Haus Eifgen in Wermelskirchen „Eine lokalhistorische Glanztat“

Wermelskirchen · Joachim Schulte sitzt mit Michael Dierks im Vorstand der Kulturhaus Eifgen eG. Er spricht über den Weg von der Idee zur Genossenschaft. Es gibt eine ungeheure Bereitschaft in der Bevölkerung, sich an gemeinnützigen Vorhaben zu beteiligen.

 Joachim Schulte glaubt fest daran, dass die Genossenschaft auf jeden Fall ein Stück Kultur für Wermelskirchen gerettet hat. Dazu beigetragen habe aber auch das 135 Jahre alte Haus Eifgen.

Joachim Schulte glaubt fest daran, dass die Genossenschaft auf jeden Fall ein Stück Kultur für Wermelskirchen gerettet hat. Dazu beigetragen habe aber auch das 135 Jahre alte Haus Eifgen.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Herr Schulte, wann kam denn die erste Idee zur Genossenschaft im Haus Eifgen auf?

Joachim Schulte Dazu muss ich ein bisschen ausholen. Ursprünglich haben Michael Dierks und Michael Regenbrecht im Bistro der Katt Blues- und Jazz-Abende veranstaltet. Nachdem 2014 der Bistro-Wirt Lothar Heinrich verstorben war, hat man im Januar 2016 den Verein Kulturinitiative Wermelskirchen e.V. gegründet, um das Bistro zur Fortsetzung des Musikangebots zu übernehmen. Die Stadt Wermelskirchen hatte sich jedoch für einen Profi als Gastronomen entschieden. Der neugegründete Verein stand dann also mit leeren Händen da. Herbert Ante, der damalige Besitzer des Haus Eifgen, kam auf den Verein zu und hat die Räume gegen Nebenkosten zur Verfügung gestellt. Seit Februar 2017 hat der Verein die Räumlichkeiten komplett verändert, die Ausstattung, Technik und Bühne neu eingerichtet und zwei zunehmend erfolgreiche Jahre mit vielen Veranstaltungen hinter sich gebracht. Dann wollte der Eigentümer das Haus aber definitiv verkaufen. Da so die Zukunft des Vereins auf dem Spiel stand, haben wir uns die Frage gestellt, ob wir nicht irgendwie das Haus übernehmen könnten. Damit war die Idee der Genossenschaft geboren.

Gab es noch andere Möglichkeiten, die zur Debatte standen?

Schulte Es gab den Verein, dann die GmbH als denkbare Rechtsformen – oder eben die Genossenschaft. Wir haben dann vom Genossenschaftsverband der Regionen eine hervorragende Beratung bekommen. Zwei Gründe gaben den Ausschlag für die Gesellschaftsform Genossenschaft: Einmal die Generierung von Kapital durch Anteilsverkäufe, zum anderen, dass es so eine gemeinnützige Einrichtung werden konnte, in der jedes Mitglied ein Stimmrecht hat, unabhängig von der Anzahl der erworbenen Anteile. Im Frühjahr 2019 gab es drei Werbeveranstaltungen mit dem Ziel, bis zum Sommer das Kapital zusammen zu haben. Als Bedingung für die Gründungsentscheidung wollten wir die Hälfte des Kaufpreises über die Anteile sicher zur Verfügung haben.

Wie war die Resonanz auf diese Veranstaltungen?

Schulte Es ist erstaunlich gewesen. Es gibt eine ungeheure Bereitschaft in der Bevölkerung, sich an gemeinnützigen Vorhaben zu beteiligen. Vielen fehlte dazu bislang eine konkrete Möglichkeit. Und unsere Genossenschaft bietet diese gewünschte Verbindung von Kapitaleinsatz und idealistischem Hilfsbedürfnis.

Wie teuer ist denn ein Anteil?

Schulte Wir brauchten ungefähr 125.000 Euro. Ein Anteilsschein ist 500 Euro wert, 1000 erschien uns zu abgehoben, darunter schien es uns nicht wertschätzend genug. Wer 500 Euro gibt, hängt ein bisschen mit Herz und Seele daran. Die Entscheidung war richtig, denn schon im Sommer zeichnete sich ab, dass wir das Geld zusammenbekommen.

Wann war klar, dass es mehr als nur eine „fixe Idee“ war?

Schulte Wir schwankten lange Zeit zwischen großem Zweifel und großer Zuversicht – letztlich hat uns der Erfolg aber gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Und das hat uns dann die Kraft gegeben, weiterzumachen. Am 23. Mai 2019 fand die Gründungsversammlung der Genossenschaft statt, spätestens dann war das Ganze natürlich alles anderes als nur noch eine „fixe Idee“.

Hat die Genossenschaft das Projekt Haus Eifgen eigentlich gerettet?

