Klimakonferenz COP26 Merkel fordert globalen CO2-Preis im Kampf gegen Erderwärmung

Glasgow · Angela Merkel hat für einen weltweiten Preis auf den Klimagas-Ausstoß als zentrales Instrument für den Wandel von Industrie und Gesellschaft geworben. Die Bundeskanzlerin ist sich sicher: "Wir werden mit staatlichen Aktivitäten allein nicht vorankommen.“

 Angela Merkel bei der Klimakonferenz COP26.

Angela Merkel bei der Klimakonferenz COP26.

Foto: AP/Phil Noble

Das sagte sie am Montag zum Auftakt der Weltklimakonferenz in Glasgow. Es gehe um eine umfassende Transformation des Lebens und Wirtschaftens. "Deshalb will ich hier ein klares Plädoyer einlegen für die Bepreisung von Kohlenstoff-Emissionen." Diesen gebe es bereits innerhalb der EU und beispielsweise auch in China. Mit einem solchen Preis könne man die Industrie dazu bringen, die technologisch besten Wege zur Klimaneutralität zu finden. Dies gelte etwa auch für den CO2-Ausstoß im Verkehrsektor. "In der Dekade des Handelns, in der wir jetzt leben, national ambitionierter zu sein, aber global Instrumente zu finden, die nicht nur Steuergelder einsetzen, sondern die wirtschaftlich vernünftig sind", erläuterte sie. "Und das ist für mich die CO2-Bepreisung."

Deutschland hat neben dem EU-Emissionshandel für Kraftwerke und Industrie auch einen allgemeinen Preis-Aufschlag etwa für Sprit, Gas und Heizöl eingeführt. Mit den Einnahmen sollen der Wandel gefördert und soziale Härten abgefedert werden. Als Industrie- und Exportland hat Deutschland großes Interesse, dass solche Preise auch in anderen Staaten eingeführt werden. Nur so sei ein fairer Wettbewerb möglich. Die EU plant andernfalls bereits mit einer Steuer auf Importe aus Ländern mit lascheren CO2-Vorgaben.

Die USA werden nach den Worten von Präsident Joe Biden ihre Klimaziele erreichen. Dies bedeute, dass die Emissionen bis 2030 um mehr als eine Gigatonne oder 50 bis 52 Prozent reduziert würden, sagt Biden in Glasgow. Es sei ein moralisches und ökonomisches Imperativ, den Klimawandel anzugehen. Die USA seien nicht nur zurück am Tisch, sie würden auch eine Führungsrolle mit "leading by example" einnehmen. Seine Regierung werde handeln und es nicht nur bei Worten belassen.

Italiens Ministerpräsident Mario Draghi hat einen besseren Einsatz der Gelder im Kampf gegen den Klimawandel gefordert. Es stünden Dutzende Billionen Dollar zur Verfügung, aber nun müsse man einen intelligenten Weg finden, dieses Geld schnell auszugeben, sagte Draghi beim UN-Klimagipfel COP26 am Montag in Glasgow. Die gute Nachricht seines Vorredners, Großbritanniens Premierminister Boris Johnson, sei gewesen, dass Geld kein Problem sei.

Die von den Staaten weltweit versprochenen Anstrengungen beim Klimaschutz reichen auch nach Worten von UN-Generalsekretär Antonio Guterres hinten und vorne nicht aus, um eine Katastrophe abzuwenden. Er rief die Regierungsvertreter auf der Weltklimakonferenz am Montag in Glasgow auf, mehr zu tun. „Wir schaufeln uns unser eigenes Grab“, warnte Guterres bei der feierlichen Auftaktveranstaltung mit Dutzenden Staats- und Regierungschefs. Regierungen müssten Subventionen für fossile Brennstoffe beenden, aus der Kohle aussteigen und einen Preis für sämtliche Emissionen festlegen, verlangte er.

„Es ist an der Zeit, zu sagen: Genug“, sagte Guterres. „Genug brutale Angriffe auf die Artenvielfalt. Genug Selbstzerstörung durch Kohlenstoff. Genug davon, dass die Natur wie eine Toilette behandelt wird. Genug Brände, Bohrungen und Bergbau in immer tiefere Lagen.“

Guterres äußerte Zweifel an den Klimaschutzversprechen mancher Staaten. Selbst, wenn alle tatsächlich eingehalten würden, steige die Erwärmung zur Jahrhundertwende auf 2,7 Grad über vorindustriellem Niveau. „Wir steuern immer noch auf eine Klimakatastrophe zu“, sagte er.

Die Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) habe eine besondere Verantwortung, weil sie für 80 Prozent der schädlichen Treibhausgase verantwortlich sei. Die G20 hatten sich gerade in Rom darauf geeinigt, daran zu arbeiten, die Erwärmung möglichst bei 1,5 Grad zu begrenzen. Wie sie das erreichen wollen, blieb aber vage.

Guterres rief die reichen Länder auf, ihr Versprechen von 2009, ärmeren Ländern jedes Jahr 100 Milliarden Dollar für die Anpassung an den Klimawandel zur Verfügung zu stellen, endlich umzusetzen. „Ich begrüße die Anstrengungen, angeführt von Kanada und Deutschland, die uns helfen sollen, das zu schaffen“, sagte er.

Auf Einladung der Vereinten Nationen beraten in Glasgow Regierungsvertreter aus rund 200 Staaten zwei Wochen lang, wie die Menschheit die beschleunigte Erderhitzung noch auf ein erträgliches Maß eindämmen kann. Mehr als 28 000 Delegierte, Beobachter und Journalisten wurden erwartet. Ein Dämpfer kam am Sonntag vom G20-Gipfel aus Rom: Die großen Wirtschaftsmächte scheiterten daran, ein starkes Signal für mehr Klimaschutz nach Glasgow zu senden.

(felt/Reuters)
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