Schmerzhafte Berührungen mit Nesseltieren Immer öfter – wenn Quallenblüte den Urlaub verdirbt

Düsseldorf · Im nördlichen Abschnitt der Adria in Kroatien machen sich vermehrt Quallen bemerkbar und auch an vielen südfranzösischen Stränden trüben Nesseltiere das Baden. Quallenblüte tritt immer häufiger auf, das haben Forscher bestätigt. Die genauen Zusammenhänge werden noch erforscht.

Giftige Quallen im Mittelmeer, in Ostsee und Nordsee
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Quallen vor denen man sich in Acht nehmen muss

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Foto: Shutterstock.com/scubaluna

Sie können Urlaubern die schönste Zeit im Jahr verderben und geben Forschern noch immer Rätsel auf – Quallen. Immer öfter kommt es am Mittelmeer sowie an Nord- und Ostsee zur sogenannten Quallenblüte, einer explosionsartigen Vermehrung der Nesseltiere. Das sei inzwischen auch durch wissenschaftliches Monitoring belegt, berichten die Quallenforscher Dr. Gerhard Jarms (Universität Hamburg) und Dr. Sabine Holst vom Forschungsinstitut Senckenberg. Die Ursachen und ihre Zusamenhänge werden noch erforscht. Klimawandel, Übernutzung der Meere, Meeresströmungen und Transportwege über die Ozeane, die zur Verbreitung invasiver Arten beitragen, sind einige davon.

Die Auswirkungen von Quallenblüten sind massiv, sowohl auf das Ökosystem als auch auf die Wirtschaft. Fischerei, Industrie und nicht zu vergessen der Badetourismus werden negativ beeinflusst. So sind Urlauber an den Küsten Korsikas und der Côte d'Azur aktuell wieder betroffen. Seit Mitte Juni hat sich die Feuerqualle Pelagia noctiluca dort explosionsartig vermehrt und vergällt Urlaubern an vielen südfranzösischen Stränden das Baden. Und auch im nördlichen Abschnitt der Adria machen sich diesen Sommer vermehrt Quallen bemerkbar. Wenn Badende durch eine glibbrige Masse schwimmen müssen, ist das an sich schon unangenehm. Sondern die Medusen ein Nesselgift ab, der zu stark juckenden Hautirritationen oder schmerzlichen Verletzungen führen kann, ist die Urlaubsfreude gänzlich dahin.

Von harmlos bis tödlich

Die giftigste Qualle der Welt schwimmt weit entfernt von unseren Gefilden. Es ist die australische Seewespe, eine Würfelqualle. Das Gift ihrer zwei bis drei Meter langen Tentakel könnte bis zu 250 Menschen töten. In Europa ist das Baden weniger gefährlich. Quallen in Europa, also an Nord- und Ostsee, sowie im Mittelmeerraum sind für den Menschen weit weniger gefährlich, meistens ist die Begegnung mit ihnen nur sehr unangenehm. Doch auch hier gibt es eine Art, die unter Umständen sehr gefährlich werden kann.

Die häufigste Quallenart an Nord- und Ostsee ist die Ohrenqualle, diese ist zum Glück harmlos. Ihr Gift kann die Haut des Menschen nicht durchdringen. Und auch die riesige Lungenqualle, die schon im vergangenen Jahr in Triest/Italien die Urlauber ärgerte, ist wieder in Massen seit April an der Küste zu finden. Mögen diese Exemplare zwar riesig sein, auch sie sind für die Badenden ungefährlich. Allenfalls kommt es zu geringen Reizungen bei Berührungen mit den Nesselzellen.

Anders ist es hingegen bei Feuerquallen, also Quallenarten, die schmerzhafte Hautverletzungen hervorrufen können. Das kann je nach Empfindlichkeit von Brennen wie bei einem Brennesselkontakt gehen, bis zu Bläschenbildung mit Jucken und Anschwellen der betroffenen Hautpartie. Feuerquallen kommen sowohl an der Nord- und Ostsee, sowie im Mittelmeerraum vor.

Die gefährlichste Quallenart in Europa ist die Portugiesische Galeere, die nicht nur in Portugal sondern zunehmend auch auf Mallorca die Badefreuden trübt. Ihre Tentakel sind bis zu 50 Meter lang und hinterlassen rote Striemen auf der Haut, die schmerzhaft sind. Im schlimmsten Fall kann ein allergischer Schock bei empfindlichen Personen unbehandelt sogar tödlich enden.

Ob wir in Zukunft in Europa mit noch mehr giftigen Arten zu tun bekommen, wird sich zeigen. In den letzten Jahren sind invasive Arten zunehmend heimisch geworden in unseren Gefilden. Eingeschleppt durch Schiffe hat sich so die Nomadenqualle, die normalerweise in den Tropen heimisch ist, im Mittelmeer breit gemacht.

Was tun bei einer Quallenverbrennung?

Nach dem Kontakt mit einer giftigen Qualle sollten Betroffene die Haut großflächig mit handelsüblichem Essig (keine Essigessenz) abspülen und anschließend die betroffenen Stellen mit 45 Grad Celsius heißem Wasser oder entsprechend temperierten Wärmepackungen mindestens 45 Minuten lang abdecken. Dies deaktiviere bereits injiziertes Gift effektiv, raten Christie Wilcox von der University of Hawaii at Manoa in Honolulu und ihr Team, nachdem sie Methoden wie das Abwaschen der Haut mit Salz- oder Süßwasser, Alkohol oder Urin in der Fachzeitschrift "Toxins" genauer ausgewertet haben. Die Untersuchungen bezogen sich auf Quallen der Gattung Physalia, zu der unter anderem die Portugiesische Galeere (Physalia physalis) gehört.

Kontraproduktiv sei demnach der Einsatz von Kühlpackungen, da diese die brennende Wirkung verstärkten. Ebenso Salzwasser helfe nicht zum Abspülen der Nesselkapseln und auch die anderen Hausmittelchen wie Zitronensaft, Rasierschaum oder Urin seien nicht wirkungsvoll.

Auf keinen Fall aber sollte die Hautstelle gerieben oder berührt werden. Ungeöffnete Nesselkaspeln könnten zerplatzen und für noch mehr Brennen sorgen, erklärt der Meeresbiologe Philipp Kanstinger auf dem Portal der WWF.

So unangenehm Quallen für den Menschen auch sein können - gerade wenn sie in Massen auftreten -, haben sie auch einen Nutzen für den Menschen und das auf vielfältige Art. Die Europäische Union will seit 2017 mit dem Projekt „GoJelly“ herausfinden, wie Quallen in der Ernährung, Düngung oder gegen Umweltverschmutzung eingesetzt werden könnten. Das Collagen der Quallen werde mitunter in Windeln oder Tampons verwendet, um Feuchtigkeit zu binden, und mache mancherorts sogar Beton flexibler und damit erdbebenfester, erklärt der Meeresforscher Fabien Lombard gegenüber der Nachrichtenagentur afp. Und als letztes Mittel könnten die Menschen Quallen ja immer noch essen, um ihren Bestand einzudämmen. Das hat zumindest die UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO schon 2013 vorgeschlagen.

Vor welchen Quallen sich Badeurlauber in Acht nehmen müssen und welche unangenehmen Begleiterscheinungen ein Kontakt mit ihnen hat, haben wir in einer Bildergalerie zusammengestellt.

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