Boote im Ärmelkanal Großbritannien will Migranten das Recht auf Asylantrag verweigern

London · London will mit einem neuen Gesetz alle Migranten, die illegal über den Ärmelkanal kommen, festnehmen und ohne Prüfung abschieben. Innenministerin Braverman räumt ein, dass dies gegen Menschenrechte verstoßen mag.

 Nach einem Zwischenfall mit einem kleinen Boot im Ärmelkanal am 6. März 2023 werden Menschen an Bord eines Schiffes des britischen Grenzpolizei gebracht.

Nach einem Zwischenfall mit einem kleinen Boot im Ärmelkanal am 6. März 2023 werden Menschen an Bord eines Schiffes des britischen Grenzpolizei gebracht.

Foto: dpa/Gareth Fuller

Radikale Pläne der britischen Regierung zur Abweisung von Schutzsuchenden sorgen für Entsetzen bei Menschenrechtlern und Flüchtlingsorganisationen. Die britische Regierung will nach eigenen Angaben die „Grenzen des internationalen Rechts“ verschieben und alle Migranten abschieben, die illegal über den Ärmelkanal einreisen. Niemand, der mit unerlaubten Mitteln nach Großbritannien komme, soll nach einem am Dienstag im Unterhaus eingebrachten Gesetzentwurf einen Asylantrag stellen dürfen.

Innenministerin Suella Braverman sagte bei der Vorstellung des Gesetzes, ihr sei klar, dass die „Illegal Migration Bill“ angefochten werden dürfte und das „robuste und neuartige Gesetz“ möglicherweise gegen Menschenrechte verstoße. „Angesichts der heutigen globalen Migrationskrise erfüllen die Gesetze von gestern einfach nicht mehr ihren Zweck“, erklärte sie zu dessen Verteidigung.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass alle, die illegal nach Großbritannien einreisen, festgenommen und in ihr „Heimatland oder ein sicheres Drittland“ deportiert werden. Wer per Boot eintrifft, soll 28 Tage festgesetzt und dann abgeschoben werden. Ausnahmen gibt es nur für Kinder und Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht fliegen dürfen. Einspruchsmöglichkeiten sind begrenzt.

„Wer Großbritannien illegal betritt, wird festgenommen und schnell entfernt“, sagte Braverman. Illegal eingereiste Migranten sollten sich nach der neuen Bestimmung auch nicht auf die britischen Gesetze zu moderner Sklaverei berufen können, um eine Abschiebung zu vermeiden.

Enver Solomon vom Flüchtlingsrat warf der Regierung vor, sie verhalte sich wie Länder, die sich nicht im internationale Menschenrechtskonventionen scherten, wie Myanmar, Russland und Belarus.

Nach Überzeugung der konservativen Regierung wird das Gesetz, ist es einmal verabschiedet, Migranten abschrecken und Menschenschmugglerbanden das Handwerk legen. Premierminister Rishi Sunak sagte in Anspielung auf einen Slogan der Brexit-Kampagne, das neue Gesetz werde Großbritannien die Kontrolle über seine Grenzen zurückgeben. Beim Besuch eines Kontrollzentrums in Dover erklärte er hinter einem Pult mit der Aufschrift „Stoppt die Boote“, die gegenwärtige Situation sei weder moralisch noch tragbar.

Steve Valdez-Symonds von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International sagte zu dem Vorhaben: „In diesem Plan ist nichts fair, human oder auch nur praktikabel, und es ist offen gesagt ernüchternd zu sehen, wie Minister den Schutz durch Menschenrechte für Gruppen von Menschen zu entfernen versuchen, die sie zu Sündenböcken ihrer eigenen Fehler machen.“

Großbritannien nimmt deutlich weniger Migranten und Flüchtlinge auf als europäische Länder wie Deutschland, Frankreich und Italien. 2022 waren es mehr als 45.000, deutlich mehr als 2021 mit 28.000 und 2020 mit etwa 8500. Jedes Jahr versuchen Tausende von Nordfrankreich über den Ärmelkanal zu kommen, weil sie in Großbritannien Familienangehörige haben, in der Hoffnung auf einen Job und wegen der englischen Sprache.

(peng/dpa)
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