Deutsch-israelische Regierungsgespräche Netanjahu, der schwierige Freund

berlin · Die Unstimmigkeiten zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Israels Ministerpräsident Netanjahu über die Siedlungspolitik der Israelis wurden bei Netanjahus Besuch in Berlin deutlich sichtbar.

 Israels Premier Benjamin Netanjahu will sich von der deutschen Kanzlerin nicht in seine Politik hineinreden lassen.

Israels Premier Benjamin Netanjahu will sich von der deutschen Kanzlerin nicht in seine Politik hineinreden lassen.

Foto: dapd, Michael Gottschalk

"Wir sind uns einig, dass wir uns uneinig sind", sagte Merkel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Netanjahu. Anlass des Besuchs waren die vierten deutsch-israelischen Regierungsgespräche.

Doch die jüngsten Pläne Netanjahus im Osten Jerusalems weitere Siedlungen zu bauen, stoßen auf Kritik im Kanzleramt. Deutschland sei "gegen einseitige Schritte", betonte die Kanzlerin. Auch dies war nur als Hinweis auf die Siedlungspläne zu verstehen.

Einig in der Uneinigkeit

Dass sich Deutschland bei der Abstimmung der Vereinten Nationen über die Aufwertung Palästinas zum Beobachterstaat nur "enthalten" und nicht wie der wichtigste Verbündete Israels, die USA, mit Nein gestimmt hatten, war wiederum in Israel verärgert aufgenommen worden.

Hernach bemühten sich Merkel und Netanjahu wortreich, die besonderen, freundschaftlichen und partnerschaftlichen Beziehungen beider Länder hervorzuheben. "Wir diskutieren unsere unterschiedlichen Auffassungen, aber die Grundlage der deutsch-israelischen Beziehungen sind unantastbar", erklärte Merkel.

Einmal schaut Merkel ungläubig

Erneut wiederholte sie ihr Diktum, das die Sicherheit Israels "Teil der deutschen Staatsräson" sei. Auch müsse man Ursache und Wirkung der jüngsten Konflikte im Nahen Osten klar benennen, sagte Merkel und erwähnte die Raketenbeschüsse durch die Extremisten der Hamas.

Israels Regierungschef Netanjahu versuchte die Siedlungspläne als normalen Vorgang darzustellen. Es gehe um einen "sehr schmalen Korridor" in Ost-Jerusalem. Schon seine Vorgänger hatten dieses Gebiet stets als israelischen Teil einer möglichen Zwei-Staaten-Lösung angesehen. "Unter Freunden darf man unterschiedliche Meinungen sagen", sagte Netanjahu bei der Pressekonferenz im Kanzleramt. "Wir wollen dass es einen jüdischen Staat Israel und einen palästinensischen Staat gibt." Angela Merkel schaute dabei etwas ungläubig.

Der Dissens ist ein Zeichen von Normalität

70 Jahre nach dem Holocaust zeigt die Begebenheit, dass sich die deutsch-israelischen Beziehungen normalisiert haben. Die Kanzlerin betont wie alle ihre Vorgänger das besondere Verhältnis Deutschlands zu Israel und die tief gehenden Verpflichtungen der Deutschen, wenn es um die Sicherheit Israels geht.

Auch Netanjahu erklärte, dass er "keinerlei Zweifel" habe, dass Merkel diese Verpflichtung ernst nehme. Es war auch Merkel, die vor vier Jahren die Idee zu den regelmäßigen deutsch-israelischen Konsultationen hatte, zu denen an diesem Donnerstag neun Bundesminister und sechs israelische Minister zusammentrafen.

"Ich bin niemand, der droht"

Aber Merkel hat sich gerade bei Netanjahu, den sie als schwierigen und nicht immer zuverlässigen Partner ansieht, angewöhnt, die kritischen Punkte offen und öffentlich anzusprechen. Im Kanzleramt werden die Siedlungspläne scharf kritisiert. Bereits zehn Prozent der palästinensischen Fläche seien von israelischen Siedlungsgebieten betroffen. So könne kein Frieden entstehen, lautet die Losung im Kanzleramt. Nur ein Siedlungsstopp könne die Zwei-Staaten-Lösung bringen, soll Merkel Netanjahu immer wieder gesagt haben.

Einmischen will sich Deutschland aber nicht. "Ich bin niemand, der droht", sagte Merkel auf die Frage nach möglichen Konsequenzen. "Das ist eine souveräne Entscheidung Israels." Netanjahu machte deutlich, dass er eine rasche Lösung im Nahost-Konflikt nicht erwartet. Sechs israelische Ministerpräsidenten seien nicht in der Lage gewesen, das "Palästinenser-Problem" zu lösen, bemerkte Netanjahu nüchtern. Es klang fast, als sehe er sich selbst auch nicht dazu in der Lage.

(brö)
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