Mutproben bei der Feuerwehr Hückelhoven In voller Montur durch den „Affenkäfig“

Hückelhoven · Der Tag der offenen Tür bei der Feuerwache Hückelhoven ist nicht nur eine unterhaltsame Veranstaltung. Es wird auch deutlich, wie komplex die Arbeit der Einsatzkräfte ist – und dass die Einsätze durch den Klimawandel zunehmen.

 Willkommen in der „Folterkammer“: In dem engen Gitterlabyrinth müssen die Hückelhovener Feuerwehrleute jedes Jahr wieder ihre Einsatztauglichkeit nachweisen.

Willkommen in der „Folterkammer“: In dem engen Gitterlabyrinth müssen die Hückelhovener Feuerwehrleute jedes Jahr wieder ihre Einsatztauglichkeit nachweisen.

Foto: Renate Resch

Der Mut schwindet im gleichen Maße wie der Pulsschlag zunimmt mit jedem Meter, den sich die Drehleiter der Feuerwehr in die Höhe windet. Nur nicht nach unten schauen, so der kluge Ratschlag. Ist die Leiter vollständig ausgefahren, hängt der Korb an ihrer Spitze in 32 Metern Höhe. Er schwankt und pendelt in luftiger Höhe einen Meter hin und her.

Das gesamte Ausfahren kommt höchst selten vor, entweder bei Übungszwecken oder, so wie am Wochenende, beim Tag der offenen Tür bei der Feuerwache an der Hilfarther Straße, wenn Mutige und Wagemutige den „Außenlift“ nutzen möchten, um einen grandiosen Ausblick auf Hückelhoven, die Umgebung oder auf das Geschehen tief zu ihren Füßen werfen wollen. Auf dem Gelände der Feuerwache herrscht reges Treiben. Die aufgestellten neun Fahrzeuge auf dem Außengelände werden interessiert beobachtet oder gar bestiegen, um selbst einmal wie ein Feuerwehrmann hinter dem Lenkrad eines Tanklöschfahrzeugs 4000 oder des Einsatzleitwagens zu sitzen. Im Gebäude selbst informiert eine Ausstellung über das Wirken der Wehr. Alle zwei Jahre, so Feuerwehrsprecher Josef Loers, präsentiert sich die Wehr der Öffentlichkeit.

Wer will, darf sich aktiv an den Übungen beteiligen. Auch am Boden kann der Interessierte oder Mutige sich bewähren. Es sieht so einfach aus, wenn die Feuerwehrkameraden sich bei einem simulierten Einsatz daran machen, aus einem verunfallten Auto den eingeklemmten Fahrer zu bergen. Da kommt der Spreizer zum Einsatz, ein Gerät, das scheinbar mühelos Türen aushebelt oder das eingedrückte Dach anhebt. Doch was so leicht aussieht, ist Schwerstarbeit. Zur Hektik und dem Wetter kommen die Arbeitskleidung und schließlich das wichtige Gerät. Der Spreizer wiegt 25 Kilogramm und mehr. Bei der Arbeit über Kopf fließt der Schweiß schneller, als dem Geräteträger lieb sein kann. Da kommt Respekt auf für die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehr.

„Und die wird immer mehr“, stellt Loers fest. Im ersten Halbjahr verzeichnete die Feuerwehr im Stadtgebiet schon 465 Einsätze, wovon der Löschzug 1 in Hückelhoven 170 absolvierte. Selbst bei der Vorbereitung ihres Festes musste die Wehr ausrücken. Gleich 70-mal gab es am Samstag wegen der Wetterkapriolen Einsätze. Eines hat Loers dabei festgestellt: „Die Einsätze, die durch die Veränderung des Klimas hervorgerufen werden, nehmen zu. Brände durch Trockenheit und Wasserschäden durch übermäßigen Regen sind keine Ausnahme mehr. Durchschnittlich 100 Einsätze gibt es deswegen inzwischen pro Jahr.“ Zugenommen haben auch die technischen Hilfeleistungen bei Unfällen, vornehmlich auf der Autobahn 46. Glücklicherweise, so Loers, gibt es dabei nicht das Phänomen, das anderenorts oft beklagt wird: „Gaffer oder Menschen, die uns bei unserer Arbeit behindern, haben wir nicht.“ Auch während des Tages der offenen Tür stand ein Einsatztrupp immer bereit, um im Ernstfall ausrücken zu können, ebenso wie der Rettungsdienst des Kreises oder die Einsatzzüge des Kreises, die ebenfalls über ihre Arbeit informierten.

Von Jung bis Alt galt nicht nur bei den Besuchern, auch die Feuerwehr zeigte sich von Jung bis Alt. Das erste motorisierte Feuerwehrfahrzeug, ein Opel Blitz von 1946, macht auf den Beginn; das mordernste, gerade angeschaffte Fahrzeug der neuen Verwaltungsstaffel auf den aktuellen Zustand aufmerksam. Doch nützen die besten Fahrzeuge nichts, wenn die Kameraden nicht fit sind. „Die Ausbildung an allen Fahrzeugen und Geräten ist unabdingbar“, meint Loers, der gerne zu einem Besuch der „Folterkammer“ im Keller einlädt. Darin muss jeder jedes Jahr seine Einsatztauglichkeit nachweisen. Auf einem 120 Meter langen Weg zwängt sich bei Rauch und Dunkelheit der Mensch durch ein schmales Gitterlabyrinth, bei dem es nach vielen Biegungen gilt, den richtigen Ausstieg zu finden. Natürlich in voller Montur und mit Atemschutz. „Da schleppst du leicht locker 35 Kilogramm mit dir herum“, sagt Loers aufmunternd und er gibt den Tipp, als es zur nächsten Station geht: eine nachgebaute Wohnung, in der bei völliger Dunkelheit Personen gesucht werden sollen. „Du musst kriechen, sonst eckst du an und stößt alles um.“ Da wächst der Respekt noch mehr vor den Freiwilligen Feuerwehrleuten. Viele würden gerne noch mehr helfen, löschen, retten bergen, aber sie können nicht, weil sie den Dienst für die Allgemeinheit oft nicht mit ihrer eigenen Arbeit vereinbaren können.

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