Motocross Sportart mit gewissem Suchtfaktor

Alpen/Grevenbroich · Motocross: Der gebürtige Alpener Gianluca Ecca ist amtierender Deutscher Meister in der 250 Kubikzentimeter-Klasse. Aus Liebe zum Sport nimmt er das Verletzungsrisiko in Kauf. Privat verzichtet er aber lieber aufs Motorradfahren.

 Einen Motorrad-Führerschein hat Gianluca Ecca nicht. Er sagt: „Das ist mir zu gefährlich.“

Einen Motorrad-Führerschein hat Gianluca Ecca nicht. Er sagt: „Das ist mir zu gefährlich.“

Foto: Fischer, Armin (arfi )/Fischer, Armin ( arfi )

Wenn der Dreck in meterhohen Fontänen zur Seite spritzt und er auf dem Motorrad auf atemberaubende Weise durch die Luft fliegt, fühlt sich Gianluca Ecca so richtig wohl. Motocross ist die große Leidenschaft des 23-Jährigen, der in der Riller Siedlung in Alpen aufgewachsen ist, bis er vor zwei Jahren nach Grevenbroich zog.

Angefangen hat alles im Alter von fünf Jahren, als die Eltern ihm das erste kleine Motorrad schenkten. „Wir fanden das süß, konnten nebenherlaufen. Wir hatten ja keine Ahnung, was sich daraus entwickeln würde“, erklärt Vater Salvatore. Diese Entwicklung erreichte im vergangenen Jahr ihren vorläufigen Höhepunkt: Gianluca Ecca gewann die Deutsche Motocross-Meisterschaft in der Klasse bis 250 Kubikzentimeter – und das auf eine höchst dramatische Art und Weise. „Ich habe mir einen Monat zuvor beim ADAC-Masters in Gaildorf eine Knochenabsplitterung im rechten Sprunggelenk zugezogen. Ich hatte zwar vor dem letzten Rennen 36 Punkte Vorsprung, aber das hätte nicht gereicht“, sagt Ecca.

Den Titel so dicht vor Augen wollte er unbedingt den Finallauf bestreiten. Mit Krücken reiste er ins sächsische Thurm, setzte sich mit einer Spezialprothese auf den Sattel seiner KTM und gab Gas. Kurz darauf wurde er zu allem Überfluss in einen Crash verwickelt und fiel auf Rang 16 zurück. Aber Ecca hatte Glück im Unglück. Weil sein ärgster Widersacher Pit Rickert nicht über den sechsten Platz hinauskam, hatte er den Deutschen Meistertitel sicher.

Das Verletzungsrisiko gehört zum Motocross dazu, doch trotz etlicher Schlüsselbein- und Oberarmbrüche möchte Ecca das nicht überbewerten: „Fußballer und Handballer verletzen sich auch öfter mal, das kann man im Leistungssport nie ganz ausschließen.“ Mutter Gabriele sieht das nicht ganz so entspannt: „Das Schlimmste ist der Start. Wenn 40 Fahrer auf die erste Kurve zurasen, kann ich manchmal nicht hinsehen.“

Bis vor zwei Jahren war die Familie immer dabei, ist mit dem Wohnwagen von Rennen zu Rennen gezogen. „Das machen viele so, Motocross ist eine familienfreundliche Sportart“, sagt Gianluca Ecca. Für ihn als Fahrer hat sie einen gewissen Suchtfaktor: „Beim Rennen habe ich einen Durchschnittspuls von 180, mein Körper ist voller Adrenalin, das ist wie ein Kick.“ Obwohl die zwei Läufe eines Renntages insgesamt keine siebzig Minuten dauern, verbrennt sein Körper in dieser Zeit rund 3500 Kilokalorien.

Damit er diesem Druck gewachsen ist, trainiert Ecca 15 Stunden in der Woche, macht Ausdauerläufe, geht ins Schwimmbad und Fitnessstudio. Um die Trainingsintensität zu steuern, lässt er regelmäßig eine Leistungsdiagnostik erstellen und seine Laktatwerte erfassen. Auch die Ernährung spielt eine wichtige Rolle. Fastfood oder Alkohol sind tabu, und auch Süßspeisen stehen auf dem Index. „Die Vorbereitung auf die neue Saison geht von November bis März. In dieser Zeit habe ich an Weihnachten einmal Nachtisch gegessen, ansonsten achte ich auf meinen Körper“, so Ecca, der sich in der Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker befindet und im Anschluss Berufsfeuerwehrmann werden möchte.

 Archivfoto: Becker

Archivfoto: Becker

Foto: Günter Becker

Seinen Traum vom Motocross-Profi hat er trotz nationalem Titel längst begraben: „In Deutschland kann man von diesem Sport nicht leben. Es fehlt einfach das Medieninteresse, obwohl zu den Rennen oft 30.000 Zuschauer kommen. Wir haben halt das Image einer dreckigen Sportart.“ Privat fährt Ecca übrigens kein Motorrad. Geht auch nicht, denn einer der besten Motocross-Fahrer des Landes hat keinen Motorradführerschein. „Das ist mir zu gefährlich. Ein Rennfahrer im Straßenverkehr, das ist eine schlechte Kombination. Außerdem müsste ich ständig mit den Fehlern anderer rechnen, egal wie vorsichtig ich fahre“, erläutert Gianluca Ecca.

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