Vor Gericht NPD-Verbotsantrag - ein riskantes Unterfangen
Die Enttarnung der rechtsterroristischen Neonazi-Zelle NSU hat die Debatte um ein Verbot der extremistischen Partei NPD neu angefacht. Im Dezember 2012 entschloss sich der Bundesrat zu klagen, ein Jahr später reicht er den Antrag ein. Ein riskantes Unterfangen.
Was sind die Voraussetzungen für ein Parteiverbot?
Eine Partei kann in Deutschland nur dann verboten werden, wenn sie eine verfassungsfeindliche Haltung vertritt und diese nachweisbar in aktiv-kämpferischer Weise umsetzen will. Radikale Meinungsäußerungen allein genügen also nicht. Der Gesetzgeber hat die Hürden bewusst hoch gelegt: Denn im Idealfall soll die politische Auseinandersetzung im Wettstreit um das bessere Argument geführt werden - und nicht vor Gericht. Aussprechen kann ein Verbot nur das Bundesverfassungsgericht, und das nur auf Antrag von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung.
Warum ist die NPD nicht schon längst verboten?
Ein Verbot der NPD wurde erstmals diskutiert, als sie Ende der 1960-er Jahre den Sprung in mehrere Landtage schaffte. Die NPD verschwand aber damals schnell wieder von der Bildfläche, die Debatte erlahmte. Eine Reihe antisemitischer und ausländerfeindlicher Gewalttaten führte dazu, dass die rot-grüne Bundesregierung 2001 ein Verbotsverfahren in Gang brachte. Das Verfassungsgericht ließ das Verbot 2003 spektakulär platzen. Sein Argument: In der NPD-Führung seien zu viele staatliche Spitzel (V-Leute) tätig.
Wer sind die V-Leute?
Die so genannten Vertrauensleute sind NPD-Funktionäre, die dem Verfassungsschutz gegen Bezahlung Informationen aus dem Innenleben der Partei zuliefern. Ihr Einsatz ist umstritten: Befürworter argumentieren, ihr Insider-Wissen sei unverzichtbar. Gegner monieren, dass der Staat der NPD über die Bezahlung für die V-Leute Geld zufließen lasse. Das Verfassungsgericht hielt deren Einfluss auf die NPD in seiner Entscheidung von 2003 für so prägend, dass nicht mehr unterschieden werden könne, welche Haltungen der NPD selbst zuzuschreiben seien und welche von V-Leuten des Verfassungsschutzes beeinflusst seien. Das Verfahren wurde daher damals eingestellt.
Was sind die nächsten Schritte?
Die Innenminister von Bund und Ländern wollten zunächst die V-Leute in den Bundes- und Landesvorständen der NPD "abschalten" - also den Kontakt zu ihnen kappen. Danach wird mit der Sammlung von Belastungsmaterial für ein neues Verbotsverfahren begonnen. Dies wird durch das Abschalten der V-Leute erschwert, weil sich die Ermittler dann vor allem aus offenen Quellen bedienen müssen. Sie müssen zudem beachten, dass das gesammelte Material nicht durch das Mitwirken von V-Leuten "kontaminiert" und damit vor Gericht nicht verwertbar ist.
Welche Alternativen zu einem Parteiverbot gäbe es?
Es herrscht weithin Konsens, dass das erneute Scheitern eines Verbotsverfahrens unter allen Umständen verhindert werden muss. Denn die NPD hatte 2003 vom ersten Scheitern des Verfahrens profitiert: Die Existenz der Partei war mit dem Richterspruch rechtlich gesichert, sie steigerte ihre Mitgliederzahl und schaffte den Sprung in die Landtage von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Sollte ein neues Verbot wegen der hohen Hürden nicht zustande kommen, könnte der Versuch gestartet werden, die NPD wenigstens von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen. Dafür müsste das Grundgesetz geändert werden.
Hier finden Sie Informationen zu einem weiteren möglichen NPD-Verbotsverfahren