Schulte Sie hat auf jeden Fall ein Stück Kultur für Wermelskirchen gerettet. Aber auch dieses wunderschöne, 135 Jahre alte Haus. Mit dem schönsten Biergarten weit und breit. Die Rettung des historischen Gasthauses ist zudem eine lokalhistorische Glanztat, das sehe ich auf jeden Fall so.

Was genau sind denn die Vorteile einer Genossenschaft?

Schulte Die Idee der Genossenschaft kommt aus dem angelsächsischen Raum, die bekanntesten Genossenschaften hierzulande dürften die Volksbanken oder Raiffeisen sein. Man versucht, in einer Genossenschaft mit kleinen Einzelanteilen eine größere Sache allgemein zugänglich zu machen. Und genau das passiert im Haus Eifgen – die Gemeinnützigkeit prägt unsere Idee hier. Wir wollen unbedingt, dass das Haus Eifgen allgemein genutzt werden kann – Veranstaltungen, Kultur in allen Facetten, die Möglichkeit, Tonaufnahmen zu machen, Literatur spielt eine Rolle, Proberäume… In Wermelskirchen gibt es übrigens schon lange eine segensreiche, nach wie vor sehr potente Genossenschaft, den Gemeinnützigen Bauverein eG. Er hat sich auch, um den genossenschaftlichen Gedanken in unserer Stadt zu stärken, an der Kulturhaus Eifgen eG nicht unmaßgeblich beteiligt.

Wie ist die Haus-Eifgen-Genossenschaft aufgebaut?

Schulte Es gibt einen Vorstand, bestehend aus Michael Dierks und mir. Dazu kommt der Aufsichtsrat mit Alfred Karnowka, Michael Regenbrecht, Michael Mohr und Wolfgang Schindler. Die Kulturhaus Eifgen eG hat 193 Mitglieder mit insgesamt 264 Anteilen. Ich will aber betonen, dass das mit dem Kauf des Hauses nicht beendet ist. Wir wollen und müssen weitere Mitglieder aufnehmen, auch um die zukünftige Planung zu sichern. Ich bin da aber zuversichtlich, dass wir die auch finden werden. Durch die Corona-Krise ist im Moment zwar eine gewisse Einschränkung, aber ich blicke hier auf jeden Fall positiv in die Zukunft.

Woher kommen denn die Mitglieder der Genossenschaft – und das Publikum?

Schulte Ich habe bei einer Blues-Veranstaltung mit rund 100 Gästen mal nachgefragt, woher diese denn kommen: 46 Prozent waren aus Wermelskirchen, 54 Prozent aus der Umgebung – sogar aus Witten, Bergheim oder Pulheim. Das waren dann auch oft „Wiederholungstäter“, Leute, die gerne wiederkommen. Das Haus und die Genossenschaft haben eine enorme Außen- und Werbewirkung für Wermelskirchen. Zusammen mit der Katt und den Straßenveranstaltungen sind wir ein wesentlicher Bestandteil des kulturellen Lebens in der Stadt. Die Genossenschaftsmitglieder sind zum großen Teil aus Wermelskirchen, es gibt aber auch einige aus dem auswärtigen Umfeld. Wir haben es zwar statistisch nicht erhoben, es dürften aber vielleicht etwa 20 oder 30 Prozent von auswärts sein. Daran kann man auch die hohe Anziehungskraft dieser Einrichtung erkennen.

Inwiefern werden Entscheidungen im Haus Eifgen gemeinschaftlich getroffen?

Schulte Unser Zweck ist ja die Ermöglichung der Kulturarbeit des Vereins KultInWk. Insofern ist die Motivation zur Arbeit und Mithilfe zwischen Vereins- und Genossenschaftsmitgliedern übergreifend. Es gibt größere Schnittmengen. Jede Mitgliedschaft bedeutet eine Stimme, insofern kann jedes Genossenschaftsmitglied theoretisch mitentscheiden. Monatlich gibt es im Verein das Aktiventreffen, an dem immer um die 30 Mitglieder teilnehmen, wirklich beachtlich. Und ansonsten tagen Vorstände und Aufsichtsrat regelmäßig. Es ist ein guter Austausch der unterschiedlichen Gruppen und Mitglieder.

Haben Sie den Weg zur Genossenschaft jemals bereut?

Schulte Ich habe es nicht nur nicht bereut, sondern in der Begegnung mit einer Fülle von so vielen unterschiedlichen Menschen – alt, jung, kreativ, modern, konservativ, handwerklich begabt oder eher verwaltungstechnisch – sehr viel Positives mitgenommen. Als Vorstand ist man einerseits durchaus belastet, aber es ist auch eine sehr erfüllende Tätigkeit. In diesem Kreis zupackender Gleichgesinnter. In Wermelskirchen ist das bürgerschaftliche Miteinander zudem sehr gut ausgeprägt. Das macht unsere „Kleinstadt mit Herz“ so lebens- und liebenswert.

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