Vierte Corona-Welle in NRW Senioren warten auf Booster-Impfung

Düsseldorf · Bei der Deutschen Stiftung Patientenschutz häufen sich die Anrufe von Pflegebedürftigen, die bei der Auffrischungsimpfung auf 2022 vertröstet werden. Außerdem wächst die Sorge vor einer deutlichen Zunahme der Infektionsfälle bei Kindern, für die es bislang keinen Impfschutz gibt.

 Eine Ärztin vollzieht eine Boosterimpfung.

Eine Ärztin vollzieht eine Boosterimpfung.

Foto: dpa/Robert Michael

Angesichts der vierten Corona-Welle wird in Deutschland immer hitziger über eine Verschärfung der Maßnahmen diskutiert. So planen die künftigen Ampel-Koalitionäre, nur noch Geimpfte, Genesene und Getestete mit dem ÖPNV und Fernverkehr reisen zu lassen. „Grundsätzlich ist der Verkehr durch eine flächendeckende Maskenpflicht bereits gut abgesichert“, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) unserer Redaktion. „Der Verkehr macht aber vor Bundesländergrenzen keinen Halt. Deswegen ist 3G in diesem Bereich dann wirklich effektiv, wenn alle Bundesländer an einem Strang ziehen und bundesweit einheitlich agieren.“ Laumann stellte die Frage, wie im Fernverkehr denn andernfalls 3G kontrolliert werden solle, wenn teilweise innerhalb von wenigen Minuten Bundesländergrenzen überquert werden, in denen im Zweifel unterschiedliche Regelungen gelten. „Das wäre nicht praxistauglich.“ Die Regierungschefs der Länder wollen an diesem Donnerstag zu einer Ministerpräsidentenkonferenz zusammenkommen und das weitere Vorgehen abstimmen.

Derweil ist nach aktuellen Daten des Ministeriums die Zahl der Erstimpfungen in Nordrhein-Westfalen leicht gestiegen. In der vergangenen Woche ließen sich am Tag im Schnitt 7159 Menschen erstmals gegen das Coronavirus impfen. In den beiden vorangegangenen Wochen hatte der Wert bei 5613 gelegen. Einen deutlicheren Sprung macht die Zahl bei den Boosterimpfungen. Dort erhielten im Tagesschnitt in der vergangenen Woche 33.788 Menschen die Auffrischung. In den beiden Wochen davor waren es noch 18.427 gewesen.

Gesundheitsminister Laumann hatte zuletzt wiederholt hervorgehoben, dass NRW bei der Boosterimpfung in den Seniorenheimen vergleichsweise weit sei. So sprach der Minister davon, dass 90 Prozent der Seniorenheim-Bewohner bereits die dritte Impfung bekommen hätten.

Patientenschützer Eugen Brysch hinterfragte diese Zahl. „Niemand kann zurzeit sagen, wie viele Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen geimpft oder ungeimpft sind. Deshalb überrascht die Aussage des Gesundheitsministers Laumann, dass 90 Prozent der Pflegeheimbewohner in NRW ein Booster-Impfangebot angenommen haben.“ Um die erfreulich hohe Impfquote zweifelsfrei zu belegen, müsse das Ministerium für Transparenz sorgen. „Schließlich gibt es hierzulande knapp 3000 vollstationäre Einrichtungen mit 170.000 Pflegebedürftigen. In welcher Weise die Impfquote vor Ort verifiziert wurde, ist also von großem Interesse“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Mit diesem Monitoring gelte es jetzt auch, die 800.000 daheim lebenden Pflegebedürftigen in den Blick zu nehmen. „Denn am Patientenschutztelefon ist immer wieder zu hören, dass Pflegebedürftige beim Booster-Impfwunsch bis ins nächste Jahr vertröstet werden.“ Deutschland brauche endlich ein Corona-Monitoring für die Alten- und Krankenpflege, forderte Brysch.

Außerdem wächst die Sorge vor einer deutlichen Zunahme der Infektionsfälle bei Kindern, für die es bislang keinen Impfschutz gibt. Das NRW-Familienministerium erklärte auf Anfrage, Kinder und Familien seien von der Pandemie in besonderer Weise betroffen und hätten bereits enorme Einschränkungen hinnehmen müssen. „Wir müssen nach diesen Einschränkungen alles dafür tun, dass Kinder in der Kindertagesbetreuung ein verlässliches Bildungs- und Betreuungsangebot haben“, hieß es vom Ministerium.  Kinder und Jugendliche dürften nicht zu Verlierern der Pandemie werden. „Die Pandemie zeigt wie unter einem Brennglas, wie wichtig für Kinder die frühkindlichen Bildungsangebote sind. Deshalb bieten Inzidenzwerte oder Fallzahlen nur eine Orientierung.“ Es sei aber immer eine Abwägung vieler weiterer Faktoren erforderlich, so das Ministerium. Dabei müssten die Kinder und ihre Belange im Mittelpunkt stehen. „Aktuell sind weder Gruppentrennungen noch Einschränkungen des Regelbetriebes geplant.“ Mit Blick auf die Beschäftigten erklärte das Familienministerium bis Ende April hätten alle ein Impfangebot bekommen. „Alle Beschäftigten können auch eine Booster-Impfung erhalten.“

Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hält an der Aufhebung der Maskenpflicht im Unterricht fest. Diese sei auch aufgrund der umfassenden Sicherheitsvorkehrungen in Schulen verantwortbar: „Ziel der Landesregierung ist es, den Infektionsschutz und das Recht auf Bildung in Einklang zu bringen. Es gelten weiterhin die verbindlichen Vorgaben für die Hygiene und den Infektionsschutz sowie die strikte Testpflicht.“ Es bleibe jedem unbenommen, für sich zu entscheiden, die Maske weiter auch im Unterricht zu tragen. „Die Schulen in Nordrhein-Westfalen sind keine Infektionstreiber“, sagte Gebauer. Das Infektionsgeschehen an den NRW-Schulen ist nach Angaben des Ministeriums weiter unauffällig. Laut einer Umfrage in der vergangenen Woche  waren von 2,3 Millionen durchgeführten Selbsttests 2488 positiv – ein Anteil von 0,11 Prozent.

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