Stadtarchiv in Radevormwald Familienforschung ist beliebt wie nie

Radevormwald · Jede zweite Anfrage, mit der Rades Stadtarchivarin zu tun hat, betrifft die Genealogie. Neue Gesetze und das Internet haben die Suche nach den Vorfahren einfacher und lohnender gemacht.

 Je weiter zurück in die Vergangenheit, desto magerer sind in vielen Familien die Informationen über die Familiengeschichte. Wer mehr wissen möchte, findet im örtlichen Stadtarchiv erste Informationen. Zudem sind die Archive in Deutschland gut vernetzt.

Je weiter zurück in die Vergangenheit, desto magerer sind in vielen Familien die Informationen über die Familiengeschichte. Wer mehr wissen möchte, findet im örtlichen Stadtarchiv erste Informationen. Zudem sind die Archive in Deutschland gut vernetzt.

Foto: kn/k.n.

Wo stamme ich her? Was für Menschen waren meine Vorfahren? Habe ich vielleicht einen berühmten Urahnen? Diese Fragen hat sich jeder Mensch schon einmal gestellt. Manche möchten konkrete Antworten darauf haben und beginnen, die Geschichte ihrer Vorfahren zu erforschen. Zwar wissen die Meisten noch etwas über die Urgroßeltern, doch geht es weiter in die Vergangenheit, verschwinden die Generationen allmählich im Nebel der Erinnerung.

Erste Adresse für alle, die ihre Familiengeschichte weiter zurück verfolgen möchten, sind die Stadtarchive. Iris Kausemann ist die Leiterin des Archivs der Stadt Radevormwald. Sie hat häufig mit Anfragen von Menschen zu tun, die sich mit Genealogie, wie Familienforschung wissenschaftlich heißt, beschäftigten. „Ich möchte sagen, etwa die Hälfte aller Anfragen an unser Archiv betreffen die Suche nach Vorfahren“, sagt Kausemann. Vor einigen Jahrzehnten  habe die Ahnenforschung noch unter dem schlechten Ruf gelitten, den sie durch die Nazis bekommen hatte: „Die Menschen mussten bekanntlich nachweisen, dass sie ,arische’ Vorfahren hatten.“ Kein Wunder, dass viele Deutsche nach dem Zweiten Weltkrieg die Ahnenforschung unter diesem trüben Blickwinkel sahen.

Iris Kausemann kennt sich mit dem Thema gut aus. Während ihrer Zeit als Mitarbeiterin des Historischen Archivs der Stadt Köln rief sie dort das Team „Biografische Recherche“ ins Leben. Denn Familienforschung ist in den vergangenen Jahren beliebter geworden. Das hat zwei Gründe: Erstens bietet das Internet ganz neue Möglichkeiten, auf der Suche nach Ahnherr und Ahnfrau zu gehen. Zweitens hat im Jahr 2009 eine Änderung des Personenstandsgesetzes den Weg frei gemacht für eine umfänglichere Ahnenforschung. „Vorher durften die Dokumente nur von Personen eingesehen werden, die direkt mit den Verstorbenen verwandt sind“, erläutert Kausemann. Nun jedoch kann mit den Archivalien weitaus freier umgegangen werden.

Die Rader Archivarin rät jenen, die gerne mit der Erforschung ihrer Familiengeschichte beginnen möchten, nicht gleich auf jedes Angebot ins Internet einzugehen, wo am Ende Gebühren anfallen. „Im Stadtarchiv selber zu forschen, kostet nichts. Erst wenn ich als Archivarin einen Auftrag erhalte, Nachforschungen durchzuführen, fallen Gebühren an.“ Solche Aufträge würden beispielsweise erteilt, wenn es gilt einen Erben zu ermitteln. Ansonsten können private Genealogen heute oft bequem von daheim mit der Recherche beginnen. Denn mehr und mehr werden die alten Dokumente digitalisiert und können im Internet eingesehen werden. Einen guten Ruf unter Familienforschern hat die Archivaliensammlung der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“, besser bekannt als die Mormonen. Milliarden von Daten aus Kirchenbüchern sind dort gesammelt, und zwar aus einem Grund, der Nicht-Mormonen etwas bizarr vorkommen mag: Die Urahnen können im Nachhinein die Taufe erhalten und so Mitglied der Mormomen-Gemeinde werden – schließlich soll die Familie im Jenseits komplett versammelt sein.

Natürlich gibt es keine Garantie, dass das, was man über die eigenen Vorfahren herausfindet, immer angenehm ist. „In einem Fall stellte der Kunde fest, dass ein Familienmitglied um 1850 wegen Falschmünzerei vor Gericht musste.“ Nachdem der kriminelle Vorfahre seine Gefängnisstrafe verbüßt hatte, wanderte er nach Amerika aus. Auch solche Verbindungen über Ozeane hinweg sind im Archiv dokumentiert. „In der bergischen Region sind viele Menschen auch aus religiösen Gründen nach den USA ausgewandert.“ Und so kommt es immer wieder vor, dass Besucher aus den Vereinigten Staaten in Rade nach ihren Vorfahren fragen.

Wer seine Familiengeschichte weiter zurück, bis in die Zeit des Barock oder gar des Mittelalters verfolgen möchte, muss freilich über das Angebot des Rader Stadtarchivs hinausgehen. „Bei uns reichen die archivierten Daten zurück bis 1811“, sagt Iris Kausemann.

 Iris Kausemann ist seit Beginn dieses Jahres die neue Stadtarchivarin von Radevormald.

Iris Kausemann ist seit Beginn dieses Jahres die neue Stadtarchivarin von Radevormald.

Foto: Wolfgang Weitzdörfer
 Dezennaltabellen wie diese sind eine wichtige Quelle.

Dezennaltabellen wie diese sind eine wichtige Quelle.

Foto: Stefan Gilsbach

Ihr mache es große Freude, Menschen bei der Reise in die Geschichte der Urahnen zu helfen. „Mit gefällt diese detektivische Arbeit“, sagt sie. Die Geschichte ihrer eigenen Familie habe sie allerdings noch nicht zurückverfolgt. „Ehrlich gesagt, hat mich das bislang nicht interessiert.“

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