Stadtteil im Düsseldorfer Süden Warum Garath sein 2.0 braucht

Düsseldorf · Um Image und Lebensqualität in Düsseldorf-Garath langfristig zu verbessern braucht es nicht nur viel Geld, sondern auch viel Zeit. Garath 2.0 ist der richtige Weg, kurzfristige Erfolge sind jedoch unwahrscheinlich.

 Innerhalb von Garath 2.0 werden derzeit mehrere Spielplätze fertig, unter anderem der Ameisenspielplatz.

Innerhalb von Garath 2.0 werden derzeit mehrere Spielplätze fertig, unter anderem der Ameisenspielplatz.

Foto: RP/Dominik Schneider

Die Garather lieben Garath. Wenn man sie nach ihrer Heimat fragt, erzählen sie von einem grünen Viertel zwischen Forst und Kämpe – mit alteingesessenen Anwohnern, die sich um ihren Stadtteil kümmern und für ihn einsetzen. In wenigen Teilen der Landeshauptstadt ist die sublokale Verwurzelung so stark wie in Garath – kein Wunder, denn viele der heutigen Einwohner sind bereits mit Gründung des Viertels in den 1960er Jahren hier eingezogen. Und tatsächlich gibt es wirklich schöne Siedlungen in Garath, voller Bäume und blühender Wiesen, gepflegter Vorgärten und bürgerlicher Einfamilienhäuser.

Aber da ist auch die andere Seite von Garath: Hochhaustürme, sozial isoliert lebende Gruppen, Alkohol, Drogen und wirtschaftliche Armut – eine Mischung, die auch Nährboden für extremistisches Gedankengut ist. Dieses Garath prägt die Außenwahrnehmung des Stadtteils soweit, dass es vermutlich eines der Viertel mit dem schlechtesten Ruf in Düsseldorf ist.

Dagegen kämpfen die Bewohner des schönen Garaths seit langem. Und das zu ändern, ist auch eines der Ziele, die sich das Förderprogramm Garath 2.0 bei seinem Start 2016 gesteckt hat. Doch mit dem Ende dieses Jahres läuft auch das Förderprogramm aus, und die Diskussion um dessen Fortschreibung hat begonnen. Um die Geldgeber bei Bund und Land zu überzeugen, muss die Wirksamkeit der Maßnahmen dargelegt werden.

Daher stellt sich jetzt die Frage, ob sich etwas an Garaths Schmuddel-Image geändert hat. Die Antwort: nicht wirklich. Noch immer sprechen viele Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt nördlich des Schwarzen Wegs haben, den Namen Garath mit einem gewissen Naserümpfen aus. Nur, wer sich tatsächlich häufiger im Stadtbezirk 10 aufhält, bekommt die Veränderungen mit, die mit Geldern von Bund und Land möglich wurden: Das Straßengrün wurde enorm aufgewertet, neue Bäume gepflanzt und Blühwiesen ausgesäht.

Aus alten, heruntergekommenen und häufig von zwielichtigen Gestalten heimgesuchten Spielplätzen entstehen nach und nach moderne Kletter- und Tobelandschaften für die Kinder des Stadtteils, für jugendliche und junge Erwachsene wurden mehrere Treffs und Anlaufstellen gegründet und die Freizeitstätte – Garaths kulturelles Herz und Düsseldorfs größtes Bürgerzentrum – befindet sich derzeit im umfassenden Umbau.

„In Garath dürfen die Bürger mitbestimmen“, hat Quartiersmanagerin Silke de Roode in einem Interview gesagt. Tatsächlich werden die Entscheidungen, wie es mit dem Stadtteil weitergehen soll, in Absprache mit den Bürgern getroffen, und auch die Kinder werden hier angehört. Es gibt hier Düsseldorfs einziges Kinderparlament.

Und es funktioniert auch anders herum: Wer eine Idee für ein Projekt hat, eine Verschönerung etwa oder die Umsetzung eines Straßenfestes, der bekommt Geld aus einem der Töpfe, die für Garath zur Verfügung stehen, und Hilfe bei Antragstellung und Umsetzung.

Doch ein grundsätzliches Problem bleibt, und zwar in Bezug auf die heterogene Bevölkerungsstruktur, die hier auf recht engem Raum zusammen lebt. Die Bürger, die sich für ihren Stadtteil und sein Image interessieren, freuen sich über neue Bäume und ein besseres Kulturangebot. Aber ein hochmoderner, wunderschöner Spielplatz lässt die Nazi-Gruppen nicht verschwinden, die sich hier früher getroffen haben. Und die schlecht integrierte Migrantenfamilie, die kein Deutsch spricht und sich von ihrer Nachbarschaft fern hält, wird nicht durch ein paar Straßenfeste ein Teil der Gemeinschaft.

Solche grundlegenden, strukturellen Probleme lassen sich nicht in fünf Jahren lösen. Aber vielleicht kann die Förderung des Stadtteils langfristig für mehr Integration sorgen: Wenn die Familien mit den verschiedensten kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Hintergründen auf dem neuen Ameisenspielplatz zusammenkommen oder beim Sonnenradfest gemeinsam am Grillstand anstehen, dann gibt es neue Berührungspunkte, die langfristig dazu beitragen können, Vorbehalte und Vorurteile abzubauen. Aber eine solche Entwicklung darf nicht mit dem Holzhammer forciert werden, sondern muss organisch wachsen.

Derzeit wird ein Fazit über den Erfolg von Garath 2.0 vorbereitet. Aber noch lassen sich die Veränderungen nur anhand der Projektliste abzählen – ein grundsätzlicher Wandel, wie ihn Garath eigentlich braucht, wird Zeit brauchen. Ob er die zugegebenermaßen erheblichen finanziellen Investitionen aus öffentlichen Kassen wert ist, das muss innerhalb der kommenden Wochen entschieden werden. Rund 30 Millionen Euro sind in der ersten Runde in den Stadtteil geflossen – eine Fortschreibung dürfte eine ähnliche Summe beinhalten.

Von all den Maßnahmen im Rahmen von Garath 2.0 profitieren die Bürger des Stadtteils. Doch wie auch die Veränderung der Gesellschaft wird sich auch die Außenwahrnehmung nur sehr langsam verändern – wenn überhaupt. Denn wenige Menschen, die nicht im Viertel wohnen oder hier Freunde und Familie haben, verschlägt es überhaupt so weit in Düsseldorfs Süden.

Denkmuster ändern sich nur langsam, und es wird in jedem Fall Jahre dauern, bis auch Angermunder, Kaiserswerther und Oberkasseler verstanden haben, dass Garath mehr ist als sozial schwierige Wohnkasernen, und dass die hier verwurzelten Garather aus gutem Grund an ihrem Viertel zwischen Forst und Kämpe hängen.

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