Debatte um Corona-Maßnahmen Kanzler Scholz kündigt Lockerungen an - NRW-Politiker reagieren zurückhaltender

Düsseldorf · Auch wenn der Scheitelpunkt der Omikron-Welle noch nicht erreicht ist, sprechen sich Politiker für eine Rücknahme von Eingriffen aus, darunter Kanzler Scholz. Gesundheitsminister Lauterbach warnte hingegen vor weitgehenden Lockerungen. Bedenken kommen auch aus NRW.

 Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Foto: dpa/Christophe Gateau

Die Lockerungsdiskussion nimmt Fahrt auf. Die wissenschaftlichen Prognosen zeigten, dass der Höhepunkt der Omikron-Welle in Sicht sei, sagte Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundesrat: „Das erlaubt uns, beim Bund-Länder-Treffen nächste Woche einen ersten Öffnungsschritt und dann weitere für das Frühjahr in den Blick zu nehmen.“ Scholz betonte mit Blick auf mögliche Öffnungen, man werde sich wie bisher von wissenschaftlichen Expertisen leiten lassen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warnte jedoch vor seiner Ansicht nach zu weitgehenden Lockerungen, die die Pandemie nur verlängerten. Man erwarte den Höhepunkt der Omikron-Welle Mitte bis Ende Februar, sagte er. Dies spreche aber nicht gegen maßvolle Schritte, die bei der Bund-Länder-Runde am Mittwoch beschlossen werden sollen.

Ähnlich lautende Stimmen kommen aus NRW. Die Landesvorsitzende der Grünen, Mona Neubaur, sagte: „Momentan fehlt uns schlicht eine zuverlässige Datengrundlage über das aktuelle Infektionsgeschehen.“ Es sei aber vollkommen klar, dass freiheitseinschränkende Schutzmaßnahmen dann zurückgenommen werden müssten, wenn es evidenzbasiert zu vertreten sei. „Das Tragen einer FFP2-Maske sollte in Innenräumen und bei großen Ansammlungen im Freien vorerst der Standard bleiben.“ Mehrere SPD-geführte Länder sprachen sich dafür aus, ab März stufenweise zu lockern. Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz Malu Dreyer (SPD) sagte, sie werde sich bei der Ministerpräsidentenkonferenz dafür einsetzen, „dass wir Regelungen für Großveranstaltungen und Einzelhandel bundesweit angleichen. Vielerorts wurde 2G im Handel ja bereits gestrichen“.

Ihr Parteifreund aus NRW, Thomas Kutschaty, sagte: „Wenn der Gipfel überwunden ist, können und müssen wir in eine neue Phase der Pandemiepolitik eintreten. Und dieser Gipfel ist in Reichweite.“ Zugleich warnte er, auch das Gehen bergab wolle gelernt sein: „Wer da zu schnell läuft, kann auch schnell das Gleichgewicht verlieren und ins Straucheln kommen.“

Für schnelle Lockerungen sprach sich der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga NRW aus. Regionalpräsident Patrick Rothkopf sagte, es sei an der Zeit, Lockerungen konkret ins Auge zu fassen. Er forderte mindestens die Rückkehr zu 3G in der Gastronomie, eine Öffnungsmöglichkeit für Clubs und Diskotheken sowie die Aufhebung der Unterscheidung von touristischen und nicht-touristischen Übernachtungen: „In einem zweiten Schritt setzen wir darauf, dass wieder alle Beschränkungen fallen.“

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst zeigte sich kritisch. „Corona werden wir perspektivisch nur kontrollieren können, wenn weltweit bewährte Schutzmaßnahmen wie Maskenpflicht, Abstandsregeln und Hygienekonzepte weiter möglich sind – solange sie eben leider notwendig sind“, sagte er dem „Spiegel“. Gesundheitsexperten mahnen ebenfalls zur Vorsicht. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, sagte: „Die Öffnungsdebatte muss und soll geführt werden, aber natürlich immer mit Augenmaß. Insbesondere die Normalstationen verzeichnen weiterhin steigende Belegungszahlen bei Covid-19-Patienten.“ Der Scheitelpunkt der Omikron-Welle könnte bereits in wenigen Tagen erreicht sein. Deshalb sei es richtig, wenn die Ministerpräsidentenkonferenz Pläne entwerfe, wann Beschränkungen im Handel, in der Kultur, im Sport und vor allem in der Bildung eintreten könnten. „Solche Pläne müssen sich immer an der Infektionslage orientieren“, sagte Gaß.

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