Ansichtssache in Remscheid Leben im Risikogebiet

Meinung | Remscheid · Offensichtlich haben viele die Infektionsgefahr unterschätzt, die durch die Reiserückkehrer aus dem Balkan und der Türkei entsteht.

  CHRISTIAN  PEISELER

CHRISTIAN PEISELER

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Auf das Lebensgefühl, Bewohner eines Risikogebietes zu sein, lässt sich gut verzichten. Remscheid hat es voll erwischt. Ist das Zufall? Ist das Pech? Die Fragen lassen sich nicht leicht beantworten. In jedem Fall ist es sehr ärgerlich.

Auch für diejenigen, die in den nächsten Tagen und Wochen einen Hotelbesuch geplant haben. Mit einem 7-Tage-Inzidenz-Wert von über 50 in ihrer Stadt können die Remscheider die Koffer gleich wieder auspacken. Kein Hotel darf sie aufnehmen. Manche Bundesländern erlauben eine Übernachtung, wenn ein Corona-Test vorliegt, der 48 Stunden vor der Anreise stattfand. Die Hausärzte können aber nicht zusichern, dass die Ergebnisse nach zwei Tagen vorliegen. Also Pech gehabt?

Das Gesundheitsamt hat keinen Hotspot festgestellt. Eine Hochzeit mit 200 Personen hat es nicht gegeben. Es handelt sich vielmehr um eine Häufung von Einzelfällen. Allerdings fällt auf, dass die Albert-Einstein-Gesamtschule nicht in der Lage ist, die Zahl der Infektionen unter Kontrolle zu bringen. Seit Ende der Sommerferien meldet die Schule im Wochentakt Corona-Alarm. Ihre Klientel weist einen hohen Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund auf. Offensichtlich haben viele die Gefahr unterschätzt, die durch die Reiserückkehrer aus dem Balkan und der Türkei entsteht.

Es wäre aber ein Fehler, bestimmten Bevölkerungsgruppen die Schuld zuzuweisen. Das schafft nur böses Blut und löst keine Probleme. Aber eines muss klar sein: In Corona-Zeiten haben die Hygieneregeln Vorrang vor allen kulturellen Gepflogenheiten und Traditionen. Die Stadt verteilt Informationen über Corona nun in Moscheen und Teestuben. Das scheint geboten, ist aber ein Zeichen dafür, dass große Mängel bei der Integration vorliegen. Die Schließung der Albert-Einstein-Gesamtschule bis zu den Herbstferien bedeutet für alle berufstätigen Eltern enormen Stress. Verständlich, dass manche verzweifeln. Und wertvolle Zeit schulischer Bildung geht verloren, auch wenn das digitale Klassenzimmer wieder geöffnet hat.

Das Schlimmste, was Remscheid passieren kann, wenn die Lage außer Kontrolle gerät. Schon heute haben die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes Mühe, die Infektionsketten nachzuverfolgen. Die Disziplin aller entscheidet, ob Remscheid Risikogebiet bleibt.

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