„Fridays for Gastro“ Gastronomen-Protest mit leeren Stühlen

Leverkusen · 70 Stühle gegen das Vergessen der Gastronomie in der Stadt sorgten in Wiesdorf am Freitag für Aufmerksamkeit. Die Hilfen, die der Staat nun ankündigte, reichen bei weitem nicht, sagen die Gastwirte.

Die Leverkusener Gastronomen Tatiana Goncalves-Herborn aus dem „Casa Portuguesa“ und Heimo Förster vom „Schmalztöpfchen“ machen auf die Probleme ihrer Branche aufmerksam.

Die Leverkusener Gastronomen Tatiana Goncalves-Herborn aus dem „Casa Portuguesa“ und Heimo Förster vom „Schmalztöpfchen“ machen auf die Probleme ihrer Branche aufmerksam.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Etwa 70 leere Stühle bei strahlendem Sonnenschein auf dem Rathausvorplatz in Wiesdorf. Lediglich Plakate mit Logos von Leverkusener Restaurants, Kneipen und Gaststätten aus allen Stadtteilen flatterten darauf im Wind. „Was hat das zu bedeuten?“, wollten am Freitag zahlreiche Passanten wissen. Tatiana Goncalves stand ihnen Rede und Antwort, danach wünschten ihr ausnahmslos alle Wissbegierigen Glück und gutes Gelingen für die Aktion. Ein älterer Herr bot ihr sogar Spenden an. Die Inhaberin des Opladener Restaurants „Casa Portuguesa“ in der neuen Bahnstadt lehnte dankend ab, erhoffte sie sich von der Aktion doch weitaus mehr.

Nach Dresdener Vorbild hatte sie die bundesweite Protestaktion von rund 220.000 deutschen Gastronomiebetrieben für Leverkusen organisiert. Am Vormittag brachten Inhaber zahlreicher Geschäfte ihre Stühle, um sie am Nachmittag wieder abzuholen. Bei dieser Gelegenheit lernte die Organisatorin viele ihrer Mitbewerber kennen. „Dass sich so viele Gastronomen zusammengeschlossen haben, um ihre Ziele zu erreichen, gab es noch nie“, bemerkte sie als positive Folge der Corona-Misere, bei der ihr Gewerbe als großer Verlierer gilt.

Die leeren Stühle standen als Synonym für Unternehmer und ihre Betriebe. „Wir brauchen dringend Unterstützung, sonst wird die vielfältige Gastronomie, wie wir sie bislang in Leverkusen kennen, nicht mehr lange existieren“, betonte Goncalvest. „Wir fordern unter anderem eine Aufstockung der Soforthilfen für die Betriebe und Kurzarbeitergeld für sämtliche Mitarbeiter.“ Die nun beschlossene Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen sei zwar ein Anfang, aber nicht ausreichend. Wenn sie überhaupt etwas bringen solle, dann müssten auch Kneipen und Bars eingebunden werden. Wer keinen Umsatz habe, könne schließlich auch nichts zahlen.

„Obwohl wir Außer-Haus-Verkauf anbieten, ist es finanziell sehr schwierig“, kommentierte Essana Vundac, Angestellte des italienischen Restaurants „Fellini“ in Wiesdorf. „Wir finden die Aktion gut, denn das ist besser, als nichts zu unternehmen. Schließlich haben wir im Moment alle viel Zeit“, bemerkte Max Zöllkau, Geschäftsführer des Restaurants „Old Montana“ an der Lützenkirchener Straße. „Ich bin sehr enttäuscht, dass sich unser Oberbürgermeister nicht blicken lässt“, gestand Oliver Mitte, Inhaber von „Café Central“ in Hitdorf, schließlich würden sich auch die Oberbürgermeister aus 70 weiteren Städten an der Aktion beteiligen.

Nun wird gemunkelt, dass dieser stille Protest unter dem Motto „Fridays for Gastro“ analog zu den Schüler-Demos „Fridays for Future“ jeden Freitag stattfinden könnte. „Wenn es nächste Woche noch mal dazu kommt, werden die Leverkusener Gastronomen gerne wieder dabei sein. Dann kommen wir mit Lkws voller Stühle“, betonte Goncalves.

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