Der Tag nach dem Halbfinal-Einzug Strandspaziergänge und Alkoholverbot

Santo Andre · Die historische Tat gegen Frankreich geriet ganz schnell zur Nebensache. Das Giganten-Duell gegen Brasilien war schnell das beherrschende Thema bei der deutschen Nationalmannschaft. Gegen den Rekordweltmeister will das DFB-Team nach zuletzt drei vergeblichen Anläufen endlich auch sein Halbfinal-Trauma überwinden.

DFB-Team relaxt mit Spielerfrauen am Strand
13 Bilder

DFB-Team relaxt mit Spielerfrauen am Strand

13 Bilder
Foto: dpa

"Wir versuchen jetzt, den nächsten Schritt zu machen. Die Mannschaft ist gefestigt und stabil", sagte ein sichtlich erleichterter Bundestrainer Joachim Löw nach dem 1:0 (1:0) im Viertelfinale gegen die Franzosen und vor dem WM-Schlager gegen die Selecao am Dienstag (22.00 Uhr MESZ/Live-Ticker) in Belo Horizonte.

Dass die deutsche Mannschaft bei einer WM zum vierten Mal in Serie die Runde der letzten Vier erreichte und damit Geschichte schrieb, interessierte schon beim Rückflug aus Rio de Janeiro kaum mehr. "Alle haben im Kopf, dass wir wieder zurück nach Rio kommen", betonte Manager Oliver Bierhoff mit Blick auf das Finale am 13. Juli im legendären Maracana.

Ein drittes Mal das undankbare Spiel um Platz drei? "Das brauche ich wirklich nicht, da reise ich vorher ab", sagte Kapitän Philipp Lahm mit einem Schmunzeln - um dann bestimmt anzufügen: "Jetzt will man definitiv mehr. Das war nicht unser letzter Aufenthalt hier in Rio."

Deutschland gegen Frankreich - Einzelkritik: Mats Hummels überragt
16 Bilder

Frankreich - Deutschland: Einzelkritik

16 Bilder

Doch zunächst wartet der wohl schwerste Brocken - auch wenn den Brasilianern Superstar Neymar (WM-Aus nach Wirbelbruch) und Kapitän Thiago Silva (Gelbsperre) fehlen werden. Um für die Partie gegen den Rekord-Weltmeister gerüstet zu sein, wirft Löw sogar den bisher üblichen Fahrplan über den Haufen. "Wir werden diesmal erst einen Tag vor dem Spiel anreisen, sodass wir einen Tag länger zur Regeneration haben", sagte Bierhoff. Statt am Sonntag fliegt das DFB-Team erst am Montag nach Belo Horizonte.

Auch im Campo Bahia war nach der Rückkehr am Freitagabend Ruhe das oberste Gebot. Es gab sogar Alkoholverbot. "Wichtig ist, dass die Spieler keinen Alkohol trinken. Das war zwar früher bei uns anders, hier müssen wir aber darauf achten", betonte Bierhoff. "Einfach ausruhen, wenig machen, abschalten", gab Lahm als Motto bis Dienstag aus.

So fuhren beim Training am Samstag einige Spieler locker Fahrrad, die anderen liefen entspannt um den Platz. Zudem stand Gymnastik und Dehnen im Mittelpunkt. Zuvor hatte Bundestrainer Joachim Löw auf dem Platz noch eine kurze Ansprache gehalten.

Deutschland nach Sieg gegen Frankreich im Halbfinale: Pressestimmen
61 Bilder

Deutschland - Frankreich: Pressestimmen

61 Bilder

Spielerfrauen zu Besuch

Den Samstagnachmittag gab Löw wie bisher immer nach den Spielen frei. Auch die Frauen und Familien durften zu Besuch kommen und über Nacht bis Sonntagfrüh bleiben. Für den Abend war ein gemeinsames Essen geplant.

Die Mannschaft sieht sich aber trotz des Kraftaktes bei brütender Hitze in Rio gegen Frankreich für das Halbfinale und den heiß ersehnten vierten Titel gerüstet. "Ich denke, dass wir eine große Chance haben, es diesmal zu packen und den Pokal endlich in der Hand zu halten", meinte Torjäger Miroslav Klose, warnte aber zugleich: "Wir dürfen nicht den zweiten vor dem ersten Schritt machen."

Sarah Brandner, Mandy Capristo und Lena Gercke fiebern gegen Frankreich mit
8 Bilder

Deutsche Spielerfrauen fiebern gegen Frankreich auf der Tribüne mit

8 Bilder
Foto: dpa, ase

Dennoch: Der Optimismus ist groß, das Achtelfinale gegen Algerien (2:1 n.V.) schon wieder weit weg. "Mit dieser Art, Fußball zu spielen, haben wir ein Chance zu gewinnen", sagte der überragende Mats Hummels, der die DFB-Auswahl mit seinem zweiten Turniertreffer (13.) zum Sieg führte. Er glaube auch, fügte der Dortmunder an, "dass wir dieses Spiel durchziehen können".

Hummels meinte aber nicht das technisch anspruchsvolle Spiel, das Löw so gerne hätte, sondern Einsatz, leidenschaftliche Defensivarbeit und Kampf um jeden Zentimeter. "Man gewinnt nicht mit zwei Gegentoren pro Spiel die Weltmeisterschaft, man braucht eine stabile Defensive", betonte Hummels.

Die Mannschaft müsse weiter "so füreinander arbeiten", ergänzte Thomas Müller mit der Betonung auf arbeiten, "dann ist es ganz schwer, uns zu schlagen, weil wir auch individuell was drauf haben." Lahm sprach von "Wille und Leidenschaft". Stimme, die könne man "Taktik und fußballerische Qualität" vergessen.

Das Spiel gegen Frankreich bot besten Anschauungsunterricht: Die deutsche Mannschaft glänzte keineswegs, trat aber als kampfstarke und stabile Einheit auf. Dazu trugen auch die personellen Rochaden von Löw bei. Vor allem die Versetzung von Lahm in die Abwehr erwies sich als wichtiges Puzzleteil.

"Wir wollten über die Außenpositionen mehr bewirken. Und ich hatte das Gefühl gehabt, für das Spiel einen neuen Reiz setzen zu müssen. Dass Philipp das sehr gut macht, ist auch schon länger bekannt", kommentierte Löw seine weitreichende Planänderung gelassen. Dass er zudem Per Mertesacker opferte und Miroslav Klose erstmals in die Startelf beorderte, waren weitere Mosaiksteinchen.

Was die Aufstellung für das Brasilien-Spiel angeht, hielt sich Löw dennoch bedeckt. "Das weiß ich jetzt noch nicht. Für mich ist wichtig zu sehen, wie die Spieler das verkraften. Einige Spieler mussten absolut ans Limit", sagte er. Jetzt heiße es, "die Kräfte zu bündeln. Wir müssen das aus den Knochen schütteln."

(sid)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort