Ein Besuch bei Karl Groß in Grefrath Die Stärken des stationären Buchhandels

Grefrath · Wie kann eine örtliche Buchhandlung sich gegen Amazon & Co. behaupten? Kann sie das überhaupt? Karl Groß aus Grefrath hat seinen Weg gefunden. Ein wichtiger Faktor ist die Kundenbindung.

 Karl Groß empfiehlt seinen Kunden „Darwin“ von Jürgen Neffe . . .

Karl Groß empfiehlt seinen Kunden „Darwin“ von Jürgen Neffe . . .

Foto: heiner deckers

Kann eine örtliche Buchhandlung wie die von Karl Groß an der Hohen Straße in Grefrath gegen Internetriesen wie Amazon bestehen? Ja, sie kann, das bedarf aber einiger Anstrengungen. Als Groß seinen Laden vor 26 Jahren eröffnete, war noch keine Rede von der digitalen Konkurrenz, die heutzutage schier übermächtig ist. Ein Argument, das gern vorgebracht wird, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Schall und Rauch. „Der örtliche Buchhandel ist schneller“, sagt Karl Groß. Heute bestellt, morgen geliefert. Dankbar ist Groß, dass bisher kein Politiker an der Preisbindung für Bücher gerüttelt hat: „Sonst wären wir am nächsten Tag weg“, gesteht er ein.

Ein Pfund, mit dem Buchhandlungen vor allem in kleinen Orten wuchern können, ist die persönliche Begegnung mit den Kunden, also den Lesern. „Das ist mir sehr wichtig, ohne dass wir eine Sozialstation sein wollen“, sagt der Grefrather Buchhändler. Die Menschen treffen sich bei ihm, sie wollen unterhalten werden. Im Laden soll Kommunikation stattfinden. Groß erinnert sich an frühere Zeiten, in denen in Buchhandlungen feierliche Ruhe herrschte und keiner sich traute, laut zu reden. Das mag für Bibliotheken gelten, in denen die Besucher konzentriert arbeiten wollen. „Buchläden sind für mich eine Art von Improvisationstheater, in denen es gern auch humorvoll zugehen kann“, sagt Groß.

  . . .und „Alles Familie“ von Alexandra Maxeiner.

 . . .und „Alles Familie“ von Alexandra Maxeiner.

Foto: heiner deckers

Er selber weiß genau, auf welche Art und Weise er mit seinen Kunden umgehen muss. Es sei eine schöne Herausforderung, jeden Einzelnen mit dem zu ihm passenden Lesestoff zu versorgen. Es gibt auch Leute, die nicht angesprochen werden möchten, das respektiert Groß natürlich. Er hat viele Stammkunden, „das ist Gold wert“. Sie kommen, so Groß, meist aus dem Bereich des Bildungsbürgertums und sind für neue Ideen aufgeschlossen. In der Regel weiß er auch genau über die Lesegewohnheiten Bescheid: „Das ist Dorf, das genieße ich.“ Da ist etwa der Mann, der ein Geburtsgeschenk für seine Frau sucht. Karl Groß fragt nach dem Namen und sagt dann oft: „Ich sehe das Bücherregal ihrer Frau vor mir.“ Und es herrscht eine ganz große Freude, wenn die Beschenkte später in den Laden kommt und das ausgewählte Buch lobt. Eine Bestätigung seiner Arbeit: „Manche Bücher funktionieren bei manchen Menschen nicht, das muss man berücksichtigen.“

Viele Leser kommen auch mit ganz konkreten Vorstellungen, entscheiden sich für die ausgewählten Bücher und vielleicht darüber hinaus noch für die eine oder andere Empfehlung. Für Groß ganz wichtig: „Ich empfehle keine Bücher, die ich nicht wirklich gut finde.“ Wobei der Buchhändler stets auf der Suche nach neuen Inspirationen ist. Wenn morgens die Bestellungen seiner Kunden ankommen, schaut er sich das eine oder andere ihm unbekannte Buch genauer an, liest den Klappentext und bestellt vielleicht sogar das eine oder andere Exemplar für sein Sortiment.

Wie stellt er das denn überhaupt zusammen? Groß hat die ihm bestens bekannten Vorlieben einiger Kunden im Auge, bestellt auf keinen Fall nur Bücher, die ihm selbst gefallen. Er orientiert sich mit Leseproben. Er weiß, wie welche Autoren bei ihm laufen, entdeckt aber auch neue Romane für sich.

Nach wie vor macht die Arbeit dem 66-Jährigen großen Spaß: „Wobei man sich natürlich die Frage stellt: Wie lange macht man das noch?“ Inzwischen, nach den Festtagen, hat er auch selber wieder mehr Zeit zu lesen. Das Weihnachtsgeschäft sei jedoch angenehm und harmonisch gewesen, ohne jegliche Hektik.

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