Kunst in Mönchengladbach Die Kunst wird virtuell

Mönchengladbach · Museen und Kunstvereine in der Stadt sind geschlossen. Und was machen die Macher? Sie bringen die Kunst über die digitalen Medien zum Betrachter. Eine Spurensuche im Netz.

Die Homepage des Museums Abteiberg bietet einen virtuellen Rundgang durch die Ausstellung der US-Künstlerin Andrea Bowers an.

Die Homepage des Museums Abteiberg bietet einen virtuellen Rundgang durch die Ausstellung der US-Künstlerin Andrea Bowers an.

Foto: Museum Abteiberg

Da möchte man Mäuschen spielen. Im Kunstverein MMIII an den Boetzelen Höfen unters Eisentor krabbeln und über die schwarzen Folien hoppeln, die Kirstin Arndt zu Architekturen mitten in die industrielle Betonhalle positioniert. Oder durch ein Renaissance-Mauseloch in die Vorburg von Schloss Rheydt schlüpfen und am Mythos Bökelberg knabbern. Oder eine Ritze ausfindig machen im Hollein-Bau Museum Abteiberg, und sich nach Herzenslust von Andrea Browers‘ „Grief and Hope“ die Endlichkeit der eigenen Existenz klar machen. Schöne Träume. Aber in Corona-Zeiten sind die Museen zu. Der Mensch, sofern kunstaffin, muss sich auf die Maus verlassen. Denn das „www“ hat auf. Immer.

Schloss Rheydt Nach ein paar Mausklicks ist man beispielsweise in der virtuellen Kachel-Welt von Schloss Rheydt. Da gibt’s nach Klärung bildrechtlicher Fragen einen Zwölf-Minuten-Film zur Ausstellung „75 Jahre Kriegsende“ oder eine Bildergalerie zum Mythos Bökelberg samt Infotexten. „Wir wollen die Bökelberg-Ausstellung noch bis in den Mai verlängern, damit sie auch noch live erlebbar wird, hoffentlich“, sagt Karlheinz Wiegmann. Er dreht zurzeit keineswegs Däumchen in seinem Museumsleiter-Büro mit Schlossblick, sondern arbeitet mit Mitarbeitern an der nächsten Ausstellung, der Neupräsentation der grafischen Sammlung. „Mit 6000 Blättern mit Schwerpunkt Renaissance einer unserer Kernbestände“, gewichtet er das Projekt. Auf jeden Fall wird am 5. Mai eröffnet. Und sei es nur digital. Denn daran arbeite das Team zurzeit unter Hochdruck: die Bestände zu digitalisieren und – mit Hilfe der Marketinggesellschaft – im Netz vorzeigbar zu machen. „Da schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe“, sagt der Museumsleiter. Und nebenbei kommt er noch dazu, ein aufgeschobenes Buchprojekt zu Ende zu bringen.

Kunstverein MMIII Klaus Schmitt vom Kunstverein MMIII hat mit seinen Mitstreitern und nach Anfrage bei der Künstlerin entschieden, keine womöglich dilettantischen Smartphone-Rundgänge durch die uneröffnete Ausstellung ins Netz zu stellen. Dort machen einige Fotos und der Kuratoren-Text Appetit, die Ausstellung irgendwann doch zu besuchen. Außerdem gibt’s einen dezenten Hinweis (mit Telefonnummer) auf die Möglichkeit, individuelle Besichtigungstermine zu vereinbaren.

Museum Abteiberg Am Abteiberg ist es um das radikalfeministische Piratenschiff in Andrea Browers‘ Ausstellung „Grief and Hope“ gar nicht so ruhig, wie man denken könnte. Mit einem differenzierten digitalen Angebot kommt die Sonderausstellung derzeit zu den Menschen, da die Menschen nicht zu ihr kommen können: zwei virtuelle Rundgänge, Videos der Künstlerin, Kurztexte zu ausgewählten Kunstwerken zum Anhören (im Bereich Service) und ein Instagram-Auftritt. „In diesem stillen Verfahren auf Instagram haben wir inzwischen rund 500 Follower. Das finde ich eine schöne Rückmeldung“, sagt Museumsdirektorin Susanne Titz.

Ob und wann das Museum wieder öffnet, ob die US-Künstlerin Bowers irgendwann wie geplant aus Los Angeles anreisen darf, kann Titz derzeit nicht sagen. Vermutlich aber wird die Bowers-Ausstellung über den 30. August hinaus verlängert. „Ich denke, dass wir Ende der Woche zumindest mehr über die Wiederöffnung sagen können“, sagt Titz.

In einem 20-minütigen virtuellen Rundgang führt die Direktorin derzeit durch die politisch inspirierte Kunst der Andrea Bowers, erklärt die bunten Spruchbänder und das Piratenschiff. Ein zweites interaktives 360-Grad-Video mit Panoramaaufnahmen, Detailfotos, Audio- und Film-Elementen hat Norbert Wimmer mit seiner Firma Szenario 360 gedreht und dem städtischen Museum geschenkt. „Normalerweise machen wir solche Filme von großen Maschinen“, sagt Wimmer.

„Ein 360-Grad-Video ist dafür gedacht, dass man es auf dem Tablet schwenkt und mit den Fingern heranzoomt. Wem diese Technik nicht vertraut ist, sollte sich erst mal auf dem Laptop mit der Maus durch die Stationen klicken und dann erst zum Tablet greifen“, erklärt Wimmer.

Wer indes nicht viel klicken und zoomen will: Auf der Homepage des Museums gibt es neun Filme – drei davon mit deutschen Untertiteln – von der Künstlerin selbst mit einer Länge von mehr als vier Stunden. „Das finde ich das Gehaltvollste. Wer sich mit der Kunst und den Themen von Andrea Bowers auseinandersetzen möchte, sollte sich zum Beispiel einen ihrer Filme mit den Umweltaktivisten Tokata Iron Eyes oder Tim DeChristopher ansehen“, empfiehlt Titz.

Internet www.museum-abteiberg.de; www.schlossrheydt.de; www.mmiii.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort