Ukraine-Krise trifft auch Deutschland Gas-Streit verteuert Energiepreise

Moskau/Berlin · Russland hat seine Gaslieferungen an die Ukraine gestoppt. Nun wächst auch in Westeuropa die Sorge vor Engpässen. Schon am Montag legten Öl- und Gaspreise zu. Die CDU droht mit weiteren Sanktionen.

Wie gefährlich ist Russlands "Gas-Waffe"?
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Foto: FILES, AFP

Der Gas-Streit zwischen Russland und der Ukraine ist eskaliert. Der russische Konzern Gazprom hat seine Lieferungen an die Ukraine gestoppt und will künftig nur noch gegen Vorkasse liefern. Moskau versicherte zwar, die vereinbarten Gaslieferungen in die Europäische Union seien davon nicht betroffen. Gazprom-Chef Alexej Miller betonte aber, es bestünden "nicht unwesentliche" Risiken für die Transitlieferungen.

Die Ukraine ist das wichtigste Durchgangsland für russisches Gas. Die Hälfte der Lieferungen in die EU werden darüber abgewickelt. Gazprom warnte, es könnte Probleme geben, wenn die Ukraine Gas für den Eigenverbrauch abzweige, das für Europa bestimmt sei. Die Kiewer Regierung erklärte, dies werde man anders als im Gas-Streit 2009 nicht tun.

Die Börsen reagierten dennoch beunruhigt. Der Preis für britisches Erdgas schoss um bis zu 6,8 Prozent in die Höhe. Das setzte zugleich den Strompreis mit unter Druck, da viele Kraftwerke Strom aus Gas erzeugen. Der Preis für eine Megawattstunde Strom kostete in der Spitze 34,85 Euro. Das ist 0,9 Prozent mehr als am Freitag und so viel wie zuletzt im April. Hier spiegele sich die Verunsicherung der Anleger wider, sagte ein Börsianer.

Auch die Aktienkurse gaben weltweit leicht nach, zumal die Angst vor einem Bürgerkrieg im Irak wächst. Der Irak ist eines der wichtigen Öl-Lieferländer. Der Deutsche Aktienindex Dax schloss bei 9884 Punkten. Vor zwei Wochen hatte er gerade erst die Marke von 10 000 Punkten geknackt.

Das Bundeswirtschaftsministerium beruhigte: Aktuell sei die Gasversorgung in Deutschland nicht gefährdet. Die deutschen Gasspeicher seien nach dem milden Winter noch zu drei Viertel gefüllt. Das reicht im Sommer für die Versorgung für mehr als drei Monate. Im Winter sieht es jedoch anders aus. Deshalb fordert Claudia Kemfert, Energie-Expertin vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, die Errichtung einer nationalen Gasreserve, die für 90 Tage reicht.

Am Montag war ein Ultimatum abgelaufen, das Russland der Ukraine gesetzt hatte. Moskau wirft dem Nachbarn vor, Gasrechnungen in Höhe von mehr als vier Milliarden Dollar (2,9 Milliarden Euro) nicht bezahlt zu haben. Kiew will die Schulden dagegen erst bezahlen, wenn Klarheit über den künftigen Preis besteht. Seit Wochen verhandeln die beiden Länder. Der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk warf Russland vor, die Lösung absichtlich bis zum Winter zu verzögern. "Aber es geht nicht um Gas, es geht um den generellen Plan Russlands, die Ukraine zu zerstören." Nach dem Abschuss eines ukrainischen Militär-Transportflugzeugs durch pro-russische Separatisten mit 49 Toten hatten die Spannungen am Wochenende zugenommen.

Als "destruktiv und aggressiv" verurteilte Unions-Außenexperte Andreas Schockenhoff das Vorgehen Russlands. "Es wäre ein deutlich konstruktiverer Beitrag, wenn Moskau endlich die eigenen Grenzen für Waffen und Kämpfer dichtmachen würde, als nun den Gashahn zu schließen", sagte Schockenhoff unserer Redaktion. Wenn Russland weiter zulasse, dass die Ukraine destabilisiert werde, "muss man zeitnah zur dritten Stufe der Sanktionen kommen". Die SPD rief beide Seiten auf, sich zu bewegen. Die Aufkündigung der Gaslieferung sei "keine akzeptable Art", sagte SPD-Außenexperte Niels Annen. Andererseits sei klar, dass von Russland bezogenes Gas auch bezahlt werden müsse.

(RP)
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