Vorwurf des versuchten Totschlags Skurrile Momente in einem ernsten Prozess

Radevormwald/Köln · Am dritten Verhandlungstag gegen einen 39-Jährigen wegen versuchten Totschlags sagte dessen guter Freund aus. Die Richter hatten teilweise Mühe, konkrete Informationen aus dem Mund des Zeugen zu erhalten.

 Der Prozess wird am kommenden Dienstag fortgesetzt.

Der Prozess wird am kommenden Dienstag fortgesetzt.

Foto: dpa/Uli Deck

Hatte es am zweiten Tag im Prozess vorm Landgericht Köln gegen einen 39-jährigen Radevormwalder wegen des versuchten Totschlags an seinem Bruder noch Tränen gegeben, wirkte die Aussage eines 41-jährigen Hückeswageners beinahe skurril. Der Mann ist nach eigenen Aussagen „ein guter Freund“ des Angeklagten, kenne ihn seit etwa 17 Jahren. „Er ist der Patenonkel meines Sohnes“, sagte der 41-Jährige.

So wirklich viel wusste der Zeuge dann allerdings auch wieder nicht, sehr oft musste er sagen: „Oh, das weiß ich wirklich nicht mehr“ oder „Keine Ahnung“. So oft, dass die beisitzende Richterin schließlich leicht entnervt sagte: „Es wäre wirklich schön, wenn Sie sich jetzt mal entscheiden könnten, ob Sie jetzt engen Kontakt zu dem Angeklagten und seiner Familie hatten oder eben nicht.“

Konkrete Angaben machte er allerdings zum Alkoholkonsum des Angeklagten. Der 39-Jährige soll nach eigenen Angaben unter schwerstem Alkoholeinfluss gestanden habe, als er seinen Bruder mit dem BMW des Onkels im Dezember des Vorjahres überfahren hatte. „Er hat viel getrunken, viel mehr als ich. Wenn wir zwei Flaschen Wodka gemeinsam getrunken haben, hat er anderthalb Flaschen getrunken und ich vielleicht eine halbe“, sagte der Zeuge. Der Angeklagte habe sich allerdings beim gemeinsamen Trinken „nie zum Affen gemacht“, wie der 41-Jährige es ausdrückte. Aber er habe dennoch auch von Szenen gehört, in denen er eskaliert sei.

Zur Tatnacht konnte er erst auf geduldiges Nachfragen der Vorsitzenden Richterin genauere Angaben machen. „Zwei Wochen vorher ist meine Mutter an Corona gestorben, deswegen weiß ich da nicht mehr viel. Wenn die eigene Mutter stirbt, ist einem alles andere egal“, sagte er.

Schließlich konnte allerdings geklärt werden, dass er sowohl von dem später überfahrenen Bruder als auch vom Angeklagten angerufen worden war. Der Angeklagte sei „komplett besoffen“ gewesen. „Der hat nur unzusammenhängendes Zeug gesagt.“ Der andere Bruder habe ihm am Telefon aufgeregt mitgeteilt, dass der Angeklagte bei ihm sei und randaliere. Daraufhin sei er nach Radevormwald zum Haus des Bruders gefahren. „Dort war aber niemand. Ich habe dann herausgefunden, dass die beiden mittlerweile in Dahlhausen waren und bin dort hingefahren – da waren allerdings schon die Polizei und Rettungswagen“, sagte der 41-Jährige. „Das Auto lag auf dem Dach im Wasser, er wurde irgendwie herausgeschnitten – und stieg dann über so eine kleine Metallleiter aus dem Uelfebach.“

An dieser Stelle tauschten Zeuge und Angeklagter Blicke und brachen in kurzes Gelächter aus – ein befremdlicher Moment in dem Prozess, der am Dienstag fortgesetzt wird.

(wow)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort