Auf dem Werstener Deckel Anwohner wollen weniger Grünschnitt

Wersten · Der Werstener Deckel zeigt kahle Stellen. Die Vegetation wird von der Stadt jedes Jahr beschnitten, einigen Werstenern geht das zu weit.

 Oda Bispinck-Jaeger aus Wersten wünscht sich, dass sich das städtische Gartenamt mit dem Grünschnitt rund um den Werstener Deckel etwas zurückhält. Die Mauer im Hintergrund war früher komplett zugewachsen.

Oda Bispinck-Jaeger aus Wersten wünscht sich, dass sich das städtische Gartenamt mit dem Grünschnitt rund um den Werstener Deckel etwas zurückhält. Die Mauer im Hintergrund war früher komplett zugewachsen.

Foto: RP/Dominik Schneider

Der Werstener Deckel war eine große Veränderung zum Guten für den Stadtteil. Seit 1987 verläuft die Autobahn A46, die vormals das Viertel trennte, unterirdisch, über dem Tunnel ist eine langgestreckte Grünanlage entstanden, die von den Werstenern zur Erholung genutzt wird.

Und gerade hier hat das städtische Gartenamt in dieser Saison – und nicht zum ersten Mal – beim Grünschnitt übertrieben, finden einige Anwohner. Eine davon ist Oda Bispinck-Jaeger, die nur wenige Gehminuten vom Deckel entfernt wohnt. Jetzt, wo die Pflanzen austreiben, fällt auf, wie viel zurückgeschnitten wurde. „Die Mauer, unter der die Autobahn aus dem Tunnel kommt, habe ich vorher nie gesehen, da war alles bewachsen“, so Bispinck-Jaeger. Der Stein ist mit Graffiti beschmiert, nur noch einzelne Sträucher und kleine Bäume stehen auf dem Rasen zwischen Gehweg und Mauer.

„Jedes Jahr wurde hier viel Grün zurückgeschnitten, aber in diesem Jahr ist es besonders schlimm, es blutet mir beim Spazierengehen das Herz“, sagt die 78-Jährige, die vor fast 30 Jahren von Benrath nach Wersten gezogen ist. „Damals wusste ich gar nicht, wie grün der Stadtteil ist. Umso trauriger, dass es mit jedem Jahr weniger wird.“

Und nicht nur die Trennwand zur Autobahn ist vom starken Grünschnitt betroffen: Auch das Gebüsch, vor allem an der Südseite, wurde komplett entfernt. „Hier gab es immer viele Kaninchen, jetzt habe ich seit längerem keins mehr gesehen“, sagt Oda Bispinck-Jaeger ärgerlich. Und auch entlang der Düssel, die mit dem Bau des Werstener Deckels 1987 freigelegt wurde, fehlt es inzwischen an Schilf und Röhricht – und damit auch an Brutmöglichkeiten für Wasservögel, wie die Anwohnerin beklagt. Im nicht weit entfernten Südpark kann die 78-jährige Werstenerin ebenfalls zahlreiche Stellen aufzeigen, an denen immer weniger Platz für frei wachsende Natur gelassen wird.

Dass in Wersten sehr viel Grün zurückgeschnitten wurde, hat auch Heinz-Leo Schuth beobachtet, der Vorsitzender des Heimatvereins Werstener Jonges ist und auch schon einmal Bezirksbürgermeister war. „Nicht nur auf dem Deckel, auch an manchen Wegen wurde regelrecht Radikalschnitt betrieben“, erklärt Schuth. Auf alten Fotos auf der Homepage des Heimatvereins zeigt sich der Deckel umringt von dichtem Gebüsch – genau der Anblick, den Oda Bispinck-Jaeger vermisst.

Sie fordert vom zuständigen Gartenamt, sich beim jährlich stattfindenden Grünschnitt zurückzuhalten. Denn wenn die städtischen Verantwortlichen so mit ihren Grünflächen umgehen, sei es nicht stimmig, zugleich versiegelte oder mit Steinen belegte Vorgärten, wie es sie in der Nachbarschaft des Deckels an mehreren Stellen gibt, zu verbieten.

Bei der Stadtverwaltung sieht man keine Veranlassung, etwas am gewohnten Vorgehen zu ändern. Der regelmäßige Grünschnitt, der stets im Zeitraum zwischen November und Februar stattfindet, dient dazu, die Vegetation zu verjüngen, überalterte Pflanzen zu entfernen und dadurch Platz für neues Grün zu schaffen – so sei es auch auf dem Werstener Deckel geschehen. Der Gehölzschnitt erfolgt im Winter und damit grundsätzlich außerhalb der Brut- und Setzzeiten der heimischen Tierwelt, kleinere Arbeiten finden jedoch offenbar auch noch im Frühling statt, so waren am See im Südpark noch Ende April mehrere Säcke mit Grünabfällen zu sehen.

Eine naturnahe, vom Menschen unberührte Pflanzengesellschaft ist in den städtischen Parks nicht erklärtes Ziel der Arbeiten, die durch Mitarbeiter des jeweiligen Pflanzbezirks ausgeübt werden. Dass auf dem Werstener Deckel und am nahen Düsselufer eine kleine Wildnis entsteht, wird somit gewollt verhindert. „Die Gehölzpflanzungen am Werstener Deckel dienen innerhalb der Parkanlage in erster Linie als gestalterisches Element“, sagt ein Stadtsprecher auf Anfrage unserer Redaktion. Auch ein wirksamer Lärmschutz lasse sich hier durch das Grün nicht erreichen.

So kahl, wie es momentan in der Grünanlage aussieht und was neben Oda Bispinck-Jaeger noch andere Werstener Bürger stören dürfte, soll und wird es aber nicht lange bleiben. „Ein Strauchrückschnitt bewirkt in der Regel immer einen kräftigen Austrieb“, heißt es vom Gartenamt. Normalerweise sind daher auch keine Ersatzpflanzungen nach dem Grünschnitt nötig. Sollte an bestimmten Stellen ein Nachwachsen dennoch ausbleiben, wird das Gartenamt hier im kommenden Herbst und Winter neue Blühgehölze pflanzen – die dann in der darauf folgenden Wachtumsperiode 2022 austreiben können.

 Am Rande des Grünstreifens auf dem Tunnel-Deckel wurden mehrere Gebüsche fast komplett entfernt.

Am Rande des Grünstreifens auf dem Tunnel-Deckel wurden mehrere Gebüsche fast komplett entfernt.

Foto: RP/Dominik Schneider

Durch den Grünschnitt kommen im Jahr zwischen 2000 und 2500 Tonnen organischen Abfalls in Düsseldorf zusammen, wie viel davon auf den Werstener Deckel entfällt, lässt sich nicht gezielt beziffern. Die geschnittenen Pflanzenteile werden vom Gartenamt weiterverwendet, zum Beispiel um Mulch zu gewinnen, der wiederum Böden und Pflanzen im Stadtgebiet als Nährboden dient. Holz und Strauchwerk werden im Hauptbetriebshof an den Stockumer Höfen durch eine Biomasseanlage zur Wärmeversorgung der städtischen Gewächshäuser verwendet. Was übrig bleibt, wird kompostiert.

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