Kommunalpolitik Sichtbaren Aufschwung in Solingen fortsetzen

Solingen · Der SPD-Vorsitzende und Landtagsabgeordnete fordert die weitere Entwicklung des Stärkungspakts Stadtfinanzen.

 Josef Neumann sieht die Solinger SPD als selbstbewussten Teil der Gesamtpartei.

Josef Neumann sieht die Solinger SPD als selbstbewussten Teil der Gesamtpartei.

Foto: Meuter, Peter (pm)

Die SPD ist, bundesweit gesehen, bei den Umfragewerten auch zu Beginn des neuen Jahres nicht unbedingt in einem Höhenflug. Wie schätzen Sie die Situation in Solingen ein?

Neumann Die SPD in Solingen ist ein sehr selbstbewusster Teil der Gesamtpartei. Wir stehen in der Tradition einer starken Arbeiterbewegung. Ein weiterer Teil dieser Tradition ist die Erinnerung an die Verfolgungen und den Widerstand während der Nazizeit und unsere heutige nachhaltige Unterstützung von „Bunt statt Braun“. In diesem Selbstbewusstsein und dieser Tradition verpflichtet, haben wir uns selbstverständlich neu aufgestellt und einen internen Erneuerungsprozess eingeleitet. Zahlreiche – und viele neue – Mitglieder haben sich daran beteiligt und uns neue Impulse gegeben. Kommunalpolitik ist etwas anderes als Bundespolitik; die Menschen in Solingen kennen ihren Oberbürgermeister, ihre Bürgermeister, ihre Abgeordneten sowie ihre Ratsvertreter und wissen sehr genau, wer sich für sie engagiert.

Als nächstes stehen die Wahlen zum Europäischen Parlament an. Welche Chancen rechnen sie sich hier aus? Gehen sie zudem von einer höheren Wahlbeteiligung als bisher auch in der Klingenstadt aus?

Neumann Die SPD steht zu Europa; denn die Europäische Union steht nicht nur seit 60 Jahren für Frieden und Fortschritt, sondern auch für ein Miteinander von Werten und gemeinsamen Chancen. Auch für die Solinger Wirtschaft hat Europa eine zentrale Bedeutung. Natürlich macht auch mir der Zuspruch zu Europaskeptikern und Populisten große Sorgen, aber ich setze in Deutschland auf eine Trendwende.

Im Solinger Stadtrat ist die SPD hinter der CDU die zweitstärkste Kraft. Das kann Sie als Vorsitzender nicht glücklich machen. Was haben sich die Sozialdemokraten für die Kommunalwahl 2020 vorgenommen?

Neumann Natürlich muss es Ziel sein, dass der eigene Oberbürgermeister eine eigene Mehrheit im Stadtrat hat. Aber genauso wichtig ist, dass die demokratischen Kräfte im Stadtrat zusammenarbeiten – und dies nicht nur bei Einzelthemen, sondern auch im Rahmen eines langfristigen Zukunftsprogramms. Wir haben gezeigt, dass wir dafür auch Mehrheiten organisieren können. Es gilt weiterhin: Wenn man seine Hausaufgaben macht und die Stadt nach vorne bringt, wird das auch von den Wählern honoriert. So können wir den sichtbaren Aufschwung für unsere Stadt fortsetzen und dauerhaft absichern. Die SPD kämpft für eine starke, am Gemeinwohl orientierte Daseinsvorsorge - mit kommunalen Stadtwerken und einem kommunalen Klinikum. Dazu gehören auch Wohlfahrtsverbände, Genossenschaften, Stiftungen sowie das zu stärkende Ehrenamt. All diese Themen haben einen hohen Stellenwert in unserer inhaltlichen Arbeit. Jeder Mensch hat den Anspruch auf bezahlbaren Wohnraum, wohnortnahe Pflege, Betreuung und gesundheitliche Versorgung bis ins hohe Alter, auf Kita-Plätze und ein gutes ÖPNV-Angebot.

Bei der Aufstellung des Haushaltes 2019 haben die bürgerlichen Fraktionen den Schulterschluss gesucht und gefunden. Musste die SPD hier Kröten schlucken, damit der Haushalt insgesamt genehmigt werden kann?

