Kampfmittel in Mönchengladbach Die Suche nach Bomben und Granaten

Mönchengladbach · Allein im Jahr 2018 wurden in Mönchengladbach drei Bomben entschärft – in ganz NRW waren es Hunderte. Wie viele liegen noch unentdeckt im Stadtgebiet? Sind sie gefährlich? Und wie wird nach ihnen gesucht? Ein Überblick.

 Die Fundstelle der Bombe in Mönchengladbach an der Ecke Steinmetzstraße/Bismarkstraße.

Die Fundstelle der Bombe in Mönchengladbach an der Ecke Steinmetzstraße/Bismarkstraße.

Foto: Reichartz,Hans-Peter(hpr), Reich/Reichartz,Hans-Peter (hpr)

Auf der Baustelle an der Steinmetzstraße nahe der Bismarckstraße wird nach der Bombenentschärfung vom Montag weiter nach Bomben und anderen Kampfmitteln gesucht. Routine, sagt die Stadt. Wir haben Fragen und Antworten zum Thema Weltkriegsbomben und Co. in Mönchengladbach gesammelt.

Gibt es solche Sondierungen häufiger? Ja, und zwar permanent. Jeder, der in einem ehemaligen Bombenabwurfgebiet bauen will – laut Stadt betrifft das zum Beispiel fast alle Grundstücke in den Innenstädten von Mönchengladbach und Rheydt – muss das Grundstück vor Baubeginn durch einen Kampfmittelräumdienst sondieren lassen. Allein im Jahr 2017 wurden beim Ordnungsamt der Stadt 342 Anträge auf Luftbildauswertung eingereicht. Die Bezirksregierung Düsseldorf wertet dann alte Fotos aus, die die Alliierten während des Zweiten Weltkriegs aufgenommen hatten. Bei 79 Vorgängen ergab die Auswertung 2017 einen Verdacht auf Kampfmittel, in elf Fällen lag tatsächlich ein Kampfmittelfund vor – auch 2018 gab es bereits acht solcher Funde in der Stadt. Dabei handelt es sich nicht immer direkt um eine Bombe mit einem Gewicht von 250 Kilogramm oder mehr. Manchmal werden auch Granaten oder Munition entdeckt.

Wann muss denn im Boden nach Kampfmitteln gesucht werden? Immer dann, wenn irgendwer irgendetwas bauen will, muss ein Antrag auf Luftbildauswertung gestellt werden. Das geht vom Carport über den Wintergarten bis hin zum Mehrfamilienhaus. Wenn ein Bauantrag gestellt wird, werden automatisch die Luftbilder der Alliierten mit Bombenabwurfgebieten durch den Kampfmittelbeseitigungsdienst der Bezirksregierung ausgewertet. Je nach Ergebnis der Auswertungen sind weitere Maßnahmen möglich, etwa Überprüfungen oder Hinweise, worauf bei den Bauarbeiten zu achten ist. Oft muss dann ein Kampfmittelräumdienst den Boden sondieren.

 Dirk Putzer entschärfte die Bombe in Mönchengladbach

Dirk Putzer entschärfte die Bombe in Mönchengladbach

Foto: Milena Reimann

Wie funktioniert die Suche nach Kampfmitteln? Dafür werden Bilder gemacht, im Zweifel auch mit Verdachtsbohrungen im Boden gesucht. An der Steinmetzstraße, wo am Freitag die Bombe gefunden wurde, war ein entsprechendes Unternehmen auch schon seit einer Woche auf der Suche nach Kampfmittelresten. Solche Suchen sind oft auch kompliziert: Die Kreisbau AG etwa musste mit dem Bau des Studentenwohnheims am Rheydter Ring lange auf den Beginn der Bauarbeiten warten, bis klar war, dass der Boden ungefährlich ist. Und an der Heinrich-Lersch-Straße, wo die NEW den Kanal saniert, ruhte die Baustelle in diesem Jahr über Monate, weil das ausführende Bauunternehmen mehr als 200 Sondierungsbohrungen veranlasste, deren Ergebnisse ausgewertet werden mussten. Die NEW, die wohl für die meisten Baustellen im Stadtgebiet verantwortlich ist, verzeichnet eine deutliche Zunahme an Kampfmittelsondierungen: „Die Tendenz ist, dass es inzwischen bei fast jeder Baustelle vorab Kampfmittelsondierungen geben muss“, sagt Unternehmenssprecherin Daniela Veugelers.

Wie häufig kommen Entschärfungen wie am Montag vor? In Mönchengladbach war die Bombenentschärfung an der Steinmetzstraße bereits die dritte in diesem Jahr. Zuvor war im Juni eine Bombe am Tippweg sowie im April auf dem JHQ-Gelände gefunden und entschärft worden. Im gesamten Regierungsbezirk Düsseldorf wurden 2017 insgesamt 316 Bomben gefunden und entschärft.

Wie viele Weltkriegsbomben liegen noch in Mönchengladbach im Boden? Das kann niemand genau sagen. Im Zweiten Weltkrieg wurden laut Bezirksregierung insgesamt etwa 2,7 Mio. Tonnen abgeworfen (inklusive aller Brand- und sonstiger Munition), davon etwa die Hälfte auf deutsches Reichsgebiet und davon nochmals knapp die Hälfte auf NRW – also rund 675.000 Kilogramm. Nicht wenig davon wurde auf Gladbach und Rheydt abgeworfen – ein Großteil der Städte wurden damals durch Bomben zerstört.

Können die vergrabenen Bomben explodieren? Solange die Weltkriegsbomben unter der Erde sind und nicht bewegt werden, besteht laut Bezirksregierung Düsseldorf keine Gefahr.

Wem gehört eigentlich das Grundstück, auf dem die Bombe gefunden wurde? Eigentümer ist die Vincero Holding mit Sitz in Aachen, die dem gebürtigen Mönchengladbacher Theo Lieven gehört. Das Unternehmen investiert in Immobilien und baut an der Stelle ein Bürohaus mit Namen „Stonecutter Offices“ – in Anlehnung an die Adresse Steinmetzstraße. Neben Handels- und Gastronomieflächen im Erdgeschoss wird es Büros und rund 80 Parkplätze geben. Insgesamt entstehen 3300 Quadratmeter Büro- und Gewerbeflächen. Lieven meldete sich am Montag in unserer Redaktion und bedauerte die „Unannehmlichkeiten, die vielen Menschen entstanden sind“, auch wenn sein Unternehmen nichts dafür könne. „Wir wollen den beiden Altenheimen, die evakuiert werden mussten, eine Spende für eine Weihnachtsfeier zukommen lassen, damit sie nicht böse auf uns sind“, sagte Lieven.

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