Bundeskongress der IG BCE Olaf Scholz verspricht noch mehr staatliche Hilfen für Kohleausstieg

Hannover/Berlin · Der mögliche neue Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verspricht beim Bundeskongress der IG BCE in Hannover Tempo bei der Modernisierung der Industrie hin zur Klimaneutralität. Im Gegenzug für einen beschleunigten Kohleausstieg will er eine zusätzliche soziale Absicherung der betroffenen Beschäftigten schaffen.

 SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz (links) und IG BCE-Chef Michael Vassiliadis.

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz (links) und IG BCE-Chef Michael Vassiliadis.

Foto: dpa/Hauke-Christian Dittrich

Der mögliche künftige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den Beschäftigten der Kohle-Standorte weitere Verbesserungen zur Kompensation eines vorgezogenen Kohleausstiegs versprochen. „Wenn wir Veränderungen beschleunigen, dann müssen auch die sozialen Absicherungen verbessert werden“, sagte Scholz am Mittwoch auf dem Bundeskongress der IG BCE in Hannover. Er rief die Gewerkschaft auf, den Weg hin zu einem verstärkten Klimaschutz gemeinsam mit der neuen Regierung zu gehen. Die IG BCE habe in den vergangenen Jahrzehnten viele Umbrüche mitgestaltet. „Diese Kraft der Gewerkschaft ist erneut gefordert. Ich setze ganz auf die IG BCE und die Gewerkschaften in Deutschland.“

Noch haben SPD, Grüne und FDP keine neue Regierung gebildet. Die Koalitionsverhandlungen haben in dieser Woche erst begonnen. Allerdings haben die drei Parteien in ihrem Sondierungspapier bereits niedergelegt, das Enddatum des Kohleausstiegs von 2038 „idealerweise“ um mehrere Jahre vorzuziehen. Die Grünen drängen auf den Ausstieg bis 2030. Auch die Energiekonzernze, insbesondere RWE mit seinen westdeutschen Kohlerevieren, halten einen früheren Ausstieg für machbar. Allerdings dürfte dieser für die Ampel wohl nicht umsonst zu haben sein. Schon der bisherige Kohleausstieg kostet die Steuerzahler insgesamt 40 Milliarden Euro, die bis 2040 in die vier Kohle-Länder fließen sollen.

Scholz kündigte überdies einen schnellen klimafreundlichen Um- und Ausbau der Stromerzeugung an. Seine Regierung werde „im ersten Jahr“ alle nötigen gesetzlichen Änderungen auf den Weg bringen, um eine künftige „Stromlücke“ in Deutschland zu verhindern, sagte er. Scholz verwies dabei auf einen zusätzlichen Energiebedarf der Industrie im Zuge des geplanten Umstiegs auf klimafreundlichere Produktionsweisen.

Allein die chemische Industrie werde nach eigenen Angaben um das Jahr 2050 so viel Strom verbrauchen wie Deutschland heutzutage insgesamt, sagte Scholz. Es gehe deshalb nicht allein um Ersatz für Atom- und Kohlestrom, sondern um die Erzeugung der nötigen „zusätzlichen Energie“. Es bedürfe schneller Entscheidungen über höhere Ausbauziele für erneuerbare Energien sowie den Netzausbau.

In diesem Zusammenhang seien auch die fortgesetzte Nutzung von Gas zur Stromerzeugung und der Bau neuer Gaskraftwerke erforderlich, fügte Scholz an. Der Kanzlerkandidat kündigte zugleich eine Politik an, bei der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer „wieder eine größere Rolle“ spielen. Deren Leistungen und deren Bedeutung für die Gesellschaft müsse mehr gewürdigt werden, sagte Scholz. Dies sei nach seinem Eindruck „in den letzten Jahren und Jahrzehnten ein bisschen verloren gegangen“. Die neue Regierung wolle das ändern.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock warb auf dem Kongress für einen gemeinsamen Aufbruch der drei Ampel-Parteien. Baerbock appellierte an die Ampel-Parteien, „aus alten Ritualen“ herauszufinden und nicht „in seiner eigenen Filterblase“ zu bleiben. Es gehe darum, „alte Gräben nicht nur zuzuschütten, sondern neue Brücken zu bauen“. Auch Baerbock erklärte, dass es für den Übergang nach dem Atom- und dem Kohleausstieg mehr Gas-Kraftwerke brauche. Sie schlug so genannte Klimaverträge des Staates mit Unternehmen vor: Sie sollten über diese Verträge für Fortschritte beim Klimaschutz belohnt werden, sagte Baerbock bei ihrem ersten Auftritt bei einem IG BCE-Kongress.

Auch FDP-Chef Christian Lindner sprach von der „Bereitschaft in das Offene zu treten und etwas Neues zu schaffen“. Als Beispiel für die Kompromissbereitschaft der FDP nannte er die Bereitschaft, den Kohleausstieg vorzuziehen. „Das war kein Anliegen der FDP, aber es gehört zu einer Koalition, dass man sich zu den Kompromissen bekennt.“

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