Aktion der RP und Heinrich-Heine-Universität Düsseldorfer Erinnerungsorte gesucht

Düsseldorf · Wissenschaft kann erfreuen - und dieses Projekt ist sicherlich eines der sympathischsten, das man sich denken kann. Der Düsseldorfer Geschichtsverein stößt es in Zusammenarbeit mit Stadtarchiv, Heinrich-Heine-Universität und RP an: Gesucht werden ab sofort Düsseldorfer Erinnerungsorte. Wenn viele Düsseldorfer mitmachen, entsteht dank dieser "Citizen Science" ein Bild davon, was das kollektive Gedächtnis der Stadt ausmacht.

 Die Toten Hosen (im Bild Sänger Campino) und die Königsallee mit dem Kö-Graben sind beide Kandidaten für Düsseldorfer Erinnerungsorte.

Die Toten Hosen (im Bild Sänger Campino) und die Königsallee mit dem Kö-Graben sind beide Kandidaten für Düsseldorfer Erinnerungsorte.

Foto: Rottmann/Endermann

"Wir haben vor, die vielen Beiträge in ein Buch münden zu lassen", sagt Susanne Schwabach-Albrecht, die Vorsitzende des Düsseldorfer Geschichtsvereins. Dabei kommen jedoch nicht die einzelnen Texte der Bürger ins Buch, ihre Beiträge werden vielmehr von Experten gesichtet und bewertet, sodann schreiben Historiker und verwandte Profis einzelne Artikel zu den schließlich festgelegten Themen.

Was ist ein Erinnerungsort? Die Kö sicherlich, der Schlossturm, die Altstadt, aber auch Worringen, ein Ort, den es in Düsseldorf nicht gibt, aber in vielen Düsseldorfer Köpfen. "Es geht also nicht nur um topographische Orte", erläutert Christoph auf der Horst, Geschäftsführer des Hauses der Universität am Schadowplatz, "sondern um materielle und immaterielle Dinge gleichermaßen." Deswegen können auch Personen einen Erinnerungsort darstellen: Jan Wellem, Mutter Ey oder Die Toten Hosen, von denen Benedikt Mauer, der Chef des Stadtarchivs, sicher annimmt, dass ihnen Kapitel im Buch gewidmet werden.

Aber auch Texte und Ideen wie Schneider Wibbel oder Bräuche (St. Martin), Musik wie die Rheinische Sinfonie von Robert Schumann sind Kandidaten. Und während in Düsseldorf Sturm "Ela" als emotional berührende Naturkatastrophe beste Chancen auf Erwähnung hat, ist es im Ruhrgebiet, wo ein ähnliches Projekt läuft, die Loveparade.

Alles ist möglich. Denn es geht um das, was die Menschen von der Stadt im Kopf haben, was ihnen wichtig ist, eine Bedeutung hat, wenn sie an Düsseldorf denken oder sich erinnern. Grundlegende Voraussetzung sei, so auf der Horst, dass jene Erinnerungsorte für bestimmte soziale Gruppen - sei es ein Verein oder gar die gesamte Bevölkerung - identitätsstiftend wirken. Sie bilden bestenfalls "langlebige, Generationen überdauernde Kristallisationspunkte kollektiver Erinnerung und Identität".

So haben es Etienne François und Hagen Schulze formuliert, die ein dreibändiges Werk über deutsche Erinnerungsorte herausgegeben haben. Im ersten Band geht es bei ihnen etwa ums Reich (Karl der Große, Führerbunker, Reichstag etc.), Dichter und Denker (u.a. Nibelungenlied, Weimar, Goethe, Fontane, die Manns), das Volk (Grimms Märchen, der Volkswagen). Wie das Düsseldorfer Buch aufgebaut sein wird, steht noch nicht fest. "Das wird für uns eine sehr spannende Frage", sagt Mauer, "wir warten erst einmal ab, wie die Zusendungen ausfallen." Angeschrieben sind bereits mehrere Vereine.

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Dass die Lektüre am Ende Spaß macht und unterhaltend ist, zeigen die mehr als 400 Seiten Erinnerungsorte aus Oldenburg, die Susanne Schwabach-Albrecht auf die Idee brachten, ein solches Projekt auch in Düsseldorf zu starten. Dort finden sich beispielsweise mehrere Seiten über die Geschichte des Grünkohls, der "Nationalspeise" der Oldenburger. Schon Hippokrates lobte um 400 vor Christus die gesunde Wirkung des Kohls und empfahl ihn gegen Husten und Heiserkeit. Die Düsseldorfer dürfen also gespannt sein, was sie über Altbier und Senfrostbraten erfahren - denn dass diese Wohltaten ebenfalls Düsseldorfer Erinnerungsorte sind, ist wohl klar. Currywurst-Pommes kommt bestimmt nur ins Ruhrgebiet-Buch.

(RP)
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