Wermelskirchen erinnert an den 80. Jahrestag „Gedenken, Erinnern, Gesicht zeigen“

Wermelskirchen · Die Reichspogromnacht jährt sich am 9. November zum 80. Mal. Mit Andacht, Schweigemarsch, Ausstellung, Theater und Gesprächsrunde wollen Wermelskirchener Aktive den Tag nutzen, einen Kontrapunkt zu setzen.

 Joachim Schulte, Michael Dierks und Jochen Bilstein gehören mit zu den Organisatoren. Am Jahrestag der Reichsprogromnacht werden sie Folienaufkleber, die die neun in Wermelskirchen befindlichen Stolpersteine und Erläuterungen dazu zeigen, auf den Boden des Hauses Eifgen kleben. Foto: Stephan Singer

Joachim Schulte, Michael Dierks und Jochen Bilstein gehören mit zu den Organisatoren. Am Jahrestag der Reichsprogromnacht werden sie Folienaufkleber, die die neun in Wermelskirchen befindlichen Stolpersteine und Erläuterungen dazu zeigen, auf den Boden des Hauses Eifgen kleben. Foto: Stephan Singer

Foto: Stephan Singer

Auf einen Rückblick in die Geschichte wollen sich die Organisatoren nicht beschränken. Vielmehr sollen die gebündelten Aktionen am Freitag, 9. November, dem 80. Jahrestag der Reichspogromnacht, einen Kontrapunkt zur zunehmenden Salonfähigkeit von rechtsradikalen Gesinnungen bilden. Michael Dierks, Vorsitzender der Kulturinitiative Wermelskirchen (Kult-in-Wk), Joachim Schulte (Kult-in-Wk, BGV) sowie der pensionierte Lehrer, Historiker und aktive Mitstreiter bei der Flüchtlingsinitiative „Willkommen in Wermelskirchen“, Jochen Bilstein, stellten das Programm vor. Unter der Überschrift „Gedenken, Erinnern, Gesicht zeigen“ haben sich neben der Evangelischen und Katholischen Kirchengemeinde Wermelskirchen, die Wermelskirchener Abteilung des Bergischen Geschichtsvereins (BGV), dem Verein Bergische Zeitgeschichte (BZG), die Stadtsparkasse Wermelskirchen und Kult-in-Wk zusammengefunden. Eine Andacht auf dem Markt, ein Schweigemarsch vom Markt zum Haus Eifgen und dort eine Text- sowie Fotoausstellung, eine szenische Theaterlesung und eine Gesprächsrunde bilden die Säulen des Abends.

„Alle Beteiligten haben es geschafft, ihre Vorhaben und Ideen zusammenzuführen“, beschreibt Michael Dierks. Die Andacht auf dem Markt mit Pfarrerin Almuth Conrad ist die Fortsetzung der Premiere aus dem Vorjahr, die Tim Philipp, der ein Freiwilliges Soziales Jahr bei der Evangelischen Kirchengemeinde absolvierte, initiierte. „Durch den Schweigemarsch schlagen wir die Brücke vom Markt ins Haus Eifgen“, blickt Dierks auf den 9. November aus. Dort werden Schautafeln und großformatige Ausdrucke an die Zeit des Dritten Reichs in der Region erinnern. Das Material dafür stellte Jochen Bilstein in Kooperation mit dem BGV und dem BZG zusammen. Unter anderem bezeugen historische Fotos, „wie sehr das nationalsozialistische Denken in Wermelskirchen Wurzeln schlug“ (Jochen Bilstein). So zeigt eine Aufnahme einen Nazi-Umzug durch die Kölner Straße, den zahlreiche Schaulustige mit „strammem“ Hiltergruß „salutieren“.

„Wir wollen, dass das Thema an diesem Tag im Haus Eifgen durchweg präsent ist – beim Gang zur Toilette oder beim Holen von Getränken“, erläutert Joachim Schulte das Konzept. Dazu wollen die Organisatoren die Stolperstein-Idee aufgreifen. Mittels Klebefolien werden sie Fotos und dazugehörige Erläuterungen von den neun, in Wermelskirchen vorhandenen Stolpersteinen auf den Boden des Hauses Eifgen verteilen.

Das Stück „Empfänger unbekannt“, eine szenische Lesung des Kammertheaters Rheinland, inszenieren die beiden Schauspieler Wolfgang Müller-Schlesinger und Michael Meierjohann. Die Geschichte aus der Feder der US-Amerikanerin Kathrin Kressmann Taylor stammt aus dem Jahr 1938 und befasst sich in Form eines Briefwechsels zwischen zwei befreundeten Geschäftspartnern mit der damaligen gesellschaftlichen Entwicklung in Deutschland. „Die Nazis haben damals ‚getestet‘, was sie den Deutschen zumuten können. Ähnlich machen es die heutigen Rechtsradikalen auch“, erklärt Jochen Bilstein, der eine frappierende Aktualität sieht.

„Niemand soll schweigsam oder sich hilflos fühlend nach Hause gehen“, betont Michael Dierks. Deshalb schließt eine Gesprächsrunde mit den Schauspielern und Organisatoren den Abend ab.

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