Zu großer Flächenverbrauch NRW-Städte streiten über Bau von freistehenden Einfamilienhäusern

Düsseldorf · Klimaschützer warnen, dass Eigenheime viel Fläche brauchen. Nun will Münster den Neubau beschränken. Auch Aachen und Köln machen Auflagen. Der Mieterbund hat nichts dagegen. Neuss und Bonn sehen es anders.

 Freistehende Einfamilienhäuser sollen in Münster kaum noch gebaut werden.

Freistehende Einfamilienhäuser sollen in Münster kaum noch gebaut werden.

Foto: picture alliance / SvenSimon/FrankHoermann/SVEN SIMON

Für viele Familien ist das eigene Haus ein Traum, am besten freistehend. Doch vor allem in großen Städten könnte es damit noch schwieriger werden. So schränkt die Stadt Münster den Bau von freistehenden Eigenheimen ein. „In den von der Stadt begleiteten Planungen sind freistehende Einfamilienhäuser aufgrund des großen Flächenverbrauchs und vor dem Hintergrund der hohen Bodenpreise die Ausnahme“, erklärte ein Sprecher. „In neuen Wohngebieten werden in der Regel Mehrfamilienhäuser und nur untergeordnet Reihen- und Doppelhäuser geplant.“

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Foto: thinkstock.com/Levent Konuk

NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) betont zwar, dass dies kein Verbot für freistehenden Häuser bedeute: „Nach hiesiger Kenntnis berücksichtigen die Planungen der Stadt Münster bis 2030 eine aktive Planung von bis zu 1700 weiteren Einfamilienhäusern.“ Sie sagte unserer Redaktion aber auch: „Während in den eher ländlich geprägten Bereichen unverändert das freistehende Einfamilienhaus ermöglicht werden soll, bestehen für die eher urbanen Gebiete in Münster Planungen für Doppelhäuser und Reihenhäuser.“

Auch andere Kommunen sehen Eigenheime kritisch. „Die Grundsatzbeschlüsse des Rates der Stadt Aachen zum Klimaschutz erfordern, dass wir sparsam mit Grund und Boden umgehen. Welche städtebauliche Lösung jeweils die klimaverträglichste und flächenschonendste ist, wird am konkreten Standort entschieden“, so ein Sprecher. Der Kölner Rat hat unlängst ein „Köln-Katalog“ genanntes Konzept für dichtere Bebauung beschlossen: „Der Köln-Katalog sieht keine Einschränkungen bei der Errichtung von Einfamilienhäusern vor“, sagt die Stadt-Sprecherin. Jedoch müssten geringere Quartiersdichten an der einen Stelle (also Eigenheime) durch höhere Dichten (etwa Mehrfamilienhäuser) an anderer Stelle ausgeglichen werden.

Auch die Stadt Duisburg strebe „einen sparsamen Umgang mit der Ressource Boden an“, so der Sprecher. Dies soll durch einen Flächennutzungsplan erreicht werden, der auf die Bebauung früherer Industrieflächen setzt, wo es eine „ausgewogene bauliche Dichte mit einem entsprechenden Anteil an Geschosswohnungsbau“ geben soll.

Der Mieterbund NRW hat nichts dagegen: „Am Ende muss jede Kommune selbst entscheiden, ob sie den Bau neuer Ein- und Zweifamilienhäuser will. Was wir fordern, sind deutlich mehr bezahlbare Wohnungen im Geschosswohnungsbau. Wenn dann auf der anderen Seite freistehende Einfamilienhäuser wegfallen würden, würde das unserem Hauptanliegen zumindest nicht im Wege stehen“, sagte Geschäftsführer André Juffern. Er glaube aber, dass solche Vorhaben schwer durchsetzbar sein würden, und verwies auf Hamburg. Dort dürfen teilweise seit drei Jahren keine freistehenden Einfamilienhäuser mehr gebaut werden, aber seither gibt es heftige Debatten darüber.

Andere Städte wollen gar nicht an die Eigenheime ran. „Wir unternehmen und planen wirklich viel in der Stadt Neuss im Sinne des Klimaschutzes. Eine Einschränkung des Neubaus von freistehenden Einfamilienhäusern oder Doppelhaushälften ist nicht geplant“, heißt es in Neuss. Auch in Bonn „sind derartige Maßnahmen bislang nicht diskutiert worden“, so die Bundesstadt. Düsseldorf betonte, zwar sei Klimaschutz ein oberstes Gebot. „Trotzdem sind wir der Meinung, dass gemischte Quartiere mit unterschiedlichen Wohnformen die richtige Antwort im Gegensatz zu ideologischen Konzepten sind.“

Täglich werden in Deutschland mehr als 60 Hektar für Siedlungs- und Verkehrsflächen verbraucht – obwohl es nur die Hälfte sein sollte, so der Naturschutzbund Nabu. Lebensräume würden zerschnitten, das Artensterben beschleunigt, der Wasserabfluss verhindert. Starkregen kann dann dramatische Folgen haben. „Unser Ziel ist es, den Flächenverbrauch zeitnah auf fünf Hektar pro Tag zu reduzieren“, heißt es im schwarz-grünen Koalitionsvertrag für NRW. 2019 waren es 8,1 Hektar pro Tag. Immerhin: Die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser sank bundesweit im ersten Quartal 2023 um 31 Prozent. Die Gründe: steigende Zinsen, hohe Baukosten, energetische Auflagen.

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