Experten raten zur Impfung Windpocken in Oberberg wieder auf dem Vormarsch

Oberberg · Die IKK Classic und das Kreisgesundheitsamt raten Eltern dazu, ihre Kinder vorsorglich impfen zu lassen. Denn die Folgen können schmerzhaft sein und auch im hohen Alter noch auftreten.

 Die IKK classic rät, Kinder schon im Baby- und Kleinkindalter gegen Windpocken impfen zu lassen.

Die IKK classic rät, Kinder schon im Baby- und Kleinkindalter gegen Windpocken impfen zu lassen.

Foto: dpa/Fabian Sommer

So schlimm die Corona-Pandemie auch war, sie hatte auch etwas Gutes: Weil die Menschen Mund und Nase mit Masken bedeckten, übertrugen sich auch deutlich weniger andere Viren, etwa die der Grippe. Auch die Heuschnupfen-Allergiker hatten weniger Probleme mit den Pollen. Kontaktbeschränkungen, Abstands- und Hygieneregeln sowie Kindergärten- und Schulschließungen hatten zudem dafür gesorgt, dass die Ansteckung mit Windpocken zurückging. Doch der Trend hat sich auch im Oberbergischen Kreis in 2022 wieder umgekehrt, teilt Michael Lobscheid, Pressereferent NRW der IKK classic, mit. „Kinder sollten deshalb konsequent geimpft werden“, rät er.

Laut Robert-Koch-Institut waren die Windpocken-Fälle kreisweit von 2020 auf 2021 um 53,1 Prozent gesunken. Seit den Lockerungen der Beschränkungen im vorigen Jahr geht es nun aber wieder in die andere Richtung. „Die Zahl hat sich im Vergleich zum Vorjahr um 153,1 Prozent erhöht – von 32 auf 81“, berichtet Lobscheid. Und die Entwicklung scheint sich fortzusetzen: 2023 wurden bereits 30 Fälle im Kreis gemeldet“, bestätigt Philipp Ising, Sprecher der Kreisverwaltung.

Die IKK classic rät, diese Krankheit nicht unterschätzen, träten doch bei bis zu fünf Prozent der an Windpocken Erkrankten Komplikationen auf – wobei mit dem Alter die Häufigkeit von Komplikationen zunimmt. Auftreten können beispielsweise bakterielle Superinfektionen der Haut, Mittelohrentzündungen, Bronchitis oder auch Lungenentzündungen. Bei einer Erkrankung in der Schwangerschaft kann es zu einer Fehlbildung des Fötus kommen, zudem sind Windpocken für Neugeborene durchaus lebensgefährlich.

Windpocken werden meist durch Husten und Niesen übertragen, eine Ansteckung kann auch durch Flüssigkeiten aus den Bläschen des Hautausschlags erfolgen, in dem viele Viren enthalten sind. Da diese lange in der Luft schweben, kann die Infektion tatsächlich durch Wind über große Entfernung übertragen werden – daher ihr Namen Windpocken. Wer nicht immun ist, steckt sich in der Regel sofort an. Danach dauert es zwei bis drei Wochen, bis die Krankheit ausbricht. Die Symptome klingen in der Regel nach einer weiteren Woche wieder ab. Wer schon einmal mit der Krankheit infiziert war oder geimpft wurde, kann sich dagegen nicht anstecken. „Darum ist es so wichtig, dass möglichst alle Kinder gegen Windpocken geimpft werden“, betont Lobscheid. Die Entscheidung, ob Eltern ihr Kind impfen lassen, könne ihnen niemand abnehmen. „Es ist jedoch wichtig, dass sich Eltern mit diesem Thema intensiv auseinandersetzen, zum Schutz ihrer Kinder und Dritter.“ Die Ständige Impfkommission empfiehlt die erste Impfung für Kinder im Alter von elf bis 14 Monaten, die zweite Impfung sollte in einem Lebensalter von 15 bis 23 Monaten erfolgen. Die Impfung kann zudem zu jedem Zeitpunkt nachgeholt werden, wenn sie nicht im empfohlenen Alter erfolgte, und wird von allen gesetzlichen Krankenkassen übernommen. „Das Gesundheitsamt schließt sich den Empfehlungen der ständigen Impfkommission an“, teilt Ising auf Anfrage unserer Redaktion mit. Hierzu zähle auch die zweimalige Varizellenimpfung im Kleinkindesalter.

Windpocken gehören nach dem Infektionsschutzgesetz zu den meldepflichtigen Krankheiten. Das heißt, dass das Gesundheitsamt eine Meldung aus Arzt-Praxen und Gemeinschaftseinrichtungen erhält und den einzelnen Fällen nachgeht. „Dabei werden alle im Zusammenhang stehenden Einzelfälle geprüft und Maßnahmen zum Schutz der Menschen in der Umgebung angeordnet“, erläutert der Sprecher der Kreisverwaltung. Dies können dann die Empfehlung zu einer Impfung, aber gegebenenfalls auch individuelle Betretungsverbote für die entsprechenden Einrichtungen sein. „Es besteht also eine gesetzlich vorgeschriebene Meldepflicht für Ärzte und Gemeinschaftseinrichtungen, denn Windpocken sind sehr leicht übertragbar und können akut eine Reihe von Komplikationen und schweren Beeinträchtigungen mitbedingen“, betont Ising.

Aber auch ein Herpes Zoster (Gürtelrose) im hohen Lebensalter, mit der Folge von chronischen Schmerzsyndromen, kann nur nach einer vorherigen Windpockeninfektion, die möglicherweise schon Jahrzehnte vorher ausgebrochen war, ausgelöst werden. Ab dem 60. Lebensjahr empfiehlt die Ständige Impfkommission daher eine Impfung bei bereits durchgemachten Windpocken zur Prävention einer Gürtelrose.

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