Überraschung zur Premiere in Sonsbeck Sprachlos auf der Theater-Bühne

Sonsbeck · Das Sontheater konnte bei der Premiere der Komödie „Trautes Heim, nie allein“ einmal mehr durch hervorragende Schauspielleistung überzeugen. Ein bewegender Moment war eine überraschende Ehrung.

 Die heimliche Doppel-Vermietung einer Wohnung sorgt in der Komödie „Trautes Heim, nie allein“ für pikante Situationen.

Die heimliche Doppel-Vermietung einer Wohnung sorgt in der Komödie „Trautes Heim, nie allein“ für pikante Situationen.

Foto: Armin Fischer (arfi)

Würde man bei Theater-Aufführungen Noten für ein fotografisches Gedächtnis vergeben, bekäme Jürgen Kluth eine glatte Eins. Oder nein: eine Eins plus. Nicht weil er die sieben anderen ebenso großartigen Darsteller des Sonsbecker Amateurtheaters am Freitagabend bei der Erstaufführung der Komödie „Trautes Heim, nie allein“ im Kastell an die Wand gespielt hätte, sondern weil der Mann ein unfassbares Gedächtnis hat. Der 65-Jährige, der 2022 zum ersten Mal beim Son-theater auf der Bühne stand und nach eigener Aussage wirklich absolut gar keine schauspielerischen Erfahrungen mitbringt, leistet in dem Stück von Anthony Marriott und Bob Grant schier Unglaubliches. „Es ist faszinierend, was einem so einfällt, wenn man unter Druck steht“, sagt Jürgen Kluth an einer Stelle in der Komödie – er scheint 120 Minuten unter Druck gestanden zu haben.

Tür auf, Tür zu, Schrank auf, Kleider raus, Anzüge rein: Kluth spielt im trauten Heim die Hauptrolle, gibt den Major Alan Baxton, der nach seinem Austritt aus der Armee und seiner Scheidung von Elizabeth Chelsford-Smythe (köstlich: Renate Heursen-Janßen) Geldsorgen hat und deswegen seine Souterrain-Wohnung in der Villa der Exfrau doppelt vermietet. Unter der Woche wohnt hier Rechtsanwalt Philip Clarke (Johannes Heyn), am Wochenende Jill Palmer (Beate Beate Hoever-Dahms), die als Sekretärin in Brüssel arbeitet.

„Ich war total pleite, als ich die Armee verlassen habe“, begründet Alan Buxton alias Jürgen Kluth die Untervermietung. Ihm wird in dieser Rolle alles abverlangt, er hat kaum Zeit zum Luftholen, muss immer wieder neue und vor allem glaubwürdige Geschichten erfinden, darf dabei den roten Faden nicht verlieren und muss stets wissen, wer gerade wann und wie lange schon hinter welcher der vier Zimmertüren auf der Bühne ist. Oder gerade im Kleiderschrank steht. Und er muss nicht ein einziges Mal die Hilfe von Souffleuse Brigitte Remitschka in Anspruch nehmen. Wahnsinn!

Dass die Doppelvermietung nicht lange gut geht und der Major sich immer tiefer in die Katastrophe katapultiert, ist klar. Mehr wird an dieser Stelle aber nicht verraten, nur so viel: Das Stück nimmt im Laufe des Abends an Fahrt auf, das Chaos ist vorprogrammiert.

 Eberhard Schwenk und Claudia Schorn blickten auf 25 Jahre Sontheater zurück. Für den stellvertretenden Vorsitzenden gab es zudem eine Überraschung: Er wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

Eberhard Schwenk und Claudia Schorn blickten auf 25 Jahre Sontheater zurück. Für den stellvertretenden Vorsitzenden gab es zudem eine Überraschung: Er wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

Foto: Armin Fischer (arfi)

25 Jahre Sontheater – Eberhard Schwenk, seit 2014 mit Beate Dahms Geschäftsführer, konnte sich nach der Begrüßung der Zuschauer im Kastell noch gut erinnern, wie das war, „als wir bei Renate und Hans im Keller saßen. Wir hatten schon etwas getrunken…“ – „und wir hatten viel Spaß“, ergänzte bei der Premiere Claudia Schorn. Die beiden gehören mit Renate Heursen-Janßen und Winfried Cleve zu den elf theaterverrückten Frauen und Männern, die sich vor einem Vierteljahrhundert aus dem damals aktiven Verein K.i.S. (Kultur in Sonsbeck) herausgelöst hatten, um in Zukunft aktuelle Komödie und zeitgenössische Lustspiele zeigen zu können. Sie trafen sich im Januar 1998 in einem Partyraum, um einen Namen für ihren Verein zu finden, diskutierten lange und heftig über die Vorschläge, die auf dem Tisch lagen. „Da platzte Marianne Aengeneyndt der Kragen, und sie rief in die Runde: So’n Theater aber auch!“ Sofort habe Stille geherrscht, und alle seien sich einig gewesen: Sontheater soll’s sein.

Matthias Broeckmann knüpfte in Vertretung des erkrankten Bürgermeisters Heiko Schmidt in seiner Laudatio an die Entstehungsgeschichte an. 44 Mitglieder habe das Theater heute, davon 25 aktive. 61 Jahre lägen zwischen der jüngsten Darstellerin Jana Terhorst (19) und der erfahrensten Schauspielerin Renate Heursen-Janßen (sie wird demnächst 80). Er dankte dem Amateurtheater im Namen von Rat und Verwaltung und überreichte zum Jubiläum ein „Sonsbecker Briefchen“.

Gerade als Eberhard Schwenk wieder zum Mikrofon greifen wollte, marschierte Winfried Cleve, Gründungsmitglied und bis 2014 Vorsitzender, auf die Bühne zu. „Ich weiß genau, was Sie jetzt denken: Ach du lieber Gott, schon wieder eine Rede“, scherzte er. Aber nein, er werde keine Rede halten, sondern sei gekommen, um einen Menschen zu ehren, der unermüdlichen Einsatz zeige für alles, was mit dem Theater zu tun hat: Eberhard Schwenk. „Du hast dafür gesorgt, dass das Theater vor 25 Jahren gegründet wurde.“ Dafür werde er zum Ehrenmitglied ernannt. Sprach’s und überreichte dem sprachlosen, weil völlig überraschten zweiten Vorsitzenden eine Urkunde.

Noch fünf Mal steht das achtköpfige Ensemble mit der Komödie „Trautes Heim, nie allein“ auf der Bühne. Und die nahezu ausverkauften Vorstellungen beweisen nicht nur, dass das Sontheater wieder einmal richtig lag, als es sich für dieses Stück entschied, sondern auch, dass es aus dem kulturellen Leben der Gemeinde nicht mehr wegzudenken ist. So sieht es auch der Amateurtheaterverband NRW, der dem Geburtstagskind in einem Grußwort dafür dankt, „dass es seine Besucher und Besucherinnen seit seiner Gründung mit fröhlichen, aber auch zum Nachdenken anregenden Theaterproduktionen“ unterhält.

(jas)
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