Umwelt BUND plädiert für Tempo 30 in Meerbusch

Vorsitzende Andrea Blaum spricht über Ziele, Erfolge und Ideen der Umweltschützer. In Sachen Mobilität müsse noch viel passieren.

 Die Juristin Andrea Blaum ist seit rund zehn Jahren Vorsitzende der BUND Ortsgruppe Meerbusch.

Die Juristin Andrea Blaum ist seit rund zehn Jahren Vorsitzende der BUND Ortsgruppe Meerbusch.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Die Ökodiktatorin vom BUND Meerbusch – so hat sie ein CDU-Ratsherr im Umweltausschuss genannt, als sie mal wieder eine ihrer kritischen Fragen stellte. Wenn Andrea Blaum davon erzählt, schmunzelt sie und sagt: „Ich würde mir wünschen, dass wir nicht nur als Querulanten gelten, sondern mit unseren Vorschlägen mitten in der Gesellschaft verwurzelt sind.“ Und tatsächlich: Die Meerbuscher Umweltschützer, seit Jahren mit der 62-Jährigen an ihrer Spitze, sind auf einem guten Weg. Denn die promovierte Juristin gilt als ebenso hartnäckig wie kompetent und genießt sowohl in der Verwaltung der Stadt Meerbusch als auch bei den Politikern viel Anerkennung. Auch in diesem Jahr will die BUND Ortsgruppe Meerbusch wieder Schwerpunkte setzen. Das sind die Themen:

Mobilität „Da muss in Meerbusch ein Umdenken stattfinden“, sagt Blaum. „Aktuell hakt es in diesem Bereich noch sehr.“ So fordern die Umweltschützer flächendeckend Tempo 30 in der Stadt. „Das ist der Trend der Zukunft“, betont Andrea Blaum. „Es dauert, aber wir haben bereits einiges angestoßen: In Lank klappt es gut, in Büderich unterirdisch schlecht. Vielleicht sollte die Verwaltung hin und wieder mehr Druck auf Straßen NRW ausüben.“ Sie fragt: „Warum darf das Auto immer noch die Hauptrolle spielen? Wie groß wäre die Lebensqualität, wenn beispielsweise die Dorfstraße in Büderich autofrei wäre?“ Auch eine sogenannte Shared-Space-Lösung kann sich Andrea Blaum für die Dorfstraße vorstellen: „Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger sind bei diesem Verkehrskonzept gleichberechtigt miteinander unterwegs.“ Grundsätzlich müsse das Auto zurückgedrängt werden, fordert sie. Parallel müssten Alternativen her: Die Eddy-Elektroroller, wie es sie in Düsseldorf von den Stadtwerken gibt, seien eine gute Sache, Car-Sharing sollte ausgebaut werden. Auch eine Art „Meerbusch-Velo“, also Leihräder für Meerbuscher, kann sie sich vorstellen.

Apropos Radverkehr: „In Meerbusch fährt man relativ gut Rad“, sagt Andrea Blaum, die selbst kein eigenes Auto besitzt. „Da hat die Stadt zuletzt viel getan.“ Einige Routen und Wege seien verbesserungswürdig; eine Verlängerung der Fahrradstraße Poststraße bis zum Landsknecht sei etwa eine gute Idee. „Aber grundsätzlich kommen Radfahrer überall gut hin.“ Eine Forderung des BUND, die erst vor wenigen Tagen für viel Aufmerksamkeit gesorgt hat, ist die Verlängerung der U74 um etwa drei Kilometer bis Strümper Busch. Im Gegenzug sollte die Politik auf den Bau des rund 14 Millionen Euro teuren Teilstücks der K9n verzichten. Blaum: „Also, ich fänd’s genial.““

Naturschutz Seit kurzem gibt es in Meerbusch eine Baumschutzsatzung und eine Gründachstrategie. „Beides wurde von uns mit angestoßen, darauf sind wir stolz“, sagt die BUND-Vorsitzende. Künftig könnte man überlegen, bereits in Bebauungsplänen eintragen zu lassen, dass Bauherren bevorzugt heimische Pflanzen setzen sollen. Blaum: „Nach dem Motto gute Beratung plus sanfter Druck.“ Steingärten bei Neubauten sollten verboten werden, fordert sie. „Wir haben bei der Stadt im Fachbereich Grünflächen tolle Experten mit guten Ideen. Die leisten hervorragende Arbeit.“

Nachhaltigkeit Das Repaircafé ist regelmäßig ein großer Erfolg. Blaum: „Ich würde mir wünschen, dass die Meerbuscher noch mehr reparieren statt wegwerfen, noch mehr tauschen und leihen.“ Beispielsweise über Kleidertauschpartys, Kleiderzirkel und Geräteverleih. Außerdem schlägt sie vor, dass an den Schulen Kurse in Fahrradreifen flicken angeboten werden. „Damit schon die Kinder begreifen, dass man viele Dinge einfach selbst reparieren kann“, sagt die vierfache Mutter und Großmutter.

Flächenversiegelung Der gute landwirtschaftliche Boden sei etwas, was Meerbusch einzigartig mache. „Den dürfen wir nicht versiegeln, etwa mit einem interkommunalen Gewerbegebiet“, sagt sie. Die freien Flächen zu bebauen sei zu kurzfristig gedacht, kritisiert der BUND. „Wo kommen unsere Lebensmittel her, wenn alles versiegelt ist?“ Negativbeispiel sei das Ostaraviertel. „Ich lehne grundsätzlich Neubaugebiete ab, aber wenn schon, dann bitte mit viel Grün, autofrei und einer Quartiersgarage.“

Aktionen und Ideen Andrea Blaum wünscht sich einen Stadtgärtner für Meerbusch, der auf einer zentralen Fläche Gemüse anbaut und verkauft. Auch in Sachen Wohnen seien kreative Lösungen gefragt, etwa Mehrgenerationenwohnen oder die Möglichkeit, die riesigen Villen zu teilen und mehrere Familien darin wohnen zu lassen. Blaum: „Warum nicht neue Wohnformen ausprobieren, statt ständig neu zu bauen? Das muss doch auch in Meerbusch möglich sein.“

Die BUND-Ortsgruppe veranstaltet im März wieder den Saubertag, im Mai oder Juni soll es eine extra Sammel-Aktion für Zigarettenkippen geben. Im April ist das nächste Repaircafé in Nierst. Außerdem ist im Sommer eine Podiumsdiskussion mit den Meerbuscher Bürgermeisterkandidaten geplant. Dabei geht es um ökologische Themen in der Stadt und die Frage, wie sich die Parteien in ihren Wahlprogrammen in Sachen Klimapolitik darstellen. Blaum: „Denn das sind die Themen, die in Zukunft für Meerbusch wichtig sind.“

Engagement „Wir beim BUND würden uns wünschen, dass die Meerbuscher uns nicht nur kontaktieren, wenn sie ein Problem haben und unsere Unterstützung benötigen“, sagt die Vorsitzende. „Jeder kann sich bei uns auf seine Art und nach seinen Möglichkeiten einbringen. Wenn wir in Meerbusch in Sachen Umweltschutz etwas erreichen möchten, müssen alle mitmachen.“ Andrea Blaums Fazit: „In Meerbusch ist noch Luft nach oben, und deshalb werden wir weiter unsere Ideen einbringen.“

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