Neumann Wir sind mit der deutlich sozialdemokratischen Handschrift im Haushalt sehr zufrieden. Es war frühzeitig klar, dass sich keine der Fraktionen aus der Verantwortung für Solingen stehlen darf. Aber dass dann Ergänzungen und Änderungswünsche mit lautem Getöse als „rote Linien“ verkündet werden, muss man ganz pragmatisch betrachten. Das gehört zum Parteiendiskurs dazu.

Die SPD stellt mit Tim Kurzbach den Oberbürgermeister, der auch für eine erneute Kandidatur zur Verfügung steht. Wann rechnen Sie mit Gegenkandidaten von anderen Parteien?

Neumann Uns ist es sehr wichtig, frühzeitig für Klarheit zu sorgen. Das betrifft sowohl die Aufstellung von Kandidatinnen und Kandidaten bei der Kommunalwahl als auch unser Programm. Letztlich ist das eine Frage der Wertschätzung gegenüber den Wählerinnen und Wählern. Die Kandidatinnen und Kandidaten werden ab Herbst benannt; bis dahin sollten wir mit dem einen oder anderen Personalvorschlag aus allen Parteien rechnen. Unsere Kommunalakademie hat im letzten Jahr begonnen. Damit motivieren wir unsere Mitglieder, aber auch Bürgerinnen und Bürger, sich als Kandidaten bei einer Wahl einzubringen, um auf breiter Basis an den großen Herausforderungen für Solingen, zu denen der Einsatz für Demokratie, der demografische Wandel und die Gestaltung der Digitalisierung gehören, zu arbeiten.

Seit Jahren wird über zu geringe Wahlbeteiligungen diskutiert. Geändert hat sich gleichwohl nicht viel. Welche Vorstellungen haben Sie, damit sich die Beteiligung an Wahlen erhöht?

Neumann Wahlbeteiligung hat vor allem etwas damit zu tun, wie sehr sich die Menschen am politischen Prozess beteiligt fühlen. Wir sind mit unseren Angeboten sehr daran interessiert, Menschen mitzunehmen und wieder für Politik zu begeistern. Deshalb starten wir ab dem Frühjahr mit einem neuen Angebot von Themen orientierten Fachgesprächen, die alle Bürgerinnen und Bürger einbeziehen.

Die Kommunen schimpfen gern auf Land und Bund, wenn zusätzliche Aufgaben auf die Städte ohne Finanzausgleich abgewälzt werden. Wie ist ihre Sichtweise als Landtagsabgeordneter auf diese Problematik?

Neumann Der unter der rot-grünen Landesregierung geschaffene Stärkungspakt Stadtfinanzen ist weiter zu entwickeln und ein vom Bund und Land getragener Altschuldenfonds einzurichten. Grundsätzlich muss das Konnexitätsprinzip gelten; das bedeutet, wer die Musik bestellt, muss diese auch bezahlen.

Hinter einigen großen Solinger Verkehrsprojekten stehen immer noch große Fragezeichen. Beispielsweise die Kreisverkehre am Dickenbusch oder der A 3-Anschluss. Kann die SPD dafür konkrete Lösungen liefern?

Neumann Unsere Ratsfraktion hat in Sachen Dickenbusch einen sehr umfangreichen Fragenkatalog an die Verwaltung geschickt: Die Verkehrsströme in der Innenstadt haben sich durch den Hofgarten offensichtlich nicht so verändert wie vorher befürchtet. Inzwischen ist klar, dass ein Umbau am Dickenbusch in die Millionen geht – und die darf niemand nutzlos verpulvern. Es müssen also aktuelle Fakten her. Der A3-Anschluss hat sich nach dem Umbau bewährt. Ein unrealistischer Schnellstraßen-Neubau dauert Jahrzehnte und hilft erst einmal nicht. Aktuell kommt es darauf an, die vorhandenen Verkehrsanbindungen zu optimieren. Die Zukunft Solingens wird durch die Anbindung an eine moderne und zukunftsfähige Infrastruktur mit entschieden. Jetzt kämpfen wir dafür, dass Solingen diese gute Verkehrsinfrastruktur erhält. Dazu gehört auch, dass Solingen auf keinen Fall vom ICE-Netz abgekoppelt wird und auch der Regionalverkehr in unsere Nachbarstädte gewährleistet ist.

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