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Frank Thelen bei Markus Lanz „Ich hätte trotzdem gern ein fliegendes Auto“

Düsseldorf · Roboter, exponentieller Fortschritt, die Volkswirtschaft als Hefeteig und emissionsfreie Flugzeuge: Bei Markus Lanz haben sich vier Talkgäste über Corona und die Wirtschaft der Zukunft ausgetauscht - mit sehr unterschiedlichen Einsichten.

 Markus Lanz diskutiert mit Frank Thelen, Dietmar Bartsch, Maja Göpel und Wolfram Weimer.

Markus Lanz diskutiert mit Frank Thelen, Dietmar Bartsch, Maja Göpel und Wolfram Weimer.

Foto: Screenshot ZDF

Darum ging es

Markus Lanz will kurz vor der Sommerpause grundsätzlich werden: Er diskutiert mit seinen Gästen über die Corona-Folgen für die Wirtschaft, die Zukunft der Arbeit und fragt: “Was haben wir im letzten halben Jahr gelernt, was hat es mit uns gemacht?”

Die Gäste

  • Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Bundestagsfraktion “Die Linke”

  • Maja Göpel, Politökonomin
  • Wolfram Weimar, Publizist
  • Frank Thelen, Investor und Unternehmer

Der Talkverlauf

Für Frank Thelen passt der größte Lernerfolg der Corona-Krise in zwei Worte. “Digitalisierung geht”, sagt der Investor. “Wir haben gesehen: Wenn wir müssen, dann können wir es, sogar in den Schulen.” Allerdings liege in der Digitalisierung auch der größte Konflikt, da Amerikaner und die Chinesen in dem Bereich immer mächtiger geworden seien, und ebenfalls beschleunigt hätten. “Die Gewinner der Krise sind die großen Digitalkonzerne”, sagt Thelen. Deutschland allerdings hinke besorgniserregend hinterher: “Warum kriegen wir das nicht hin, Digitalisierung zu bauen?”, fragt der Investor. Es gebe nur ein paar kleine neue Unternehmen, die aber kaum wirtschaftliche Schlagkraft hätten. “Wir können immer noch keine Digitalisierung bauen, die relevant ist.”

Er selbst habe während der Corona-Zeit in die größten Deals seiner Karriere investiert: etwa in Satelliten-Start-Ups, die helfen würden, die Erde besser zu verstehen. Für Unternehmen, für die es vor der Krise schon hart war, sei es hingegen noch härter geworden.

Die Ökonomin Maja Göpel hat etwas anderes gelernt, sie hofft, „dass uns einige wichtige Schlagworte aus der Krise jetzt nicht verlustig gehen: Schicksalsgemeinschaft, Solidarität und Resilienz”. Außerdem fand die Wissenschaftlerin und Buchautorin “super, dass die Leute auf einmal wieder anfingen, über Ernten nachzudenken: Wo kommt das her, was im Supermarkt liegt.” Vor allem liegt ihr daran, Wachstum klar zu definieren.

Da sind Wolfram Weimer und Dietmar Bartsch bei ihr: “Natürlich kann man nicht sagen: Wir brauchen keinen Wachstum, wenn alle sieben Sekunden ein Kind unter zehn Jahren verhungert”, so der Linkenfraktionschef Bartsch. Große Themen wie Digitalisierung, Fluchtbewegungen und Klimakatastrophe müssten weiter im Zusammenhang diskutiert werden. Für ihn ist die zentrale Frage: “Wie wollen wir unser Zusammenleben künftig organisieren?” Er hofft auf eine harte politische Auseinandersetzung, die möglichst nicht deutschland- oder europazentriert geführt wird.

