Märkte in Mönchengladbach Auf dem Eickener Wochenmarkt herrscht Gelassenheit

Mönchengladbach · Der Wochenmarkt ist nur etwas für Traditionalisten? Keineswegs. In letzter Zeit entdecken immer mehr Menschen das Angebot auf dem Marktplatz. Wir haben uns vor Ort umgehört, was unsere Märkte besonders macht. Heute auf dem Markt in Eicken.

 Die Besucher winken sich vom Ende der Schlange zum Anfang zu.

Die Besucher winken sich vom Ende der Schlange zum Anfang zu.

Foto: bauch, jana (jaba)

Es ist Freitagmorgen, die Maskenpflicht ist noch nicht in Kraft getreten. Um 10.30 Uhr ist der Platz, wo sich Eickener und Badenstraße treffen, rappelvoll. Lange Schlangen, die sich zwischen den geparkten Autos hindurchwinden, Beschicker, die mit lauten Rufen ihre Produkte anpreisen, 15 Minuten Wartezeit für ein Brot. Gelächter schallt über den Platz in Eicken, jemand weist einem ob der vielen Menschen verwirrt dreinschauenden Besucher mit ausgestrecktem Arm den Weg: „Das Ende der Schlange ist da hinten.“ Erstaunte Blicke, aber die Leute nehmen es gelassen.

„Wenn ich frei habe, kaufe ich immer hier ein“, sagt eine Besucherin, die ihren Namen aber nicht in der Zeitung lesen möchte, und verstaut ihre Einkäufe in ihrem Fahrradkorb. Sie will heute Hähnchen mit Kräutern grillen. „Die Produkte hier sind super frisch. Ich weiß, was ich bekomme und wohne auch noch in der Nähe.“ Daher komme ein anderer Markt für sie gar nicht erst in Frage.

Seit zwölf Jahren ist die 45-Jährige Stammkundin der Eickener Beschicker. „Damals habe ich meine kleine Tochter immer mitgenommen. So bekommt man Kinder dazu, Gemüse zu essen: Wenn sie es selbst aussuchen dürfen“, berichtet sie und lächelt. Und dazu gibt der Eickener Markt schließlich gleich zweimal pro Woche die Gelegenheit. Außer freitags stehen einige Händler auch mittwochs mit ihren Wagen parat, um die Anwohner mit Lebensmitteln von Hof und Feld zu versorgen.

 Als treue Stammkundin ist Gisela Bongartz schon seit vielen Jahren auf dem Eickener Wochenmarkt unterwegs.

Als treue Stammkundin ist Gisela Bongartz schon seit vielen Jahren auf dem Eickener Wochenmarkt unterwegs.

Foto: bauch, jana (jaba)

Ein dickes Stück Fleisch für den Grill gibt es bei Lothar Clemens. Er ist seit 20 Jahren unter den Beschickern in Eicken. „Das hier ist ein netter kleiner Markt“, sagt er. „Klein, aber fein“, fügt Clemens hinzu. Ihm gefällt vor allem, dass die Kunden alle sehr entspannt sind. „Die Sachen verkaufen sich gut und es wird nur ganz selten hektisch.“ Trotz der anstrengenden Zeit und der Verunsicherung in Sachen Corona blieben die Kunden geduldig und höflich, berichtet der Inhaber der Fleischerei.

Besonders viel Anklang fänden aktuell Grillprodukte und Bauchschinken, der oft zum Spargel vom Nachbarstand in den Einkaufskorb wandert. „Die Krise bringt noch mehr Gelassenheit, die Menschen achten aufeinander und viele haben auch mehr Zeit“, schildert Clemens seine Beobachtungen. Sein Tipp für die sonnigen Tage: Kalbsbratwurst mit Bärlauch. „Die Bärlauchzeit ist ja in wenigen Wochen vorbei und das passt super zu Spargel.“

 Seit 52 Jahren auf dem Markt dabei: Wolfgang Beyertz.

Seit 52 Jahren auf dem Markt dabei: Wolfgang Beyertz.

Foto: bauch, jana (jaba)

Bei Gisela Bongartz gibt es heute Sauerkraut mit Kassler und Kartoffelpürree. Letztere holt sie gerade noch frisch vom Markt. Trotz der langen Wartezeiten stellt sie sich an jedem Stand geduldig an und beobachtet währenddessen das geschäftige Treiben auf dem Platz. „Ich bin da ganz entspannt“, sagt sie. „Uns geht es so gut in Deutschland, auch während der Corona-Zeit, da nehme ich das gern in Kauf.“

Die 68-Jährige ist Stammkundin auf dem Freitagsmarkt. „Der Markt hier ist schön klein und übersichtlich im Vergleich zu dem in der Stadt“, erklärt Bongartz. Am liebsten mag sie die Kartoffeln und das Brot. „Das sind unsere persönlichen Highlights.“ Endlich ist die Wartezeit vorbei, Gisela Bongartz ist an der Reihe. Eigentlich wollte sie nur ihre Blumen bezahlen. Aber der Schale knallroter Erdbeeren direkt vor ihrer Nase kann sie dann doch nicht widerstehen. Mit einem strahlenden Lächeln kommt sie vom Stand zurück. „Wie die duften, toll!“, ruft sie begeistert.

 Grillgut und Bärlauchwurst verkauft Lothar Clemens aktuell gut.

Grillgut und Bärlauchwurst verkauft Lothar Clemens aktuell gut.

Foto: bauch, jana (jaba)

Ein regelrechtes Urgestein auf dem Markt ist Wolfgang Beyertz. Seinen Stand finden die Eickener Anwohner und auch einige Kunden von außerhalb schon seit 52 Jahren auf dem Markt. Und der inzwischen auch schon ein paar Mal umgezogen ist – Wolfgang Beyertz immer mit ihm.

„Hier in Eicken haben wir viele Stammkunden. Am Alten Markt kommen auch viele von außerhalb“, berichtet der Marktbeschicker. Im Augenblick kämen häufiger alte Bekannte. „Einige davon haben wir schon länger nicht gesehen“, sagt er und seine Frau Karin Beyertz ergänzt mit einem Lachen: „Die sind uns untreu geworden.“ Die Beyertz kennen schließlich ihre Stammkunden. „Einige, die früher als Kind immer ein Stück Käse bekommen haben, kommen jetzt mit ihren eigenen Kindern“, erzählt Karin Beyertz.

Außer Käse verkaufen die Marktstandbetreiber auch Geflügel und Molkereiprodukte. „In den letzten Wochen waren Käse und die anderen Milchprodukte sehr gefragt“, sagt Wolfgang Beyertz und ergänzt mit einem schelmischen Grinsen: „Toilettenpapier haben wir ja nicht.“ Eine Kundin, die gerade vor der Theke steht, fängt an zu lachen. „Das mit dem Klopapier war echt ein Witz“, ruft sie amüsiert. Karin und Wolfgang Beyertz’ Tipp für die aktuelle Saison: Gegrilltes mit Schafs- und Bergkäse ergänzen. Mit etwas geröstetem Weißbrot sei das ein echter Gaumenschmaus für Liebhaber.

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