Vorschlag des Drogenbeauftragten Bier und Wein ab 18 Jahren – gute Idee

Meinung | Düsseldorf · Minderjährige sollen in Deutschland keinen Alkohol mehr kaufen und konsumieren dürfen, findet der neue Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Warum das in der Realität kaum durchsetzbar sein wird – aber trotzdem ein starkes Signal wäre.

 Bier und auch Wein sollen Jugendliche erst ab 18 Jahren kaufen und konsumieren dürfen.

Bier und auch Wein sollen Jugendliche erst ab 18 Jahren kaufen und konsumieren dürfen.

Foto: dpa/David Young

Den ersten Vollrausch vergisst man nie. Auch wenn die Erinnerungen an das Was meist verschwimmen oder gleich ganz gelöscht sind, das Wann und Wo bleibt doch bei den meisten für alle Zeiten im Gedächtnis. Auch das Wie weiß man noch genau – wie schlecht es einem tags darauf damals ging. Was als Anekdote im Erwachsenenleben oft für Lacher sorgt, hat für so manche Laufbahn von Jugendlichen immer noch ernste Folgen.

Alkohol gilt als Einstiegsdroge, Alkohol sorgt für Enthemmung, Alkoholkonsum ist nicht immer Auslöser, aber oft Begleiterscheinung von Unfällen, Gewalttaten und sexuellen Übergriffen. Und jedes Gramm Alkohol schadet der Gesundheit, es ist ein Zellgift – medizinisch gesehen ändert da auch die Dosis nichts. All das gilt natürlich für Menschen jeden Alters, für Heranwachsende aber hat es doch eine besondere Bedeutung. Deshalb ist der Vorschlag des neuen Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Burkhard Blienert, die Altersgrenze auch für den Verkauf und Genuss von Bier und Wein auf 18 Jahren anzuheben, ein guter Vorstoß – wenn auch in der Praxis schwer durchsetzbar.

Das Durchschnittsalter beim ersten Alkoholrausch ist in den letzten 15 Jahren gestiegen (auf 16,3 Jahre) und auch das Phänomen „Komasaufen“ ist bis vor der Pandemie weniger geworden. Trotzdem mussten im Jahr 2019 rund 14.500 Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 18 Jahren wegen akuten Alkoholmissbrauchs stationär in einem Krankenhaus behandelt werden. Ohnehin liegt der Alkoholkonsum in Deutschland im internationalen Vergleich auf hohem Niveau. Was nicht nur auf kulturell fest verankerte Gepflogenheiten und eine ausgeprägte Winzer- und Brauereilandschaft zurückzuführen ist – sondern auch auf eine Drogenpolitik, die in Europa zu den laxesten gehört. Die Alkoholsteuer ist niedrig und anders als in Italien, Spanien und Frankreich müssen deutsche Jugendliche nicht bis zur Volljährigkeit warten, um Bier, Wein oder Sekt zu bekommen. Noch dazu können sie das in der Büdchenrepublik Deutschland an jeder Straßenecke tun.

Eine Gesetzesänderung wird im Zweifel nicht verhindern, dass 15-Jährige nach wie vor auf anderen Wegen an Bier und auch Schnaps kommen. Als Signal täte es trotzdem gut. Zum einen, weil Studien belegen, dass das jugendliche Gehirn wesentlich empfindlicher auf Alkohol reagiert als das erwachsene, was zu dauerhaften kognitiven Änderungen führen kann. Und zum anderen, weil nicht nur der Körper, sondern auch der Verstand eines 18-Jährigen dem Thema Alkohol möglicherweise ausgereifter begegnet.

Trotzdem kann es das Gegenteil bewirken, Problemen mit Verboten zu begegnen. Liegt bei Heranwachsenden doch gerade der Reiz darin, Grenzen zu überschreiten und Tabus zu brechen. Deshalb muss der Umgang mit Alkohol (und anderen Drogen) nicht nur in Gesetzestexten, sondern vor allem im Lehrplan eine größere Rolle spielen. Aufklären, Erklären und auch das Experimentieren ist eine Erziehungsaufgabe, die nicht jedes Elternhaus leisten kann oder will. Schulen könnten die Lücke schließen.

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