ Sichtlich fasziniert befragt der Moderator die Journalistin Elisabeth Raether über ihren Artikel über das Schlachten. Dafür hat Raether mit Menschen gesprochen, die genau dies täglich tun.

Doch sie kommt nicht dazu, zu erklären, dass eine Ausbildung zum Metzger drei Jahre dauert, während in Großschlachtereien das Anlernen über einen zweitägigen Lehrgang läuft – Lanz nimmt in seinen Fragen vieles vorweg. „Das sind Berufe, die will keiner mehr machen“, konstatiert er, fragt aber nach dem Grund. „Das liegt daran, dass es einfach unangenehm und belastend ist“, sagt Raether. Deshalb wollten auch immer weniger Tierärzte Schlachthöfe bei Verbesserungen beraten.

Nur kurz bleibt die Journalistin auf einer allgemeinen Ebene und hält fest, dass „das Leben gewaltsam aus dem Tier entfernt“ werden müsse – und ein Gewaltakt nur schwer mit Genuss in Verbindung gebracht werden könne. Raether selbst isst Fleisch und zeigt viel Verständnis dafür, dass man die Realität hinter dem Rumpsteak nicht wahrhaben möchte.

Doch dann schildert sie konkret, was zwischen der Ankunft der Tiere beim Schlachthof und den Bildern von hängenden Schweinehälften passiert, die angesichts des Falls Tönnies jüngst wieder oft zu sehen sind. Wenn jeder wüsste, wie das abläuft, würde wohl nicht so viel Fleisch gegessen, meint Raether hinterher. Und was die Menschen anbetrifft, die in großen und kleinen Schlachthöfen dazu beitragen, dass in Deutschland täglich zwei Millionen Tiere getötet werden: Das seien nicht alles traumatisierte, gebrochene Menschen. „Aber mit allen macht es was.“

Nach diesem Einblick ins Konkrete führt Lanz seinen Talk ins Reich der Zukunftstheorie. Der Volkswirt und Unternehmer Walter Kohl soll über Corona-Folgen auf die Wirtschaft sprechen, und jener stellt sich selbst die Frage anders: „Wie viele Krisen haben wir?“ Nach der medizinischen Krise sieht er die Wirtschaftskrise und befürchtet eine dritte Stufe mit einer Finanz- und Währungskrise.

Doch ehe sich abermals ein schwarzes Loch auftut, drückt Kohl seine eigentliche Botschaft in die Runde: Er plädiert für einen „Zukunftsfonds Deutschland“. Darunter versteht der Sohn des verstorbenen Altkanzlers Helmut Kohl eine privatwirtschaftlich verwaltete Geldanlage mit einer staatlich garantierten, steuerfreien Verzinsung, deren Geld gezielt in Zukunftsbereiche investiert wird – etwa Digital- und Biotechnologie, Material Sciences und Bildung. Doch als dabei der Begriff „junge Unternehmen“ fällt, erhebt Lanz Einspruch. Bei Investitionen in Start-Ups sei er raus, sagt der Moderator. Auch der Rest der Talkrunde zeigt sich skeptisch.

Kohl kämpft gegen ein Argument nach dem anderen und untermauert seinen Vorschlag. So fragt er Lanz, welche Technologie nach dessen Ansicht für „unsere Kinder“ relevant sein wird. „Künstliche Intelligenz“, sagt Lanz wie aus der Pistole geschossen. Dann ist er sprachlos. Denn Kohl fragt zurück: „Ohne Start-Ups?“

Eine „gutgemeinte Konjunkturspritze“ angesichts der Krise sei zwar hilfreich, meint Kohl, aber die eigentliche Frage sei, wo Deutschland im Jahr 2030 stehen wolle und wie das Land sich aus seiner Exportabhängigkeit befreie. Die Zinssituation werde sich in den nächsten Jahren für Sparer kaum ändern, so Kohl. „Mehrere Billionen auf Sparkonten und Lebensversicherungen liegen ungenutzt brach.“ Stattdessen könne dieses Geld die Zukunft des Landes stützen – mit Investitionen in Bereiche, die klassischerweise über Staatsschulden finanziert werden. „Dann gibt es Menschen, die keine Lust haben, mitzumachen – zum Beispiel Sie“, sagt er an Lanz gewandt und versichert: „Das ist ja okay.“

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