Lammert gegen NPD-Verbot "Verfahren nicht durchdacht"

Berlin · Der Beschluss der Länder für ein NPD-Verbotsverfahren stößt auf Widerspruch. Bundestagspräsident Norbert Lammert hält die Sache für einen nicht durchdachten Reflex auf die NSU-Morde.

 Bundestagspräsident Norbert Lammert hält nichts von einem NPD-Verbotsverfahren.

Bundestagspräsident Norbert Lammert hält nichts von einem NPD-Verbotsverfahren.

Foto: afp, JACQUES DEMARTHON

Lammert äußerte in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" Zweifel, ob die von den Länderinnenministern vorgelegte Materialsammlung für ein Verbot durch das Bundesverfassungsgericht ausreiche. Auch die juristischen Begründungen leuchteten ihm nicht ein. "Man soll es besser bleiben lassen", sagte Lammert. Das Risiko, dass der Europäische Gerichtshof ein Verbot der NPD wieder aufhebe, sei groß, meinte der Bundestagspräsident.

Kretschmann gibt sich vom Erfolg überzeugt

Dagegen zeigte sich der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zuversichtlich, dass der Antrag beim Bundesverfassungsgericht Erfolg haben werde. Im "heute-journal" sagte er, es spreche alles dafür, "gegen diese menschenverachtende, rassistische Partei nun endlich ein Verbotsverfahren anzustrengen und es gibt keinen vernünftigen Grund, dieses nicht zu tun." Es sei mehr als 1000 Seiten Material gesammelt worden, das ergebe, dass diese Partei aggressiv gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung agitiere. "Sie ist verfassungswidrig und deswegen kann sie auch verboten werden."

Eine Mehrheit der Deutschen ist dafür

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)
fordert unterdessen neue Anstrengungen zur Bekämpfung des Rechtsextremismus. "Es geht darum, möglichst viele Menschen herauszubrechen aus ihrem rechtsextremen Umfeld", sagte die Ministerin der "Welt" (Freitag). "Wir sollten die Strukturen vereinheitlichen und ein gemeinsames Exit-Programm von Bund und Ländern schaffen, das beispielsweise vom Bundeskriminalamt koordiniert wird."

Die Mehrheit der Deutschen spricht sich für ein Verbot der rechtsextremen NPD aus. Bei einer Umfrage von Infratest dimap im Auftrag der ARD-"Tagesthemen"sagten 73 Prozent, die NPD sollte verboten werden. 22 Prozent sprachen sich gegen ein Verbot aus. Eine am Donnerstag veröffentlichte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid im Auftrag des Fernsehsenders N24 ergab 67 Pozent Befürworter.
21 Prozent der Bevölkerung seien dagegen.

Bundesregierung hält sich bedeckt

Die Ministerpräsidenten der Länder hatten sich am Donnerstag bei einem Treffen in Berlin auf einen Antrag zum Verbot der NPD geeinigt.
Der offizielle Beschluss soll kommende Woche im Bundesrat fallen.
Die Bundesregierung will erst bis März über einen entsprechenden Antrag entscheiden. Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte nach Gesprächen mit den Ministerpräsidenten an, eine Entscheidung werde im ersten Quartal 2013 fallen.

(dpa)
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