Serie Krisen und Katastrophen ... und was daraus wurde Von Hasenrettung und Sandsackburgen

Monheim · 1995 erlebte Monheim – wie bereits schon zwei Jahre zuvor – ein sehr hohes Hochwasser. Herbert Reuter machte auf Haus Bürgel seine persönliche Robinsonade durch. Die DLRG rettete gestrandete Hasen.

 Der Zeitungsausschnitt der Rheinischen Post vom 27. Januar 1995 zeigt die Anwohner der Straße Im Sträßchen, die sich mit selbstgebauten Spundwänden und Sandsäcken gegen die aus der Kämpe hinüberschwappende Flut zu wappnen versuchten. Sie hatten ihre Lehren aus dem erst zwei Jahre zurückliegenden Hochwasser von 1993 gezogen.

Der Zeitungsausschnitt der Rheinischen Post vom 27. Januar 1995 zeigt die Anwohner der Straße Im Sträßchen, die sich mit selbstgebauten Spundwänden und Sandsäcken gegen die aus der Kämpe hinüberschwappende Flut zu wappnen versuchten. Sie hatten ihre Lehren aus dem erst zwei Jahre zurückliegenden Hochwasser von 1993 gezogen.

Foto: Rheinische Post/Stephan Meisel (mei)

In der Rheinischen Post vom 25. Januar 1995 äußerte sich der Technische Beigeordnete der Stadt Monheim, Gerd Spiecker, noch zuversichtlich: Obwohl der Rheinpegel bereits bei 8,26 Meter lag und der Campingplatz Gut Oedstein geflutet war, glaubte der Deichgraf nicht, dass die Marke von Weihnachten 1993 (10,643 Meter) erreicht werden würde. Tags darauf wurde mit einem Pegel von 8,50 Meter die Stufe 1, die erste Warnstufe, also eine intensive Beobachtung des Deichgebiets, wirksam. Für die Anwohner des Sträßchens rückte das neue Rheinufer gefährlich nahe. Sie hatten – vorgewarnt durch das erst zwei Jahre zurückliegende große Hochwasser – bereits Mauern und Metallverschalungen errichtet, in die sie jetzt nur noch Bretter einlassen mussten. „Wir hatten Lehren aus dem 1993er-Hochwasser gezogen“, erinnert sich der damalige Chef der Feuerwehr, Werner Opherden. In einer Karte hatte man festgehalten, wo die Rheinauen bei welchen Pegelständen genügend schiffbar waren, so dass man mit dem Boot nicht an Zäunen oder Schildern hängenblieb. Außerdem habe man rechtzeitig die Wasserversorgung von Haus Bürgel sichergestellt, das bald nur noch auf dem Wasserweg erreichbar war. „Ein Teil des Viehs wurde ja nicht evakuiert.“

In dem von Bäckermeister Heinrich Janes gestifteten Boot retteten der Ortsverein der DLRG und Förster Jürgen Wippermann am dritten Hochwassertag gut 100 pudelnasse Hasen, die von der Flut überrascht worden waren und brachten sie auf den „Hasenberg“, den die Jäger bei Neu Bürgel aufgeschüttet hatten.

Am ersten Hochwasser-Wochenende zog das Naturschauspiel zahllose Schaulustige an: Besonders Menschen aus dem Bergischen Land reisten an, um sich an der Klappertorstraße und dem mit Sandsäcken bewehrten Sträßchen am Anblick der Fluten zu ergötzen. Auch der Kapitän eines Amphibienfahrzeugs wurde aus dem unerlaubten Schiffsverkehr gezogen. „Die Touristen waren zum Teil sehr unvernünftig: Bei einem der Hochwasser fror die Fläche zu: Eine Frau mit Kinderwagen die sich aufs dünne Eis wagte, brach prompt ein“, erinnert sich Hans Mehnert (82), der damals Im Sträßchen 51 wohnte.

 Hochwasser-Touristen fühlen sich besonders vom Anleger an der Klappertorstraße in Baumberg angezogen. Das war auch schon vor 25 Jahren so.

Hochwasser-Touristen fühlen sich besonders vom Anleger an der Klappertorstraße in Baumberg angezogen. Das war auch schon vor 25 Jahren so.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Am Montag, 30. Januar 1995, erreichte der Rhein den Pegelstand 10,68 Meter, den Höchststand. Schon mit der Wachstufe III war die Feuerwehr in ständige Bereitschaft versetzt worden. Experten des Tiefbauamtes und des Bauhofs mussten auf dem Deich fortwährend Wache schieben. Das 1993er Hochwasser hatte auch die Schwachstellen am Deich offenbart. „In Höhe von Gut Oedstein haben wir den Deich mit Erde und Sandsäcken verstärken müssen“, erzählt Opherden. Damals trieb ihn die Sorge um, der Deich könne bei längerem Hochwasser aufweichen. „Das Wasser stand bis zur Mittelmarkierung der Bleer Straße“, berichtet der heutige Deichgraf Rainer Fester. Wäre der Damm gebrochen, wäre Blee überschwemmt worden. Damals bereitete auch der Wind, der stetig das Wasser gegen ihre Wehranlagen trieb, den Anwohner des Sträßchens Sorgen. Mehnert hatte seine Haustüre mit Sandsäcken aus dem städtischen Fundus gesichert und den Schutzwall zusätzlich mit Teichfolie abgedichtet. Vom zwei Meter höher liegenden Garten schuf er vorübergehend einen neuen Zugang über den Wintergarten. „Beim Höchststand konnte ich mit einem Motorboot in die Garage fahren“, erinnert sich der heute 82-Jährige. Nach der Flut habe er gut 50 Schubkarren angeschwemmten Unrats aus der Zufahrt wegkarren müssen.

Der „Insulaner“ von Haus Bürgel, Herbert Reuter, der damals während der Umbauten für das Römische Museum im Nordflügel eine Behelfswohnung bezogen hatte, musste sich ins erste Obergeschoss zurückziehen. „In Höhe des Hoftors stand das Wasser einen Meter hoch, am etwas höher gelegenen Ostflügel 20 Zentimeter“, so Reuter. Seine Zuchtpferde hatte er rechtzeitig evakuieren können, sie standen verstreut in unterschiedlichen Ställen in der Umgebung. Seine Eltern waren zu diesem Zeitpunkt schon an den Garather Schlosshof ausquartiert. Die DLRG richtete für Reuter einen Fährdienst ein, damit er mittags bei den Eltern essen konnte.

Tage später begannen dann die Aufräumarbeiten, nachdem sich der Rhein wieder zurückgezogen hatte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort