Schlingerkurs beendet Prokop bleibt Bundestrainer

Wien · Christian Prokop bleibt über die EM hinaus Bundestrainer der deutschen Handballer. Erst setzte die Mannschaft ein klares Zeichen, dann sprach der Verband ihm eine Jobgarantie aus.

 Bundestrainer Christian Prokop.

Bundestrainer Christian Prokop.

Foto: dpa/Robert Michael

Ein Lächeln huschte über das Gesicht von Bundestrainer Christian Prokop, als der groteske Spuk um seine Zukunft endlich vorbei war. "Wir werden natürlich mit Christian in Richtung Olympia gehen", sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer am Dienstag in Wien und beendete damit den verbalen Schlingerkurs der vergangenen Tage.

Prokop wird damit trotz des verpassten EM-Ziels Halbfinale beim Olympia-Qualifikationsturnier der deutschen Handballer im April in Berlin (17. bis 19. April) auf der Bank sitzen. "Wir sind überzeugt davon", so Kromer auf einer Pressekonferenz im Teamhotel, "mit Christian einen hervorragenden Weg eingeschlagen zu haben."

Der Sportchef des mitgliederstärksten Handballverbandes der Welt verwies auf die "vielen Statements von gnadenlos überzeugten" Spielern: "Wir stellen klar, dass es intern nie eine Diskussion darüber gab, mit welchem Trainer wir zukünftig die Nationalmannschaft prägen wollen."

Vorausgegangen war der Jobgarantie ein klares Zeichen der Mannschaft, die sich nach dem überzeugenden 34:22 gegen Österreich klar pro Prokop positioniert hatte. "Wer nach den Spielen hier irgendwas infrage stellt, der hat den Handball nicht wirklich verstanden", sagte Torhüter Johannes Bitter.

Nach seiner überragenden Leistung gegen den Co-Gastgeber übernahm der Team-Oldie die Rolle des Wortführers. Über die öffentlichen Diskussionen um Prokop nach dem verpassten EM-Halbfinale hätten im Team "alle nur müde gelächelt, weil für uns steht das überhaupt nicht infrage", sagte Bitter und sprach seiner Mannschaft damit aus der Seele.

Kreisläufer Hendrik Pekeler, stets bekannt für deutliche Worte und unverstellte Kritik, stellte klar: "Wenn man vom Halbfinale spricht und es nicht erreicht, ist klar, dass es kritische Stimmen gibt. Aber auf der Trainerposition brauchen wir keine Veränderung."

Prokop nahm die warmen Worte mit Wohlwollen zur Kenntnis. Der mit Bravour bestandene Charaktertest gegen Österreich und das vorzeitige Erreichen des Spiels um Platz fünf am Samstag in Stockholm konnten seinen Ärger über die Diskussionen um seine Person aber nicht vollständig verdrängen. Die Schlagzeilen, die nach unglücklichen Kommentaren von DHB-Vizepräsident Bob Hanning aufgekommen waren, hatten ihm sichtlich zugesetzt.

"Ich finde es völlig überflüssig, wenn ich das ehrlich sagen darf", sagte Prokop. Er habe zahlreiche Nachfragen von Freunden bekommen, was da los sei. "Dann ist man schon ein bisschen nachdenklich und unruhig. Es ist keine schöne Situation", sagte Prokop. Seine Mannschaft habe schließlich nach einem "Riesenkampf" gegen Kroatien mit einem Tor verloren. "Ist das in Deutschland der Maßstab, dass danach der Trainer infrage gestellt wird, wenn man Kroatien nicht schlägt?", fragte Prokop.

Hanning fühlte sich bei seinen viel diskutierten Aussagen ("Was macht die Mannschaft mit ihrem Trainer") missverstanden. Er habe den Trainer nie öffentlich infrage gestellt.

Keeper Andreas Wolff spielte die Brisanz der Trainerfrage, über die am Montagabend auch im Fernsehen heiß debattiert wurde, herunter. "Das Spiel spricht für sich", sagte Wolff: "Taktikfuchs Bob Hanning hat das sehr clever gemacht, dass er die Mannschaft gekitzelt hat, damit es kein Spiel wird, das zur Schlafnummer mutiert. Es ging nicht nur um die numerische Platzierung, sondern darum, ein Zeichen zu setzen. Die Taktik ist aufgegangen, wir haben das Zeichen gesetzt."

Und so geht Prokop deutlich entspannter in das sportlich unbedeutende Hauptrunden-Finale am Mittwoch gegen Tschechien (20.30 Uhr/ZDF). Trotz eines personellen Wechsels - der Mindener Rückraumspieler Marian Michalczik ersetzt den angeschlagenen Kreisläufer Patrick Wiencek (Knieprobleme) - versicherte der Coach: "Das Team ist weiter hungrig." Er werde zwar mehr durchwechseln und die Spielanteile verteilen. "Die Botschaft bleibt aber, gewinnen zu wollen", sagte Prokop: "Wir wollen nicht mit einem blöden Gefühl diese EM verlassen. Und da sind wir jetzt auf einem guten Weg."

(eh/sid)
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