Duisburger Geschichten und Geschichte Der Große Kurfürst und sein Statthalter

Duisburg · Friedrich Wilhelm von Brandenburg galt als Förderer der Duisburger Universität und Profiteur des transatlantischen Sklavenhandels im 17. Jahrhundert.

 Friedrich Wilhelm, der „Große Kurfürst“ vor der Karte mit der Kolonie „Groß-Friedrichsburg“.

Friedrich Wilhelm, der „Große Kurfürst“ vor der Karte mit der Kolonie „Groß-Friedrichsburg“.

Foto: Mercatorverlag

Im 17. Jahrhundert bestimmten in Duisburg zwei Namen die Politik der Region. Zum einen Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620-1688), auch der große Kurfürst genannt, und sein Statthalter Moritz von Nassau-Siegen in Kleve. Beide hatten sich für die Errichtung der Alten Duisburger Universität eingesetzt. Sie standen für Glaubensfreiheit, Kultur und Wissenschaft. Weniger bekannt ist, dass die beiden Männer im internationalen Sklavenhandel eine Rolle spielten.

Bevor er das Amt des Statthalters in Kleve übernahm, stand Moritz von Nassau-Siegen in niederländischen Diensten. Während seines Wirkens als Gouverneur in Brasilien und Oberfeldherr brachte er 1637 und 1641 den lukrativen Sklavenhandel von Afrika nach Brasilien unter Kontrolle seiner Compagnie und galt als Begründer des niederländischen Sklavenhandels.  Die Erfahrungen des „Brasilianers“ in niederländischen Diensten und seine Bewunderung für die prosperierende niederländische Wirtschaft mögen die Überlegungen des Großen Kurfürsten befördert haben, ebenfalls in den lukrativen Sklavenhandel einzusteigen.  Im Jahr 1682 schuf Friedrich Wilhelm die „Afrikanische Compagnie“, um an der Westafrikanischen Küste einen Handelsposten zu gründen. Der bestand aus befestigten Niederlassungen an einem rund 30 Kilometer langen Küstenstreifen im heutigen Princes Town in Ghana. Die Festung „Groß Friedrichsburg“ steht noch heute und gehört zum Weltkulturerbe der Unesco. Sie erinnert an ein düsteres Kapitel deutscher Geschichte. Das Fort wurde zum zentralen Umschlagort für den deutschen Sklavenhandel, der unter den gleichen unmenschlichen Bedingungen ablief wie bei den niederländischen, englischen oder dänischen Kompanien.

Was allerdings in der heutigen Debatte unterschlagen wird: Sklaverei war in vielen afrikanischen Kulturen selbstverständlich. Afrikanische Sklavenjäger profitierten wirtschaftlich von der Jagd auf Menschen und vom Handel mit ihnen. Ihre Geschäftspartner, die brandenburgischen Händler, warteten an der westafrikanischen Küste auf die dorthin gelieferte Menschenware. Im Gegenzug tauschten sie Feuerwaffen, einfache Eisenwaren und Glas gegen Sklaven, Gold und Elfenbein. Insgesamt wurden 30.000 westafrikanischen Sklaven angekettet unter menschenunwürdigen Bedingungen nach “Danish Virgin Islands” in die Karibik verschifft. Von dort aus fuhren Schiffe zurück nach Europa, beladen mit Produkten wie Zucker, Kaffee oder Baumwolle, die durch Sklavenarbeit geerntet oder hergestellt worden waren.

Insgesamt gesehen blieb das Unternehmen ein wirtschaftlicher Misserfolg. Die machtvolle Konkurrenz der anderen Seemächte war zu stark. Der Enkel des Großen Fürsten, der Preußenkönig Friedrich Wilhelm, verkaufte Groß Friedrichsburg 1721 an die Niederländer für 7200 Dukaten und „12 Mohren“. Die neuen Besitzer hatten allerdings lange Zeit wenig Freude an dem Erwerb. Als sie das Fort in Besitz nehmen wollten, stießen sie mehrere Jahre lang auf massivem Widerstand. Ein afrikanischer Häuptling, genannt Jan Cunny, der „schwarze Preuße“, hatte den abziehenden Preußen versprochen, die Festung „treu seinem dem König von Preußen geleisteten Eid“ gegen die kolonialen Konkurrenten zu verteidigen. Vermutlich wollte er auch seine Pfründe im Sklavenhandel sichern. Die Jan Cunny Episode zeigt, dass Sklavenhandel und Rassismus nicht automatisch gleichgesetzt werden dürfen. Die Triebfeder der weißen und schwarzen Protagonisten waren Macht und Profit.

Zum Weiterlesen: Ulrich van der Heydens Buch „Rote Adler an Afrikas Küste“. Diebrandenburgisch-preußische Kolonie in Westafrika, Berlin 2001

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