Wirtschaft in Neuss Hütten-Aus bei Speira dominiert Wirtschaftsausschuss
Neuss · Es standen elf Tagesordnungspunkte auf dem Plan, aber ein Thema hat klar dominiert; Am Mittwoch tagte der Ausschuss für Strukturwandel, Wirtschaft und Beschäftigung (ASWB)

ALUMINIUMERZEUGUNG: Das Rheinwerk, Deutschlands größte Aluminiumhütte, läuft seit dreieinhalb Jahren wegen ungewisser künftiger Rahmenbedingungen nur im Notbetrieb mit einer Leistung 50.000 statt maximal 230.000 Tonnen in Jahr. Nun verspricht die Politik, die angespannte Lage der energieintensiven Betriebe zu erleichtern - und Hydro plant, die Hütte wieder hochzufahren. (Foto: Thomas Ernsting)
Foto: Thomas ErnstingIm Mittelpunkt stand das Aus der Aluminiumhütte von Speira. Geschäftsführer Volker Backs und Betriebsratsvorsitzender Rolf Langhard wurden kurzfristig in den Ausschuss eingeladen und konnten ihre Sicht auf das bevorstehende Herunterfahren der Hütte schildern, wie der Ausschussvorsitzende Jan-Philipp Büchler im Nachgang berichtet.
Besonders auffällig sei für ihn gewesen, wie einmütig Betriebsrat und Geschäftsführung aufgetreten seien. „Sie standen wirklich Seite an Seite und haben – jeweils aus ihrer Perspektive – mit einer Stimme gesprochen“, so Büchler. Die ungewöhnliche Situation machte Betriebsratsvorsitzender Rolf Langhard selbst zum Thema. Vor 20 Jahren hätten die Mitarbeiter vor den Werkstoren „mit Fackeln“ gegen die Geschäftsführung und für bessere Arbeitsbedingungen gekämpft, heute dagegen kämpften sie gemeinsam. Auch wenn die Entscheidung der vergangenen Woche, die Aluminiumproduktion auslaufen zu lassen, nicht das Ende des Standorts bedeute, sei doch das „Ende der Hütte“ für die Belegschaft äußerst einschneidend.
Bei den rund 300 Mitarbeitern, die von dem Aus betroffen sein werden, handele es sich um gut ausgebildete Fachkräfte, die auch eine wichtige Basis für die Kaufkraft in der Region darstellten. Im schlimmsten Fall gingen sie „gut ausgebildet in die Arbeitslosigkeit“, so Langhard vor dem Ausschuss. So ginge Produktionsknowhow in einem Bereich verloren, in dem Speira bisher Weltmarktführer war. In diesem Zusammenhang wies Langhard im Ausschuss, in dem laut Büchler eine „ungeheuer konzentrierte Stimmung“ herrschte, auf einen besonders bitteren Aspekt hin. Primäraluminium werde in jedem Fall benötigt, wenn es nun woanders hergestellt und eingekauft wird, womöglich mit Schiffen, die mit Schweröl laufen, „schaden wir dem Klima und riskieren hier den sozialen Frieden.“
Geschäftsführer Volker Backs lenkte den Blick auf die Berliner Politik und die aus seiner Sicht „asynchrone Energiepolitik“ der Bundesregierung, die er als Fehler und als schädigend für energieintensive Unternehmen ansieht. „Die größte Sorge“, das sei deutlich geworden, so Jan-Philipp Büchler, „aller Beteiligten ist, dass das Hütten-Aus von Speira zur Blaupause für weitere Unternehmen werde.“