Ausstellung im Haus der Seidenkultur Bauhaus: Annette Pöllmann kam in die Klasse der Begabteren

Krefeld · Ausstellung im Haus der Seidenkultur präsentiert Arbeiten der früheren Professorin und Leiterin der Druckgestaltungsklasse an der Textilingenieurschule in Krefeld.

 Annette Pöllmann zeigt eine Auswahl ihrer Arbeiten.

Annette Pöllmann zeigt eine Auswahl ihrer Arbeiten.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Sie wurde von einem Bauhauslehrer und einer Bauhausabsolventin unterrichtet und kann sich noch gut an diese Zeit erinnern: Annette Pöllmann studierte bei Elisabeth Kadow und Georg Muche. Elisabeth Kadow lernte am  Bauhaus, Georg Muche leitete von 1921 bis 1927 in Weimar die Webereiklasse und von 1939 bis 1958 in Krefeld die Meisterklasse für Textilkunst. Elisabeth Kadow studierte bei Muche und übernahm im Jahr 1958 die Leitung der Meisterklasse.

Beiden Professoren begegnete die 1926 in Iserlohn geborene Annette Pöllmann, als sie 1948 das Studium an der Textilingenieurschule (TIS) in Krefeld aufnahm. „Wir studierten in einer alten Fabrik an der Lewerentzstraße“, erzählt sie, „wir mussten in das Hinterhaus hineingehen.“ Sie war damals beeindruckt von einem Plakat mit einem blauen Pferd – „Pferde sind doch nicht blau!“

Annette Pöllmann kam in die Druckgestaltungsklasse von Elisabeth Kadow – „In diese Klasse kamen die Begabteren“, sagt sie, „dort wollte ich unbedingt hin.“ Die Lebensumstände sind damals mehr als bescheiden gewesen. Annette Pöllmann wohnte in einer Dachkammer in der Friedrich-Ebert-Straße. Zum Mittagessen ging sie mit den Kommilitonen ins Edelstahlwerk: Dort bekamen die angehenden Gestalter die sogenannte Mennoniten-Speisung, eine Haferflockensuppe.

In der Stadt lagen damals noch viele Trümmer: „Ich habe die kaputte Stadt nicht gesehen“, sagt Annette Pöllmann, die sich ganz und gar auf ihr Studium konzentrierte. Nur wenn sie Gäste durch die Stadt führte, fiel ihr auf, was im Krieg zerstört worden ist.

„Elisabeth Kadow hat uns beigebracht, etwas zu entwickeln, was aus uns selber kommt“, sagt Annette Pöllmann. Nach dem Studium in Krefeld ging Annette Pöllmann für zwei Jahre nach Lausanne und arbeitete von 1954 bis 1962 als Textildesignerin bei der Firma Heinrich Habig in Herdecke. „An meinem ersten Tag habe ich einen Stoff entworfen, auf dem Kartoffelblüten, Spitzwegerich und Schierling waren“, erinnert sie sich. „Am zweiten Tag habe ich Rittersporn in dunklem Blau und Lila-Tönen gemalt – das Bild hat der Leiter der Entwurfsabteilung gleich auf eine Staffelei gestellt.“

1962 kehrte Annette Pöllmann nach Krefeld zurück und übernahm die Leitung der Druckgestaltungsklasse an der TIS. 1972 wurde sie Professorin an der Fachhochschule Niederrhein und lehrte bis zu ihrer Pensionierung 1988 Textilgestaltung. Sie ist als freie Künstlerin tätig: „Ich bin ja immer erfinderisch“, sagt sie, „mich reizt das Unvorhergesehene.“ Und so hat sie gerne für das Haus der Seidenkultur drei Seidentücher entworfen, die das Angebot des Museumsladens ergänzen. Grundlage ist ihre Arbeit „Spiel mit Kreisen“ aus dem Jahr 2018.

Dafür hat sie mit ihrem „Blick für das Reizvolle“ rundliche Elemente aus Zeitschriften, Katalogen und eigenen Arbeiten ausgeschnitten und sie mit Fäden verbunden. Die Elemente dieses Wandbehangs mit Schatten und Licht sind nun auf einem länglichen Schal und einem quadratischen Seidentuch gedruckt. Das dritte Tuch ist aus Seide gewebt, der Untergrund ist grau. „Jedes Tuch erzählt eine Geschichte“, sagte Annette Pöllmann, die ihre Entwürfe dem Haus der Seidenkultur geschenkt hat. „Ich mache das ehrenamtlich – ich habe Spaß daran.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort