Sommerfragen Hückeswagen braucht mehr Wohnraum

Hückeswagen · In den Sommerferien stellt unsere Redaktion den Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat sechs Fragen – jede Woche eine. Heute geht es um die Zahl der Einwohner. Die Frage: Wie kann Hückeswagen den Abwärtstrend bei den Einwohnern stoppen?

 Der „Weierbachblick“ ist die bislang letzte große Fläche, auf der neue Wohnhäuser entstanden. Im kommenden soll das Neubaugebiet „Eschelsberg“ erschlossen werden – mit Ein- und Mehrfamilienhäusern.

Der „Weierbachblick“ ist die bislang letzte große Fläche, auf der neue Wohnhäuser entstanden. Im kommenden soll das Neubaugebiet „Eschelsberg“ erschlossen werden – mit Ein- und Mehrfamilienhäusern.

Foto: Stephan Büllesbach

Christian Schütte (CDU) Die Antwort muss den vier Faktoren Geburten- und Sterbefällen, Zu- und Wegzügen gerecht werden. Die Umkehr der Alterspyramide wird zwangsläufig in den nächsten Jahrzehnten höhere Sterbefälle zur Folge haben. Dem stehen weniger junge Familien gegenüber, die für eine Zunahme der Geburten sorgen könnten. Es ist zu befürchten, dass dieser Saldo weiter negativ bleibt.

Arbeiten können wir allerdings an den Zu- und Abgängen. So brauchen wir für die ältere Generation passenden Wohnraum vor Ort. Die Palette reicht vom Mehrgenerationenhaus, der barrierefreien Wohnung bis zum Senioren- und Pflegeheim. Sind diese Angebote da, ergeben sich Chancen, die frei werdenden Eigenheime an jüngere Familien weiterzugeben. Nur mit bezahlbarem Wohnraum für Alleinstehende und junge Paare kann man deren Abwanderung stoppen. Da betrübt es, dass lokale Investoren beispielsweise am Bolzplatz keine auskömmlichen Investitionsmodelle entwickeln können.

Zentrale Bedeutung haben außerdem eine vernünftige Infrastruktur mit Angeboten des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) für Auspendler, Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf, ausreichend Kindergarten-Plätze, gute Schulen und ein passendes Gastronomie-, Freizeit- und Kulturangebot. Denn nur eine attraktive Stadt lädt zum Wohnen ein.

Hans-Jürgen Grasemann (SPD) Um den Abwärtstrend bei den Einwohnerzahlen zu stoppen, müssen wir uns um verschiedene Dinge kümmern. Da ist zum einen das schnelle Internet. Daraus ergeben sich vielfältige Möglichkeiten, neue Arbeitsplätze zu schaffen, die ein Arbeiten im Homeoffice erlauben. Arbeitsplätze sind der Hauptfaktor für junge Leute, sich einen Wohnort zu suchen. Wenn dann das Angebot an Kindergärten, Schulen, Infrastruktur, Umfeld, bezahlbarer Wohnraum und ein gutes ÖPNV-Angebot besteht, sind auch die Chancen gut, der Abwanderung Einhalt zu gebieten.

In einigen Bereichen sind wir gut aufgestellt, in anderen nicht. Im Bereich der Kitas und Schulen wurden wichtige Weichen gestellt. Bezahlbarer Wohnraum muss weiterhin im Fokus bleiben. Hier sind die Planungen, Mehrfamilienhäuser im neuen Wohngebiet „Eschelsberg“ zu errichten, ein richtiger Schritt. Nachholbedarf besteht beim ÖPNV. Hier muss es kürzere Taktzeiten geben – insbesondere nach Lennep –, um schnell das Netz der Bundesbahn zu erreichen.

Das Freizeit-, Kultur-, Sport- und Einzelhandelsangebot ist heute schon hervorragend für eine Stadt unserer Größenordnung. Hier dürfen wir jedoch nicht nachlassen.

Shirley Finster (Grüne) Leider haben wir für diese „Landflucht“ kein Patentrezept parat. Tatsache ist, dass in Hückeswagen fast jeden Monat mehr Sterbefälle zu betrauern sind, als Geburten zu feiern. Und vor allem die junge Erwachsenen zieht es in die Großstädte. Hückeswagen liegt leider auch zu weit entfernt etwa von Köln oder Düsseldorf, um noch zu deren Speckgürtel hinzugerechnet zu werden oder von den Menschen zu profitieren, die keine oder überteuerte Wohnungen finden.

Was tun? Die Frage stellen wir uns schon lange. Vielleicht ist die Lösung, dass Hückeswagen sich ein Alleinstellungsmerkmal erarbeitet. Die „Schloss-Stadt Hückeswagen“ wird selbst zur Marke als klare Standortpositionierung. Hierfür müssten wir die Wettbewerbsvorteile gegenüber andere Kommunen deutlich kommunizieren. Die Markenidentität muss dann von den Hückeswagenerinnen und Hückeswagenern mitgetragen werden. Die Zusammenarbeit mit den Bürgerinnen und Bürgern bei der Entwicklung der Marke fördert die Akzeptanz, auch für die daraus abgeleiteten Maßnahmen.

Das Integriertes Stadtentwicklungskonzept (ISEK) kommt dafür genau zur richtige Zeit. Lasst uns gemeinsam ein Alleinstellungsmerkmal heraus erarbeiten und das konsequent umsetzen!

Jörg von Polheim (FDP) Hückeswagen muss für seine Bewohner und für Neubürger interessant sein, das gelingt wenn:

1. Hückeswagen muss seine öffentlichen und privaten Einrichtungen, wie zum Beispiel das Hallenbad, die Bücherei oder den Klettergarten erhalten und ausbauen. Außerdem ist ein lebendiger (Alt)-Stadtkern mit interessanten Einkaufsmöglichkeiten und guter medizinischer Versorgung wichtig.

2. Das Schulangebot in der Stadt soll modern und zukunftsorientiert sein, damit alle ihre Kinder gerne auf diese Schulen schicken.

3. Die Anbindung an die Rheinschiene (Köln / Düsseldorf) mit öffentlichen Verkehrsmittel muss verlässlich und schnell sein. Daher ist die Installation eines Schnellbusses nach Köln wichtig, zudem sind die Zeiten von Bussen und Bahnen in Lennep aufeinander abzustimmen.

4. Das örtliche Gewerbe und die Industrie brauchen dauerhaft Entwicklungsmöglichkeiten (Gewerbegebiete), um zukunftssichere Arbeitsplätze anbieten zu können.

5. Und wir brauchen bezahlbaren und attraktiven Wohnraum – die Chance der Bebauung des Bolzplatzes wurde leider vergeben. Außerdem sind Baugrundstücke für Bauwillige im ausreichenden Maß bereitzustellen.

Wenn dies umgesetzt wird, können wir die Einwohnerzahl stabilisieren.

Michael Wolter (UWG) Viele Familien entscheiden sich bewusst für die Ruhe auf dem Land und die Nähe zur Natur. Ein Wohnort außerhalb der Ballungsgebiete wird von vielen bevorzugt gewählt, um in einer ruhigen Umgebung zu leben und die Kinder aufwachsen zu sehen. Die Aufgabe der Politik ist es, den Standort Hückeswagen so attraktiv wie möglich zu gestalten.

Defizite im Bereich der Schullandschaft und der Betreuung müssen behoben werden. Verbesserungen bei den Einkaufsmöglichkeiten, der ärztlichen Betreuung sowie bei der Anbindung an den ÖPNV müssen erreicht werden. Die „Schloss-Stadt Hückeswagen leben und lieben“ muss unser Motto bleiben, auch wenn noch einiges zu tun ist. Die Unterstützung der Vereine, die attraktive Kultur-, Sport- und Freizeitangebote für die Bürger aller Altersschichten bereithalten, ist ebenso wichtig, wie eine transparente Verwaltung, in der sich die Bürger gut aufgehoben fühlen. Man lebt gerne in einer Stadt, mit der man sich identifiziert und in der es für alle Bürger die Möglichkeit gibt, sich aktiv in die Stadtentwicklung einzubringen. Dies muss transportiert werden, um für die Wertschätzung des Gemeinschaftsgefühls im Kleinstadtleben zu werben.

Brigitte Thiel (FaB)  Der Abwärtstrend bei den Einwohnern kann gestoppt werden zum Beispiel durch die Senkung der Grundsteuer, ein erweitertes  Angebot des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), eine optimale Kinderbetreuung beispielsweise durch die verlässliche Schule bis einschließlich der vierten Klasse und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum auch im Innenstadtbereich. Die Senkung der Grundsteuer kann etwa durch die Ansiedlung von neuem Gewerbe und somit mehr Einnahmen bei der Gewerbesteuer erreicht werden, zudem könnten hierdurch auch Arbeitsplätze geschaffen werden.

Der Fokus sollte mehr auf den Bedürfnisse von Familien mit Kindern gerichtet sein, in denen auch beide Elternteile berufstätig sind. Vielleicht würden dann einige junge Hückeswagener unsere Stadt nicht verlassen.

Zusammengestellt von
Stephan Büllesbach

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