Neuer Standort in Solingen gesucht Hundeschule soll Flüchtlingsunterkunft weichen

Solingen · Weil auf dem Gelände an der Nibelungenstraße in Solingen eine Flüchtlingsunterkunft entstehen soll, muss Stefan Denig mit seiner Hundeschule umziehen. Wie genau es für seine Einrichtung weitergeht, ist ungewiss.

Blicken einer ungewissen Zukunft entgegen: Hundetrainerin Désiré Daneva und Hundeschulleiter Stefan Denig.

Blicken einer ungewissen Zukunft entgegen: Hundetrainerin Désiré Daneva und Hundeschulleiter Stefan Denig.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Ein lautes Räuspern, und Odin, Bruno und ihre Gefährten geben Ruhe. „Das ist eine gewachsene Gruppe“, sagt Stefan Denig, Betreiber der gleichnamigen Hundeschule, während seine vierbeinigen Schützlinge einige Meter unterhalb der Terrasse auf dem von Bäumen eingerahmten Platz herumtollen.

1997, nach einem Studium der Tierpsychologie, gründete der Sozialpädagoge Denig seine Hundeschule. Zunächst in der Kohlfurth beheimatet zog die Einrichtung im Jahr 2005 an ihren derzeitigen Standort an der Nibelungenstraße in Gräfrath. „Anfangs mussten wir im Wohngebiet viele Gespräche führen“, berichtet Denig. Aber man sorge dafür, dass sich das Gebell in Grenzen halte. Dabei hat die Adresse durchaus Tradition im Umgang mit Hunden: Der Boxerclub war hier zuhause und vermittelte den Kontakt.

3600 Quadratmeter stehen Denig zur Verfügung. 20 Hunde kann er im Rahmen der 2019 eröffneten Hundetagesstätte den Tag über betreuen. Dazu kommen die Schulungen für die Halter. Wie es mit all dem in Zukunft weitergeht, ist ungewiss: Denn das Gelände ist im Besitz der Stadt. Und die will dort bis 2024 ein Holzhaus errichten, in dem Flüchtlinge unterkommen sollen – ebenso wie an der Neuenkamper Straße in Höhscheid.

Geplant war das eigentlich schon auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015/16. „Damals mussten wir schon einmal umziehen“, berichtet Denig. Und angesichs von vier Wochen Kündigungsfrist war Eile geboten. Für drei Jahre kam er beim Verein für Deutsche Schäferhunde in Ohligs unter. Dann durfte Denig mit seiner Hundeschule wieder zurück. Denn von acht Standorten, die auf einer Liste für Flüchtlingsunterkünfte gestanden hatten, brauchte die Stadt am Ende nur zwei – und die Nibelungenstraße war nicht darunter.

Dann kam bekanntlich der Krieg in der Ukraine, die Anzahl der Schutzsuchenden – auch aus anderen Ländern – ist wieder gestiegen, und die Unterbringungsmöglichkeiten werden knapp. So kamen die Pläne für die Holzhäuser wieder aus der Schublade – mit Zustimmung des Rates. Und so muss die Hundeschule erneut umziehen.

Von der Stadt habe man die Aussage, dass der Bau des Holzhauses im August oder September starten solle, berichtet Denig. Als alternativen Standort für die Zukunft habe die Verwaltung ihm eine Fläche im Dycker Feld angeboten. Die sei zwar kleiner als bisher, „das würde jedoch reichen“, betont Denig. Auch an Parkplätzen mangele es nicht. Aber es gibt auch gewichtige Gegenargumente: „Dort gibt es kein Wasser und keinen Strom“, bemängelt Denig. Zudem sei die Fläche ein „ziemliches Dickicht“. Unter anderem die giftige Herkulesstaude wachse dort. Den genauen Standort bestätigt die Stadt auf Nachfrage noch nicht. Aus der Verwaltung heißt es lediglich, man habe dem Betreiber ein alternatives Gelände angeboten. Dazu liefen „aussichtsreiche Gespräche“.

Ein vierköpfiges Team ist für die Hundeschule und -tagesstätte im Einsatz: Der Betreuungsbedarf sei groß, berichtet Denig – zumal sich in der Corona-Zeit mehr Menschen einen Hund angeschafft hätten. Entsprechend gefragt seien auch die Schulungen: „Hunde werden oft vermenschlicht“, benennt Denig einen häufigen Fehler im Umgang mit den Tieren. Ein weiteres Problem sei, dass die Haustiere überdies viele ihrer klassischen Rollen – als Hüte- oder Wachhund – nicht mehr in dem Maße ausüben könnten wie früher: „Sie sind es gewohnt zu helfen, haben aber keine Aufgabe mehr.“

Gegen die Bauvorhaben an Nibelungenstraße und Neuenkamper Straße laufen aktuell noch Klagen von Anwohnern. Ordnungsdezernent Jan Welzel äußerte sich zuletzt jedoch zuversichtlich, dass die Stadt eine Baugenehmigung durchsetzen könne. Dass die Pläne am Ende wieder nicht umgesetzt werden, erwartet bei der Hundeschule ohnehin niemand: „Das wäre ja keine zuverlässige Perspektive“, sagt Denig. „Und wenn die nächste Fluchtwelle kommt, müssten wir sowieso wieder bangen“, ergänzt Hundetrainerin Désiré Daneva.

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