Göpel, Bartsch und Weimer streiten sich mit derart vielen Anglizismen und volkswissenschaftlichen Fachbegriffen durch die Sendung, dass für Nicht-Ökonomen die Luft zuweilen etwas dünn wird. Hin und wieder erfrischt Weimers Freude am bildreichen Beispiel. Etwa als er Bartschs in seinen Augen zu statische Betrachtung von Volkswirtschaft kritisiert: Wenn einer mehr hat, habe der andere nicht automatisch weniger. “Tatsächlich funktioniert Volkswirtschaft wie ein Hefeteig: Wenn der aufgeht haben alle mehr.” Dass die Reichen deswegen reich seien, weil die Armen arm sind, sei ein grundsätzlicher Denkfehler.

Für Thelen liegt der Denkfehler anderswo: “Wir kommen in ein Zeitalter des exponentiellen Fortschritts”, prophezeit der “Die Höhle des Löwen”-Investor. “In den nächsten zehn Jahren werden wir mehr Entwicklungen sehen als in den letzten hundert.” Die Basis dafür sind für ihn Quantencomputer, künstliche Intelligenz, 3-D-Druck und Blockchain-Technologien. Ganz logisch sei Wachstum in diesem Sektor ein Muss.

Dann erläutert er den “schlimmen Fehler der Vergangenheit”: “Wir Menschen haben den Planeten als kostenfrei angesehen: Wir haben Öl verbrannt, haben Wälder abgeholzt, Fracking gemacht, das muss stoppen.” Microsoft ist für ihn ein leuchtendes Beispiel: Der Konzern sei zum Beispiel nicht nur jetzt schon CO-2 neutral, sondern wolle das gesamte in der Firmengeschichte verbrauchte CO2 neutralisieren. Seine Forderung: Die Erde ohne Fußabdruck verlassen.

“Wichtig ist jetzt, dass wir extrem wachsen, aber neu wachsen.” Der Planet dürfe eben nicht mehr als kostenfreie Ressource genutzt werden. “Wenn ich ihn kurzfristig brauche, muss ich, was ich entziehe, auch wieder herstellen.” Daher investiere er in Energiespeicher, die zu 80 Prozent aus recycletem Material bestehen, unendlich viele Ladezyklen haben, und damit komplett ungiftig seien.

Weimer sorgt sich, ob Deutschland den Weg, den Thelen sich vorstellt überhaupt gehen kann, zu den 100 größten Unternehmen der Welt gehöre nur noch ein deutsches. Im Vergleich zu einem Giganten wie Amazon sei Deutschland komplett unbedeutend. “In der Internetwettbewerbsfähigkeit liegen wir auf Platz 72 hinter Panama und Botswana”, klagt er.

Thelen fehlt angesichts dessen vom Staat die Botschaft: “Gebt mal Gas, entwickelt mal Hyperloops und fliegende Autos!” Das sei für ihn Wachstum und Weiterkommen. “Wir dürfen keinen Raubbau mehr mit dem Planeten betreiben”, warnt er. “Aber trotzdem hätte ich gern ein fliegendes Auto, flöge gern mit 1000 km/h in den Hyperloop.” Und sein Steak käme künftig eben aus dem Labor. “Wir sind zu viele geworden, dafür ist das normale Ökosystem nicht gebaut.” 
Dass angesichts eines digitalen Blitzwachstums Arbeitsplätze verschwinden, sei ihm klar: “Roboter, Software, Vernetzung, vollautomatische Autos werden dazu führen, dass wir keine echten Arbeitsplätze mehr haben”, prophezeit er und plädiert für ein Grundeinkommen für alle, dass angesichts effizienterer Industrien gut zu leisten sei. 


Die anderen Gäste haben andere Vorstellungen - nicht nur zum Thema Zukunft der Arbeit, sondern auch zum Umgang mit Daten, zur Privatsphäre und Rolle der Steuergesetzgebung. Moderator Lanz merkt, dass er mit dem Thema Wirtschaft und Arbeit in den Zeiten von Corona ein deutlich mehr als abendfüllendes Fass aufgemacht hat. Er lädt seine Gäste ein, in gleicher Runde im Herbst weiter zu diskutieren.

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