SPD-Parteitag in Hannover Kraft will Steinbrück beim Neustart helfen

Berlin · Am Sonntag trifft sich die SPD zum Sonderparteitag in Hannover. Peer Steinbrück soll dort offiziell als Kanzlerkandidat nominiert werden. Hannelore Kraft soll die Eröffnungsrede beim Nominierungsparteitag halten – und dem Kanzlerkandidaten Rückenwind verschaffen.

Steinbrück als Kanzlerkandidat vorgeschlagen
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Am Sonntag trifft sich die SPD zum Sonderparteitag in Hannover. Peer Steinbrück soll dort offiziell als Kanzlerkandidat nominiert werden. Hannelore Kraft soll die Eröffnungsrede beim Nominierungsparteitag halten — und dem Kanzlerkandidaten Rückenwind verschaffen.

Unions-Fraktionschef Volker Kauder dürfte auf dem CDU-Parteitag selbst einigen Sozialdemokraten aus der Seele gesprochen haben. "Zunächst einmal hatte die SPD Pech, und dann kam noch Peer Steinbrück dazu", stichelte Kauder über den holprigen Start des Kanzlerkandidaten.

In der Tat ist Peer Steinbrück, der bei der kommenden Bundestagswahl die dann acht Jahre währende Kanzlerschaft Angela Merkels beenden will, seit seiner Nominierung Ende September in Verteidigungsstellung. Die üppigen Honorare für seine Reden als Abgeordneter, seit 2009 nach eigenen Angaben rund 1,25 Millionen Euro, hatten Steinbrück an der Parteibasis Naserümpfen eingebracht. Seine Kommunikationsstrategie — erst als Lappalie abgetan, dann volle Transparenz eingefordert — wurde ebenfalls kritisiert. Ständig musste er sich rechtfertigen, sprach von "Lernkurve" und "mangelndem Fingerspitzengefühl".

Diese Woche wollte nun ausgerechnet der Mann, der als Finanzminister die Schweizer Steuerpolitik rüde kritisierte ("Kavallerie ausreiten lassen"), einen Vortrag bei einer Schweizer Bank halten. Erst als Ermittlungen gegen die Bank wegen möglicher Steuerhinterziehung bekannt wurden, sagte Steinbrück ab. Wieder einmal fragen sich manche in der Partei, wo Steinbrücks politischer Instinkt geblieben ist. "Komplett unsensibel", urteilte die "Süddeutsche Zeitung". Der Kandidat wirkt wie ein Getriebener, der den Medien eine gezielte Kampagne vorwirft, sich selbst aber nur wenig.

Kraft hält Eröffnungsrede

An diesem Sonntag soll nun alles anders werden. Die SPD wird Steinbrück auf einem Sonderparteitag in Hannover offiziell als Kanzlerkandidaten nominieren. Die wichtige Eröffnungsrede soll die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft halten. Kraft ist die Sympathieträgerin der Partei. Mit ihrer Mischung aus Ruhrgebiets-Charme und Landesmutter-Image eroberte sie nach zwei Jahren Minderheitsregierung nicht nur die rot-grüne Mehrheit im größten Bundesland, sondern auch die Herzen der Genossen. Beim Bundesparteitag der Sozialdemokraten vor einem Jahr hatte Kraft 97,2 Prozent der Stimmen als Stellvertreterin des Vorsitzenden Sigmar Gabriel erreicht. Damit lag sie nur knapp unterhalb des Ergebnisses von Angela Merkel auf dem CDU-Parteitag diese Woche.

Nun soll die nordrhein-westfälische Regierungschefin mit einem engagierten Bekenntnis für ihren Vorvorgänger den Parteitag hinter Steinbrück versammeln. "Kraft ist ein positiver Faktor", sagt einer der Berater Steinbrücks. Es wird erwartet, dass die SPD-Politikerin in ihrer Rede auch persönlich auf die frühere Zusammenarbeit mit Steinbrück im Landeskabinett eingeht. Die Medienberichte über die angeblichen Probleme des SPD-Kandidaten mit Frauen hält Kraft für Unsinn. Einige lobende, persönliche Worte der beliebten SPD-Vize könnten das Image Steinbrücks als eines ruppigen, kantigen und gelegentlich herrischen Norddeutschen aufpolieren. Die Rede der prominenten SPD-Frau soll zudem die Ansprachen der SPD-Männer Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier ausgleichen. Der Gastgeber und niedersächsische Spitzenkandidat für die Landtagswahl, Stephan Weil, soll lediglich ein Grußwort halten. Außerhalb der Landesgrenzen ist Weil kaum bekannt. Auch deswegen wurde die populäre Kraft gebeten, den Kandidaten Peer Steinbrück vorzustellen.

Steinbrück will echte Alternative zu Merkel sein

Der hat sich zuletzt aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, um an seiner Rede zu feilen. Mehrere Mitarbeiter liefern angeblich Ideen und Schlagwörter. Maximal 90 Minuten wolle er reden, ist zu hören. Die gute, aber langatmige Rede Gabriels bei dessen Wahl zum Vorsitzenden 2009 ist vielen Delegierten noch im Gedächtnis. Steinbrück will sich als echte Alternative zu Merkel präsentieren — nicht nur in Finanzfragen. Es solle um den "sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft" gehen, ist an der SPD-Spitze zu hören.

Von sozialem Wohnungsbau bis zum Bildungsaufstieg für Migranten und generationenübergreifender Hilfe will Steinbrück eine Reihe von gesellschaftlichen Themen ansprechen: weg von den kühlen Finanzvokabeln, hin zu Grundsätzlichem. Peer Steinbrück werde eine sozialdemokratische Rede halten. Im Klartext: Er wendet sich an die Partei. Die SPD muss Peer Steinbrück zuerst hinter sich bringen.

(brö)
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