Neujahrsempfang im Priesterhaus Kevelaer Kirche zwischen Krieg und Krisen

Kevelaer · Viel Klartext gab es beim Neujahrsempfang von St. Marien im Priesterhaus. Die Redner thematisierten aktuelle Krisenlagen, blickten aber positiv in die Zukunft.

Auch die Sternsinger kamen zum Neujahrsempfang ins Priesterhaus nach Kevelaer.

Auch die Sternsinger kamen zum Neujahrsempfang ins Priesterhaus nach Kevelaer.

Foto: Rüdiger Bechhaus

Der Krieg in der Ukraine, die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, Armut, Angst vor der Zukunft – die Menschen nehmen viele Sorgen mit in das neue Jahr 2023. Diese kamen auch zur Sprache beim Neujahrsempfang der Pfarrgemeinde St. Marien im Priesterhaus. Nach pandemiebedingter zweijähriger Pause waren wieder zahlreiche Menschen, die in Politik und Gesellschaft der Wallfahrtsstadt aktiv sind, eingeladen, sich in einem festlichen Rahmen im historischen Speisesaal des Priesterhauses auszutauschen.

Wallfahrtsrektor Gregor Kauling war erkrankt und wurde von Pfarrer Heiner Innig vertreten, sowohl beim Hochamt in der Basilika als auch beim anschließenden Empfang. Bei der Begrüßung der Gäste betonte er die gute Zusammenarbeit zwischen allen Kirchengemeinden Kevelaers und der Gemeindeverwaltung.

 Der Empfang fand im Priesterhaus statt.

Der Empfang fand im Priesterhaus statt.

Foto: Norbert Prümen

Bürgermeister Dominik Pichler sprach in seiner Rede als erstes den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine an. „Vor Ihnen steht ein ehemaliger Zivildienstleistender, der es nicht für möglich gehalten hätte, dass der Dienst an der Waffe noch einmal nötig ist“, sagte er. Der Krieg sei nicht weit weg, die Nato und damit auch Deutschland seien immer mehr involviert, und alle Menschen spürten die Auswirkungen. Er nannte die zur Aufnahmestation für Geflüchtete umfunktionierte Kroatenturnhalle. Dies sei eigentlich keine menschenwürdige Unterbringung. „Wir müssen aber helfen, und weitere Auswirkungen stehen noch bevor. Eine einfache Lösung scheint weit weg“, so der Bürgermeister.

Auch die Krise der katholischen Kirche sprach er an. Es sei gut, dass der Missbrauchsskandal aufgearbeitet werde, aber leider nur „häppchenweise“. „Ich verstehe nicht, warum Reformansätze wie der Synodale Weg ausgebremst werden“, sagte er. Er nannte die hohe Zahl der Kirchenaustritte. Pichler erzählte, wie er von einem katholischen Christen kritisiert wurde, als am Rathaus eine Regenbogenfahne hing. Er fragte: „Wer soll eigentlich Kirche sein? Welche Art von Kirche wünschen wir uns? Unser Gott ist doch ein liebender.“

Das Grußwort von Wallfahrtsrektor Kauling verlas Heiner Innig. „Das Leben hält Zumutungen parat“, so Kauling. Auch er nannte den Krieg gegen die Ukraine und bezeichnete ihn „verheerend für alle Menschen, irreal und aus der Zeit gefallen“. Angst sei ein zentrales Thema der Menschen, daher solle das Leitthema der Wallfahrt 2023 „Habt Vertrauen, ich bin es“ (Mt 14,27) mit dem Zusatz „Hoffnungs(w)orte“ Mut machen. Die Wallfahrtsorte wollten somit Orte der Hoffnung werden. Besonders dankte Kauling allen Menschen in den Vereinen, Hilfseinrichtungen und den Gemeinden, weil sie den Bedürftigen beistünden.

„Wir wollen“, so schreibt Kauling „den Wegwunden Nachtherbergen bauen.“ Hoffnung sei überall dort, wo Menschen guten Willens seien. Auch Lukas Boetselaars, einer der beiden Vorsitzenden des Pfarreirats von St. Marien, nannte das Vertrauen das wichtigste Mittel gegen die Angst. Er dankte allen Helfern für ihren Einsatz, eine funktionierende Jugendarbeit und gelungene Kulturveranstaltungen. Gregor Kauling dankte er für die Bereitschaft zu experimentieren und neue Wege zu gehen. Dem theologischen Referenten Bastian Rütten dankte er für die Vorschläge zu den „Experimenten“, die den „ganzen Laden vorantreiben“.

Die Pfarrerin der evangelischen Kirche Kevelaer, Karin Dembek, sagte, dass auch die evangelische Kirche zahlreiche Austritte verzeichne. Sie fragte: „Was ist schief gelaufen?“ Dabei habe die Kirche doch die gute Botschaft, dass Gott jeden Menschen mit allen Stärken und Schwächen sieht. Dembek erinnerte an die Jahreslosung für 2023 „Du bist ein Gott, der mich sieht“.

Die musikalische Gestaltung des Neujahrsempfangs übernahmen die beiden jungen Cellisten Johanna Senger (13) und Johannes Lehnen (ebenfalls 13) zusammen mit dem Leiter der Basilikamusik Romano Giefer am Klavier. Während des Hochamts in der Basilika sangen die Frauenstimmen der Basilikamusik, dirigiert von Romano Giefer.

Als besonderen Gast begrüßte Heiner Innig den Dechanten der Kathedrale von Luxemburg, Jean-Pierre Reiners. Auch Sternsingerinnen der Pfarrgemeinde kamen zu einem Kurzbesuch ins Priesterhaus, sangen, sammelten Spenden für Kinder in Indonesien und verteilten Segenswünsche.

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