Debatte über Bürgerwindpark oder Solarpark Sonsbeck stolpert in die Energiewende

Sonsbeck · Die Gemeinde Sonsbeck soll einen Bürgerwindpark oder Bürgersolarpark bekommen. Doch schon vorab konkreter Planungen verzettelt sich die Politik in Details. In zwei Ausschüssen entbrannten heftige Diskussionen – nicht immer zum Thema.

Die Frage, ob Windräder oder Photovoltaikanlagen in der Gemeinde gebaut werden sollen, will die Politik noch offen lassen.

Die Frage, ob Windräder oder Photovoltaikanlagen in der Gemeinde gebaut werden sollen, will die Politik noch offen lassen.

Foto: epd/Norbert Neetz

In der Grundintention waren sich alle Fraktionen sowie die Verwaltung einig: Um die Energiewende zu schaffen und die Klimaschutzziele Sonsbecks zu erreichen, sollen auf Gemeindegebiet neue Anlagen für erneuerbare Energien entstehen. Und zwar mit größtmöglichem Nutzen für die Sonsbecker Bürger, ebenso mit deren Beteiligung. Doch bei den Fragen, welcher Ablauf dabei am sinnvollsten sei und wie viel Geld für die Konzepterstellung fließen sollte, entbrannten in den Ausschusssitzungen heftige Debatten. Bereits im Bauausschuss in der vergangenen Woche kamen neben dem Initial-Antrag der FDP zwei weitere Anträge zum Thema aufs Tableau. Im zähen Ringen wurden Details umformuliert, Ergänzungen gemacht. Schließlich erkämpfte sich die FDP mit drei Ja-Stimmen und elf Enthaltungen ein eindeutig uneindeutiges Votum. Im Hauptausschuss am Dienstagabend stand dann wieder alles auf Anfang. Es gab wieder einen neuen Beschlussvorschlag, im Laufe der Diskussion weitere Anpassungen. Und am Ende wurde nur noch über das Vorgehen im Ausschuss gestritten.

Doch der Reihe nach: Die FDP beantragte im Vorfeld der Bauausschusssitzung, einen Haushaltsansatz in Höhe von 100.000 Euro für erste Maßnahmen zur Realisierung eines Bürgerwindparks einzustellen. Es sei Zeit, offensiv in das Thema einzusteigen, begründeten die Liberalen. Zumal bis zu zehn Jahre vergehen könnten, um solche Anlagen umzusetzen. Die 100.000 Euro sollten demnach für erste Planungs- und Projektkosten eingesetzt werden. Wichtig sei es, eine Akzeptanz bei den Bürgern für die Windenergieanlagen zu erreichen. „Bevorzugte Modelle sollen die sein, die bei der Realisierung des Projekts für jeden Bürger in Sonsbeck einen Gewinn darstellen“, gab die FDP an. „Das könnten niedrigere Stromkosten, Dividenden bei Beteiligungen bis hin zu einem finanziellen Ausgleich für Windanlagenanlieger sein.“

Auch die Verwaltung gab in ihrer Stellungnahme an, dass der Zubau von erneuerbaren Energien in Sonsbeck erforderlich sei. Sie ergänzte die Idee von einem Bürgerwindpark aber um die Möglichkeit, einen Bürgersolarpark oder einen Mix aus Wind- und Sonnenenergie zu schaffen. Zudem sieht es die Verwaltung als notwendig an, zunächst geeignete Flächen anzukaufen. Erst danach „sollte eine Ausschreibung zur Definierung der Bürgerbeteiligungskriterien erfolgen, woran sich ein neutrales Wettbewerbsverfahren anschließen sollte“. Dabei könnte festgelegt werden, dass beispielsweise das Beteiligungsmodell den Zuschlag erhält, das die maximale Teilhabe der Bürgerschaft erwarten lasse. Für die Beauftragung eines externen Beraters, insbesondere zu den Beteiligungsverfahren, sei laut Verwaltung aber kein neuer Haushaltsansatz nötig. Stattdessen empfahl sie in ihrem Beschlussvorschlag, den bisherigen Haushaltsansatz in Höhe von 55.000 Euro auf 65.000 Euro zu erhöhen.

Die SPD stimmte dem Vorschlag der Verwaltung weitgehend zu, vor allem dass bei den Überlegungen andere regenerative Energien nicht ausgeklammert werden dürften. Christa Weidinger monierte aber, dass 10.000 Euro mehr zu wenig seien, um sich einen externen Experten ins Boot zu holen. Sie stellte für die SPD daher einen eigenen Antrag, den bestehenden Haushaltsansatz auf 100.000 Euro zu erhöhen.

FDP-Fraktionschef Jürgen Kühne warb in der Bauausschusssitzung nochmals eindringlich für seine Version. Zwar war auch er der Meinung, einen Bürgersolarpark als Option zu integrieren, er war aber mit dem von der Verwaltung anvisierten Ablauf nicht einverstanden. „Wir müssen die Bürger zunächst von dem Konzept überzeugen“, erklärte er. „Wenn wir zuerst geeignete Flächen benennen, steht schon am nächsten Tag eine Initiative parat, die gegen die Anlagen in der Nachbarschaft ist.“ Zudem würden sich die Flächenkäufe noch lange hinziehen. „Wir müssen das Thema jetzt anpacken, wir haben schon viel zu lange gewartet“, betonte Kühne.

Im FDP-Antrag wurden kurzerhand die Photovoltaik-Freiflächen als Option ergänzt. Insgesamt standen nun drei Vorschläge zur Abstimmung frei. Tatsächlich entschieden wurde aber nur über einen. Die Freien Demokraten errangen drei Ja-Stimmen und elf Enthaltungen. Der Antrag war damit durch. Eine Abstimmung über die anderen nach Geschäftsordnung überflüssig.

Gleicher Ort, fünf Tage später: Bei der Hauptausschusssitzung im Kastell stand die Frage, wie die Energiewende in Sonsbeck gelingen könnte, wieder auf der Tagesordnung. Für Irritationen – allen voran bei der FDP – sorgte, dass die Verwaltung nun einen überarbeiteten Beschlussvorschlag präsentierte. Schließlich sei der FDP-Antrag angenommen worden, monierte Ralf van Stephaudt. „Über den Verwaltungsvorschlag wurde gar nicht erst abgestimmt. Deshalb verstehe ich nicht, warum die Verwaltung nun mit einer Ergänzung um die Ecke kommt.“

Doch das war nicht das einzige Problem. Nach Aussage der Verwaltung sei der Vorschlag am Tag vor der Sitzung ins Netz hochgeladen worden. Ohnehin knapp, damit die Fraktionen darüber vorab einer Sitzung intern beraten können. Aber den Ausschussmitgliedern lag der Beschlussvorschlag am Dienstag gar nicht vor. Es gab eine Sitzungsunterbrechung. Der Vorschlag wurde schnell an die Wand projiziert. Letztlich ging es auch nur um eine marginale Änderung. Die von der Verwaltung angesetzten 65.000 Euro für Beratungskosten blieben bestehen.

Nach Ansicht der SPD weiterhin zu wenig. Inzwischen liebäugelte jedoch auch die CDU mit einer Erhöhung auf 100.000 Euro. Sie beantragte eine zweite Sitzungsunterbrechung, um sich intern zu beraten. Nach gut zehn Minuten verkündete Josef Elsemann sinngemäß: Die CDU folge dem Verwaltungsvorschlag mit der von der SPD geforderten Summe. Also noch eine Änderung am Beschlussvorschlag der Verwaltung? Ralf van Stephaudt platzte der Kragen. Er bezeichnete das Vorgehen im Ausschuss als „Schmierentheater“. Es gebe einen SPD-Antrag über die Erhöhung, warum sollte am Beschlussvorschlag munter herumgeändert werden, so van Stephaudt.

CDU und SPD einigten sich darauf, ihre Intentionen dann eben in einem nochmals neuen, gemeinsamen Antrag zu formulieren. Beruhigen ließen sich die Gemüter zu diesem Zeitpunkt aber nicht mehr. Eine Diskussion entbrannte, bei der es mehr ums Prinzip als um die Energiewende ging.

Es gab eine dritte Sitzungsunterbrechung, um die Geschäftsordnung zurate zu ziehen und ein Ende der Aussprache herbeizuführen. Damit ging es nach der Pause direkt in die Abstimmung. Der FDP-Antrag wurde abgelehnt, der gemeinsame Antrag der SPD und CDU einstimmig beschlossen. Das letzte Wort hat der Rat in seiner März-Sitzung. Wie schnell dann eine Entscheidung fällt, bleibt abzuwarten. So wichtig das Debattieren bei demokratischen Prozessen auch ist, um Sonsbecks Bürger vom Thema Bürgerwindpark oder Bürgersolarpark zu überzeugen, sollte auch die Politik an einem Strang ziehen.

(beaw)
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