Forschungsvolontariat in Neuss Auf den Spuren von Anatol

Neuss · Jana Crone hat im Januar ihr Forschungsvolontariat bei der Stiftung Insel Hombroich begonnen: Zwei Jahre lang wird sie sich mit dem umfangreichen Nachlass des Künstlers auseinandersetzen. Schon jetzt hat sie Spannendes entdeckt.

 Jana Crone sichtet zum einen Anatols Werke, aber auch Fotos, Zeitungsartikel, Korrespondenzen, Skizzenbücher und mehr. „Die Arbeit ist sehr vielseitig“, erzählt die 28-Jährige.

Jana Crone sichtet zum einen Anatols Werke, aber auch Fotos, Zeitungsartikel, Korrespondenzen, Skizzenbücher und mehr. „Die Arbeit ist sehr vielseitig“, erzählt die 28-Jährige.

Foto: Susanne Dobler

Wer an Anatol denkt, dem kommen gleich seine Skulpturen in den Sinn: Seine Wächter zum Beispiel, die in verschiedenen Städten zu sehen sind, oder auch das „Parlament“, ein riesiger Stuhlkreis, den er 1991 auf der Museumsinsel Hombroich aufgestellt hat. Umso überraschter war Jana Crone, als sie in den Archiven auf Anatols frühe Arbeiten stieß: „Die hier stammen noch aus seiner Studienzeit“, sagt sie und deutet auf drei filigrane Zeichnungen, die verschiedene Menschen mit abstrakt gehaltener Anatomie zeigen – pastellfarbene Akzente runden das Werk ab.

„Ich war überrascht, weil diese Zeichnungen ganz anders sind als Anatols spätere Werke“, erzählt Jana Crone, die im Januar ihr Forschungsvolontariat bei der Stiftung Museumsinsel Hombroich begonnen hat. Insgesamt zwei Jahre lang wird sich die 28-Jährige mit dem Nachlass von Anatol befassen: „Dazu gehören schätzungsweise 700 Arbeiten auf Holz, 400 auf Pappe und 350 auf Papier“, erzählt die Volontärin, außerdem wird sie seine Steinarbeiten, die Zeitungsartikel, Fotos, Filme und Korrespondenzen sichten. Exemplarisch hat sie einige Archivfotos herausgesucht, die Anatols berühmte Heimholung von Joseph Beuys über den Rhein zeigen.

Doch wie nähert man sich solch einem umfassenden Material an? „In den ersten Wochen habe ich erst einmal viele Gespräche mit den Menschen vor Ort geführt“, sagt Crone, „mir war es wichtig, Anatol im Kontext zu sehen, man kann ihn nicht isoliert betrachten.“ Und immerhin hat der Beuys-Schüler und Polizist die Museumsinsel entscheidend geprägt: Er ist nicht nur eine ihrer Gründerfiguren, sondern hatte dort auch sein Atelier, in dem er bis zu seinem Tode fast täglich gearbeitet hat. „Viele Menschen berichten von ihren Erlebnissen mit Anatol, er hat immer viel Wert auf den Austausch gelegt“, sagt Crone. Entdeckt habe sie außerdem Arbeiten aus der Zeit, als er die „Freie Akademie Oldenburg“ gegründet hat.

Crone zeigt auf ein weiteres Dokument: „Hier sieht man die Signatur Anatol-Heico, Anatol hat sie genutzt, um an seinen Sohn, der mit 17 Jahren bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen ist, zu erinnern“, sagt Crone. Eine weitere besondere Entdeckung ist Anatols Skizzenbuch, das Zeichnungen der Wächter und offenbar auch von seinem Ateliergebäude enthält. „Man denkt ja immer, Anatol habe alles intuitiv gemacht, aber offensichtlich hat er doch etwas geplant“, sagt Crone, während sie durch das Buch blättert. „Irgendwann hat man das Gefühl, man kennt die Person ein bisschen, es ist aber auch viel Respekt dabei, mit dem ich mich ihm annähere.“

Bei ihren Nachforschungen bekommt die Volontärin auch vor Ort Unterstützung: Filine Wagner, Leiterin der Archive der Stiftung, und die wissenschaftliche Mitarbeiterin Raphaela Eggers stehen ihr mit Rat und Tat zur Seite. Darüber hinaus steht Crone im Austausch mit der Sammlungskuratorin des Museums Kurhaus in Kleve, Valentina Vlašić, und mit dem Professor für Kunstgeschichte an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, Timo Skrandies.

All das gehört zu dem Forschungsvolontariat, das vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen als eines von 29 finanziert wird: Für die Stiftung Hombroich ist die Forschungsmöglichkeit ein Gewinn. Auch mit ihrer Vorgängerin, die Teil der ersten Volontariatsrunde des Landes war, hätten sie gute Erfahrungen gemacht. Sie habe sich mit dem niederländischen Künstler Bart van der Leck beschäftigt, zu dem es ab Mai eine Ausstellung geben wird.

Wie Jana Crone ihre Forschungen am Ende des Volontariats präsentieren wird, weiß sie noch nicht: „Die Herangehensweise ist ergebnisoffen“, erklärt die 28-Jährige. Sie können sich jedoch gut vorstellen, dass sie eine biografische Richtung einschlagen wird. „Damit würde sie eine Lücke in der Textlandschaft zu Anatol schließen“, sagt Pressesprecherin Eva Knels.

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